Kurz vor Stilllegung: 15-Mio.-Finanzspritze für den Sender (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 02.12.2012, 17:36 (vor 4393 Tagen) @ H. Lamarr

Die streng sachliche Entgegnung von Herrn Jakob zu den Zweifeln an seiner Darstellung der Gründe für den Abbruch des Senders Schwarzenburg lässt sich <hier> nachlesen.

Herr Jakob behauptet dort:

"Dabei übersieht der Exhuminator geflissentlich, dass unmittelbar vor dem Abbruch noch ein neues 15-Millionen-Projekt zur 5-Fachen Verstärkung des Senders publiziert worden war."

Da Herr Jakob bekanntlich viel behauptet, wenn der Tag lang ist, traue ich ihm keinen Zentimeter über den Weg. Und so spuckt das Web auch diesmal eine Information aus, die Jakobs Behauptung widerspricht, die Finanzspritze sei "unmittelbar vor dem Abbruch geplant" gewesen. Der Gigaherz-Präsident versucht damit den Eindruck zu erwecken, der Betreiber des Senders habe bis zuletzt versucht, den Standort zu erhalten, sei dann aber vor vollendete Tatsachen (Gesundheitsschäden der Anwohner) gestellt worden.

Auf der Website Biwidus (ruhendes Projekt eines regionalen Jugendmagazins von Zürich) ist am 2. September 1997 zu lesen:

Bundesrat Moritz Leuenberger hat die Telecom PTT beauftragt zu prüfen, ob die Kurzwellen-Sendeanlage in Schwarzenburg aus "wirtschaftlichen Gründen" durch Relais-Stationen ersetzt werden soll. Die Abklärungen erfolgen bis Ende September 1997 in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Kommunikation (Bakom) und der SRG. Der Vorsteher des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes hat den Bundesrat über den Auftrag informiert.

Schweizer Radio International (SRI), das Auslandprogramm der SRG, wird von der Telecom PTT im Auftrag des Bundes über Kurzwelle international verbreitet. Der Kurzwellen-Sender Schwarzenburg wird ausschliesslich zu diesem Zweck betrieben. Er versorgt Zielgebiete auf allen Kontinenten.

In ihrem heutigen Zustand (Antennen aus den 50er Jahren) ist die Anlage jedoch veraltet und kann in wirtschaftlicher Hinsicht nicht mehr effizient betrieben werden. Das EVED [Anm. Spatenpauli: Eidg. Verkehrs- und
Energiewirtschaftsdepartements] hatte deshalb am 7. November 1994 den Auftrag zur Sanierung der Sendeanlage erteilt, worauf die Telecom PTT ein Projekt mit zwei neuen, drehbaren Antennen ausgearbeitet und im März 1997 ein entsprechendes Baugesuch eingereicht hatte.

Aufgrund der zahlreichen Einsprachen gegen dieses Baugesuch zeichnen sich langwierige Rechtsverfahren ab, welche zu massiven Verzögerungen und erhöhten Kosten führen. Die Verbreitung des SRI-Programmes über ausländische Kurzwellen-Anlagen wird ebenfalls abgeklärt.

Die Sendung "Menschen-Technik-Wissenschaft" auf SF 1 berichtete aber letzte Woche, dass Forschern der Universität Bern nun neue Studien vorliegen, nach denen, die von den Antennen in hoher Stärke abgestrahlten, Elektromagnetischen Strahlen nun doch Gesundheitsschädigend seien. Seit einigen Jahren klagen viele Anwohner der Antennenanlage vermehrt über Schlafstörungen und weitere Beschwerden. Vielleicht ist ja dies auch ein "wirtschaftlicher Grund".

Die Chronologie des Modernisierungsvorhabens stellt sich damit so dar:

November 1994: Auftrag zur Sanierung durch EVED
März 1997: Baugesuch der Schweizer Telecom
März 1998: Am 28. März letzte Sendung aus Schwarzenburg

Mit "unmittelbar vor dem Abbruch" hat dies nichts zu tun. Befremdlich bleibt allerdings schon, dass nur 1 Jahr nach Baugesuch der Sendebetrieb eingestellt wurde. Warum diese abrupte Kehrtwende? Hat Jakob vielleicht doch recht? Dazu habe ich eine Anfrage an Swissinfo/SRI verschickt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Schwarzenburg, Kurzwelle


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