Eine "offene Fälschung" des Herrn Hensinger (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 30.03.2011, 23:13 (vor 4964 Tagen) @ KlaKla

Bemerkenswert finde ich, das Peter Hensinger seinen Vortrag
"Von subtiler Fälschung zur Wissenschaftskriminalität" zum lesen frei gibt.

Ja, in der Tat bemerkenswert - und unvorsichtig ;-).

Ich habe mir erlaubt, die Passage "Offene Fälschungen" (Salford-Studie) genauer anzusehen und stellte fest: Der Mann bejammert Fälschungen und fälscht dabei selber auf exakt die gleiche Weise. Viel gäbe es zu den 16 Seiten zu sagen aber wozu sich wegen der ollen Kamelle noch Mühe machen? Nur damit meine Behauptung nicht ganz ohne Beleg ist, hier ein kleiner Auszug aus dem Hensinger-Papier:

Die Forschungsgemeinschaft Funk e.V. (FGF) reagierte in ihrer Infoline auf diese Studie am 06.02.2003 und schreibt: "Die Autoren gestanden allerdings ein, ... dass das Ergebnis keinen Anhalt für ein Risiko am Menschen bedeutet." Diese Aussage findet sich nirgendwo in der Studie. Das pure Gegenteil sagte Salford: "Diese Befunde sind gut auf den Menschen übertragbar. Sie haben die gleiche Blut-Hirn-Schranke und die gleichen Neuronen.“ (s.o.)

Hensingers Behauptung zur Infoline trifft noch zu, die beanstandete Passage steht tatsächlich dort. Einen Link zur fraglichen Infoline lässt er aber weg, obwohl er sich sonst gerne in Fußnoten übt. Also bitte, hier ist der Link. Und was sehen wir dort: Der Text der Infoline zur Salfordstudie nennt drei Quellen, zwei davon sind heute noch intakt, eine ist versiegt. Niemand kann also mit Sicherheit sagen, die fragliche Passage sei nicht der trockenen Quelle entsprungen. Dies ist gar nicht unwahrscheinlich, denn bei der einen der zwei noch intakten Quellen stehen ja ebenfalls Passagen, die so in der Studie nicht wiederzufinden sind.

Was Hensinger ebenfalls verschweigt, die Infoline jedoch nennt, ist ein Link zum Volltext der Salford-Studie (2003). Dazu muss bei der DOI-Site lediglich die genannte DOI-Nummer manuell eingeben werden, und schwupps hat man die (überraschend kurz dokumentierte) Salford-Studie vor sich. Und wer jetzt darin die oben von Hensinger zitierten Salford-Worte findet "Diese Befunde sind gut auf den Menschen übertragbar. Sie haben die gleiche Blut-Hirn-Schranke und die gleichen Neuronen.“, der muss seherische Kräfte haben, denn Normalsterbliche suchen diese Passage (in englisch) vergebens. Und das heißt: Herr Hensinger beklagt einerseits, die FGF würde etwas behaupten, was in der Studie nicht drin stünde, andererseits behauptet er ein paar Zeilen später etwas, was dort ebenfalls nicht drin steht. Also gilt mit Fug & Recht: Wenn Hensinger im FGF-Text eine "offene Fälschung" sieht, dann muss logischerweise auch der Hensinger-Text an der besprochenen Stelle eine "offene Fälschung" sein. Gleichbehandlung nennt man so was. Was eine "offene" Fälschung überhaupt sein soll, müsste man den Mann mal fragen, denn auch "geschlossene" Fälschungen sind weithin unbekannt.

Wie gesagt, das alles ist nur ein einziges Beispiel, mit Sicherheit wird derjenige reich beschenkt, der sich die 16 Seiten komplett antut. Ich tu' mir die freiwillig nicht an, meine Meinung über die fachliche Qualifikation des Herrn Hensinger habe ich mir ohnehin schon vor geraumer Zeit gebildet und wie ich sehe, hat sich nichts geändert: Ich traue Peter Hensinger ungeprüft keine einzige Zeile übern Weg. Und ich rate jedem: Schaut bei seinen Verlautbarungen ganz genau hin.

Und weil Hensinger so gerne selektiv zitiert, was den Leuten besser Angst einjagt, hier zur Kompensation andere Zitate, die sich ebenfalls in der Salford-Studie (2003) finden lassen:

"We have hitherto not concluded that such leakage is harmful for the brain."

Auch ganz nett ...

"A neuronal damage of the kind described here may not have immediately demonstrable consequences, even if repeated."

Ganz schön gemein, nicht wahr, man könnte glatt meinen der Salford distanziere sich von seiner eigenen Studie. Das tut er natürlich nicht, nur durch mein selektives Zitieren entsteht dieser Eindruck. Einige Mobilfunkgegner haben sich geradezu darauf spezialisiert, selektiv zu zitieren, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, was davon zu halten ist, mag bitte jeder für sich entscheiden.

Und zuguterletzt: Die Kritik des BfS an der Salford-Studie spricht Hensinger zwar an, allerdings wieder ohne Quelle. Aus gutem Grund, denn die Kritik ist sachlich fundiert und auch für Laien gut verständlich. Dazu, dass Hensinger das Szene-Blättchen Elektrosmog-Report als "Fachzeitung" preist, die sich der BfS-Kritik an Salford in den Weg stellt, dazu sage ich jetzt lieber nichts, ich muss jetzt nämlich dringend wohin ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Fälschung, Desinformation, Hensinger, Kamellen, Zitat, EMF-Forschungsprogramm, selektives Zitieren


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