16 Triggerwort identifiziert Hensinger als Autodidakten (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 15.08.2021, 18:14 (vor 1214 Tagen) @ H. Lamarr

Am 19. Juli 2019 hielt Peter Hensinger auf Einladung ortsansässiger Bürgerinitiativen in Freiburg einen Vortrag über "Die biologischen Wirkungen der Mobilfunkstrahlung". Das hat etwas Faszinierendes an sich: Zwei Bürgerinitiativen laden einen gelernten Drucker ein, damit dieser ihnen etwas erzählt, wovon er nichts versteht. Ein derart unprofessionelles Unterfangen kann nur "funktionieren", verstehen die Zuhörer von der vorgetragenen Sache noch weniger als der Referent. Dies ist bei Vorträgen für Laien in aller Regel der Fall. Üblicherweise werden solche Veranstaltungen aus gutem Grund nicht aufgezeichnet, was Zuhörer aushalten müssen bleibt so unentdeckt. Anders isses, übersteigt der Geltungsdrang eines Referenten seine Selbstzweifel an seinen überragenden Fähigkeiten. Dann kommen auch Zaungäste über YouTube in den Genuss grenzwertiger Darbietungen.

Referiert ein Drucker 1½ Stunden über medizinisch-biologische Sachverhalte, kann das nicht gut gehen. Eine kurze Schlüsselszene findet schon ab Minute 8:05 statt, als Hensinger seine Zuhörer wissen lässt:

[...] Im Mobilfunk und auch beim Radio sind wir bei nicht-ionisierender Strahlung. Diese Strahlung hat nicht die Energie, sofort Zellen zu schädigen, unter fünf Elektrovolt, und trotzdem ist sie schädlich, weil sie Zellprozesse verändert [...]



Hensinger vestümmelt an dieser Stelle den naturwissenschaftlichen Fachbegriff Elektronenvolt zu Elektrovolt. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, denn ein Drucker muss sich nicht mit Energiebetrachtungen aus der Teilchenphysik auskennen. Doch Hensinger will imponieren und den Eindruck von einem Referenten vermitteln, der sich in der Mobilfunkdebatte von A bis Z auskennt. Das Triggerwort Elektrovolt, und das ist das Schöne daran, belegt ohne umständliche Herleitung, dass es dem Mund eines Blenders entsprungen ist.

Weil falsch gebraucht, wird aus dem prestigeträchtigen Fachbegriff eine nette kleine Lachnummer, denn Hensinger ist Autodidakt, er hat sich seine Kenntnisse über das "Risiko Mobilfunk" im Selbststudium angelesen. Das kann in Einzelfällen zu herausragenden Leistungen führen. Hensinger aber glaubt anscheinend, er könne mit Googles Hilfe ein reguläres Hochschulstudium ersetzen. Ich sehe darin eine kapitale Fehleinschätzung, denn Hensinger kann sich seinen Lehrstoff nach Gutdünken selbst zusammenstellen, er muss sich keiner Prüfung seiner Kompetenzen unterziehen und weil ihm die Auseinandersetzungen mit Professoren und Kommilitonen fehlen, bleiben bei ihm Fehler im Kompetenzerwerb unberichtigt. Aus Elektronenvolt wird so irrtümlich Elektrovolt – und niemand war da, der Hensinger auf seinen Irrtum vorsorglich aufmerksam machen konnte.

Für sich allein genommen ist der Fehler nicht weiter tragisch. Er zeigt jedoch, wie schnell allzu selbstgewisse Autodidakten an ihre Grenzen kommen. Das simple Triggerwort ist lediglich ein Indikator für Laien, dass in Hensingers Darbietungen der Wurm drin ist. Wer in der Mobilfunkdebatte kein Laie ist, braucht das Triggerwort nicht, er erkennt in den Darbietungen auf Anhieb viele andere Irrtümer, Verdrehungen und Falschinformationen des Stuttgarters.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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