Antennen: Sendeleistung und Strahlungsleistung (Technik)

Kuddel, Donnerstag, 11.08.2011, 23:13 (vor 4864 Tagen) @ cassandra
bearbeitet von Kuddel, Freitag, 12.08.2011, 01:22

Denn selbstverständlich bekommt jemand, der sich in Hauptstrahlrichtung befindet, die volle EIRP ab.

:surprised:

Das würde ja bedeuten, bei einer EIRP von z.B. 500W würde ein "Jemand" die vollen (=>unabhängig vom Abstand) 500Watt abbekommen ???

1.) Der "Jemand" im Hauptstrahl kann niemals mehr als die in die Antenne eingspeiste Leistung "abbekommen", selbst wenn die Antenne wie ein Laserstrahl bündeln würde, was praktisch nicht möglich ist.

2.) Selbst wenn der Jemand die Antenne verschlucken würde, wäre die Imission in den Körper maximal gleich der eingespeisten Leistung und nicht der fiktiven "EIRP" Leistung.

3.) Die Strahlungsleistung EIRP sieht wie eine physikalische Größe aus, sie ist aber keine. Sie hat lediglich die Dimension der physikalischen Größe "Leistung" geerbt, als sie mit einer dimensionslosen Größe "G" multipliziert wurde.
Wobei G ein Verhältnis von Leistungsflußdichten hervorgerufen von der betrachteten Antenne in der Hauptstrahlrichtung zu einer mit gleicher Leistung gepeisten Bezugsantenne darstellt, die nicht einmal realisierbar (=fiktiv) ist und so verschwenderisch Richtung Himmel und Boden abstrahlt, daß niemand sie freiwillig einsetzen würde.

4.) Der "Jemand" im Hauptstrahl bekommt sogar immer deutlich weniger als die eingespeiste Leistung ab, da der Haupt"strahl" in Wirklichkeit gar kein "Strahl" ist (wie der Begriff fälschlicherweise suggeriert), sondern aufgrund des endlichen Gewinns divergiert und zwar ausgehend von einer strahlenden Fläche und nicht ausgehend von einem Punkt, wie beim Isotropstrahler fiktiv vereinfachend angenommen wird.

5.) Die Formel zur Berechnung der Leistungsflußdichte auf Basis der EIRP über den Umweg der Kugeloberfläche ist lediglich eine Näherung ,die nahe der Antenne zu falschen (viel zu hohen) Ergebnissen führt.

...Die EIRP ist keineswegs nur eine "fiktive Rechengröße", sondern in der Hauptstrahlrichtung tatsächlich vorhanden. (Nicht umsonst errechnet die BNetzA auch den Sicherheitsabstand nach EIRP und nicht nach Speiseleistung.)

Einen punktförmigen Isotropstrahler als Antenne gibt es gar nicht, er ist nicht realisierbar = fiktiv. Wie kann eine von ihm ausgehende Leistung in Hauptstrahlrichtung "tatsächlich vorhanden" sein, wo doch die "auf Kugel" hochgerechente Leistung, auf welcher der EIRP beruht, in ganz andere Richtungen abgestrahlt wird ?

Die Strahlungsleistung EIRP hat lediglich die Dimension einer physikalischen Größe und kann daher mit einer solchen verwechselt werden kann, sie ist aber keine physikalische Größe. Man braucht ja nur den Bezugsstrahler zu ändern und erhält einen völlig anderen Wert für die äquivalente Strahlungsleistung.
Der Bezugsstrahler kann ein (fiktiver) Isotropstrahler sein, ein (realer) Dipol oder prinzipiell auch ein anderes Gewinn-Normal.

Die BNetzA wählt den Isotropstrahler als Bezugsstrahler, weil er die einfachste Berechnung der Strahlungsleistungsdichte (per Kugeloberfläche) ermöglicht.

Real ist nur die...
- mittels der fiktiven Kugelstrahlerleistung (EIRP)
- in einem Abstand d
- über die Formel für eine Kugeloberfläche (EIRP)/(4*Pi*d²)
- in die Richtung des höchsten Antennengewinns
- bei freier Sicht ohne dazwischenliegende Hindernisse
...berechnete Strahlungsleistungsdichte.

=> Ohne Kenntnis des Abstands d und der "Empfangsfläche" kann man überhaupt nicht sagen, mit welcher Leistung jemand im "Hauptstrahl" "bestrahlt" wird.

Würde man die Richtantenne mit einer Speiseleistung von 50 W gegen eine isotrope Antenne tauschen, und die dafür mit 500 W speisen (wir nehmen mal 10 dB Gewinn an), dann würde sich an den Immissionen in der ehemaligen Hauptstrahlrichtung überhaupt nichts ändern.

Das bestreite ich ja nicht.
Ich bestreite nur, daß man in der Hauptkeule einer Antenne welche mit 1000 W EIRP "strahlt", "mit 1000W Leistung bestrahlt" wird, wie es Laien, die überhaupt keine Vorstellung haben, was "EIRP" ist, suggeriert wird.

Ich widerspreche solchen Aussagen wie: "Unten gehen 50Watt hinein und oben kommen durch Bündelung 1000 Watt Leistung heraus", die in einem "Hauptstrahl" auf jemanden einwirken.

Die Energieerhaltung ist dabei auch keineswegs verletzt, denn das Raumintegral über die infinitesimalen Sendeleistungen je Raumwinkelelement, d.h. sozusagen der Mittelwert über alle Raumrichtungen, ist weiterhin 50 W. Der Fehler passiert erst dann, wenn man denkt, die EIRP in alle Richtungen annehmen zu wollen.

Ist mir klar.

Auch die fiktive Antenne mit dem unendlich hohen Gewinn verletzt keineswegs die Energieerhaltung. Denn bei einem unendlich hohen Antennengewinn muss zwangsläufig die Hauptstrahlrichtung (ähnlich eines Lasers) auf eine hauchdünne Linie schrumpfen.

Ja und nein. Denn hier hat das fiktive, vereinfachende Modell bei weitem seine Grenze überschritten, an der es Gültigkeit hat.
Mit steigendem Gewinn steigt die Antennenfläche, daher kann niemals ein hauchdünner, laserartiger "Strahl" entstehen.

Im Gegenteil, ab einem bestimmten Antennengewinn sinkt die resultierende Strahlungsleistungsdichte in einem Abstand "d" wieder ab (wenn die Fernfeldbedingung nicht mehr erfüllt ist).

Schauen Sie aus 1 Meter Entfernung mal auf eine 10 Watt Leuchtstoffröhre und anschließend eine annähernd punktförmige 5Watt LED (*).
Ersteres ist durchaus länger zu ertragen, letzeres könnte zu ernsthaften Sehschäden führen, obwohl beide in einem Abstand d die gleiche Leuchtdichte hervorrufen, bzw die gleiche äquivalent isotrope Strahlungsleistung in Richtung des Betrachters abgeben.

(*mit angenommen gleichem Wirkungsgrad und halbkugelförmiger Abstrahlung)

Tags:
Dipol, Leistungsflußdichte


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