Narayanan-Studie: Kritik aus Sicht einer alten Versuchsratte (Allgemein)

Gast, Montag, 01.02.2010, 22:45 (vor 5432 Tagen) @ charles

Narayanan-Studie

Kritische Anmerkungen zur Narayanan-Studie aus Sicht einer alten Versuchsratte.

Generelle Kritik
- Keine Verblindung.
- Keine Scheinexposition, nur exponiert und Käfigkontrolle.

Dosimetrie
Eigentlich hat es gar keine Dosimetrie gegeben. Ein Mobiltelefon (Marke unbekannt, Frequenz 900/1800 MHz) liegt im Rattenkäfig, regelt innerhalb 1 Sunde 50-mal hoch und exponiert die Ratten irgendwo zwischen 0 und max. 2 W/kg (Ganzkörper). Dies entspricht nicht dem heutigen Stand der Wissenschaft und Technik, eine gut definierte Expositionsanlage und die Angabe von SAR-Werten wären erforderlich. Die Exposition fand 4 Wochen lang für 1 Stunde täglich statt, das Handy befand sich dabei im Vibrationsmodus. Ein Handy im Vibrationsmodus vibriert und gibt je nach Modell leise niederfrequente Geräusche ab. Für Ratten ist beides leicht wahrnehmbar, auch wenn wie hier das Handy in einer Holzschachtel liegt. Das kann zu Stress und Angstzuständen führen, die sich natürlich im Verhalten, und möglicherweise auch in der Hirnmorphologie äußern können (in dem beobachteten Maß aber unwahrscheinlich).

Statistik
Insgesamt 12 Tiere - 6 für Verhaltenstests und 6 für Gehirnanatomie – warum wurden nicht alle 12 zuerst im Verhalten untersucht und dann alle 12 Hirne angeschaut? Die Statistik hätte es verbessert. Die Hirnschnitte wären dann 2 Tage später entstanden – wären die gravieren Schäden im Hippocampus echt, hätte dies keinen Unterschied gemacht. So etwas kann nicht in 2 Tagen repariert werden.

Verhalten
Passive avoidance test: Ein Test, in dem ein Tier lernt, ein Verhalten zu unterlassen (passiv bleiben, nichts tun), um dadurch einer Strafe zu entgehen. Im konkreten Fall wurden die Ratten am 1. Tag nach Ende der Exposition 3-mal im Abstand von 5 min in einen hellen Käfig gesetzt in dem sich ein dunkler Unterschlupf befand, und zwar immer mit dem Rücken zum dunklen Raum. Beim ersten Mal brauchten die Ratten ca. 30 s, um sich im Dunkeln zu verstecken (kein Unterschied zwischen Exponierten und Kontrollen). In den zwei darauffolgenden Tests brauchten die Tiere nur noch ca. 2 bis 5 s, wobei die Exponierten um ca. 2 s langsamer waren. Dies ist schwach signifikant (p < 0.05). Aber: Ein schwach signifikanter Unterschied von 2 s bei einer Anzahl von N=6 ist nicht weiter aufregend. Ersetzt man aber „heller Raum“ mit „Katze“ und „dunkler Unterschlupf“ mit „sicherer Rattenbau“, dann kann der Unterschied aus Sicht einer Ratte schon mal fürs Überleben wichtig sein.

Nach dem dritten Test wurden die Ratten im dunklen Raum eingeschlossen und bekamen drei saftige Stromschläge: 50 Hz, 1,5 mA, 1 s. Für Menschen gilt ein Grenzwert von 0,5 mA für Kontaktströme, der Median der Wahrnehmungsschwelle liegt bei 0,36 mA, die Schmerzgrenze bei 1,8 mA (ICNIRP 2003). Die Sinne einer Ratte sind wesentlich empfindlicher als die des Menschen – sonst wären die Katzen erfolgreicher. Ich gehe davon aus, dass die drei Stromschläge ordentlich weh getan haben, und möchte deshalb nicht Versuchsratte in dieser Arbeitsgruppe sein. Bin mir auch nicht sicher, ob diese rüde Behandlung den europäischen Tierschutzgesetzen entspricht. Die Experimente wurden in Indien durchgeführt. Ziel der Tortur war es, den Tieren beizubringen nicht in den dunklen Raum zu laufen (passives Vermeiden).

Weitere Tests wurden nach 24 und 48 Stunden durchgeführt. Ergebnis: Die nicht exponierten Raten betraten den dunklen Raum erst nach 25 bis 30 s (haben also gelernt, dass es darin unangenehm ist), die exponierten verschwanden bereits nach 5 s drin (haben also nichts gelernt). Dies ist ein signifikanter und gravierender Unterschied. Ob die Ursache dafür allerdings an den elektromagnetischen Feldern liegt - oder am Stress durch Geräusche/Vibrationen - das bleibt offen.

Gehirnanatomie
Es wurde der Hippocampus untersucht. Das ist der Teil des Gehirns, der für Gedächtnis und räumliche Orientierung benötigt wird. Es werden zwei repräsentative Bilder gezeigt, nämlich eine gesunde Kontrolle und ein Expositionsbeispiel mir erheblichen Gewebeschäden. Bei derartigen Untersuchungen ist die Fixierung des Gewebes extrem wichtig. Standard ist das Tier sofort nach der Tötung mit Fixierungsmitteln zu perfundieren (durchströmen). Hier aber wurden nach der Tötung Gehirne entnommen und in Formaldehyd fixiert. Diese Methode ist veraltet und kann die gezeigten Schäden verursacht haben. Zwei subjektiv ausgewählte repräsentative Beispiele zu präsentieren ist ebenfalls nicht vertretbar. Korrekt wäre in einer bestimmten Anzahl von Hirnschnitten die Anzahl der geschädigten Nervenzellen auszuzählen und statistisch auszuwerten.

Fazit
Eine Studie dieser Qualität hätte nie das Begutachtungsverfahren passieren dürfen.

Dr. Ratto

Tags:
Tiere, Dosimetrie, Narayanan-Studie, Verhalten, Ratten, Tierschutz


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