Daß Narrenschyff ad Narragoniam (Sebastian Brant) (Allgemein)

Radioburst, Donnerstag, 12.12.2013, 17:33 (vor 4000 Tagen) @ Peter

von 1494 gehört zu den bekanntesten Werken der deutschen Literatur.
Im Kapitel drei befasst sich diese Moralsatire mit der Dummheit der Räte. Es ist noch immer aktuell.
Weil es gar so passt, kopiere ich das mal ins Forum.

„Wer sich auf Macht im Rate stützt
Und dem Wind folgt, der grade nützt,
Der stößt die Sau zum Kessel itzt.“

Und weiter fährt Brant im Spott:

Viel sind, die trachten früh und spat,
Wie sie bald kommen in den Rat,
Die doch vom Rechte nichts verstehn
Und blindlings an den Wänden gehn.
Den guten Chusi [Fußnote] man begrub,
Zum Rat man Achitophel hub.
Wer richten soll und raten schlecht, Der rat und stimm allein nach Recht,
Auf daß er nicht ein Zaunpfahl bleibe,
Der nur die Sau zum Kessel treibe.
Fürwahr, sag ich, es hat nicht Fug:
Es ist mit Raten nicht genug,
Womit verkürzet wird das Rechte;
Das Bessere billig man bedächte
Und forschte nach, was man nicht weiß.
Denn wird verdreht des Rechts Geleis,
So stehst du wehrlos da vor Gott,
Und glaube mir, das ist kein Spott!
Wenn jeder wüßt, was folgt darnach,
War er im Urteil nicht so jach;
Denn mit dem Maß wird jedermann
Gemessen, wie er hat getan.
Wie du mich richtest und ich dich,
So wird Gott richten dich und mich.
Ein jeder wart' in seinem Grab
Des Urteils, das er selbst einst gab,
Und wer damit das Recht verletzt,
Dem ist auch schon die Frist gesetzt,
Wo er ein kräftig Urteil find't:
Es fällt der Stein ihm auf den Grind!
Wer hier nicht hält Gerechtigkeit,
Dem droht sie dort mit Härtigkeit:
Denn weder Weisheit, Einsicht, Rat,
Noch Macht vor Gott Bestehen hat.
[image]


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