Ärztearbeitskreis Stuttgart leistet sich Fauxpas (Allgemein)
Der "Ärztearbeitskreis" Stuttgart ist wieder einmal zum Leben erwacht.
Vorgeschichte: Diagnose-Funk, Stuttgarter Anti-Mobilfunk-Verein, betätigte sich für den sogenannten Ärztearbeitskreis Digitale Medien, ebenfalls ansässig in der baden-württembergischen Landeshauptstadt, als Sprachrohr. Nun sind die Presse-Informationen von Diagnose-Funk in der Vergangenheit von den Medien jedoch nicht gerade mit Kusshand aufgenommen worden. Deshalb leistet sich der Verein in der Hoffnung auf mehr Echo mit Matthias von Herrmann seit kurzem einen "Pressereferenten", der sich als Parkschützer Nummer 190 im Dauerstreit um den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof bereits einen Namen machte und seinen Dienst Presse & Kampagne jedem aus dem sozial-ökologischen Spektrum anbietet. Akquiriert haben dürfte ihn Diagnose-Funker Peter Hensinger, der nicht nur gegen Mobilfunk aktiv ist, sondern auch gegen den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof. Da Diagnose-Funk aber weder sozial noch ökologisch ist, wirkt der Parkschützer dort fehl am Platz.
Geschichte: Am 23. Oktober 2019 schritt von Herrmann zur Tat und gab für Diagnose-Funk eine Presse-Information (PI) heraus: Ärzte warnen vor 5G-Mobilfunk - Ärzte-Delegation zieht vors Staatsministerium in Stuttgart. Formal gibt es an der PI wenig auszusetzen, bei der Nennung der Breite des Drei-Meter-Banners, den die Ärzte mit vereinten Kräften trugen, vermisst der aufgeklärte Leser vielleicht zwei oder drei Nachkommastellen, der Umfang seiner PI ist dem frischgebackenen Pressereferenten vielleicht für den Anlass etwas zu üppig geraten und die vielen Zitate wirken vielleicht etwas überzogen, weil die zitierten Personen den allermeisten Lesern völlig unbekannt sein dürften. Dass von Herrmann in präkognitiver Wahrnehmung bescheiden von "über 20 Medizinern" spricht (womit üblicherweise 21 Personen gemeint sind), sein Kollege Thomas Durchdenwald von den Stuttgarter Nachrichten hingegen an Ort und Stelle "rund drei Dutzend Mediziner" gesehen haben will, also etwa 36 Weißkittel, das sind Widersprüche, die im Dunstkreis der Anti-Mobilfunk-Szene zum Alltag gehören, und von Herrmann nicht angelastet werden können.
Sehr wohl anzulasten ist von Herrmann jedoch der Fauxpas, für die beiden genannten Presse-Ansprechpartner, das sind er selbst sowie Dr. med. Jörg Schmid (Korrespondenzperson des Ärzearbeitskreises Digitale Medien) zwanglos deren Handynummern anzugeben! Wer diese Telefonnummern <hier> eingibt kann feststellen, die beiden telefonieren übers Mobilfunknetz der Deutschen Telekom. Warum in einer PI von Mobilfunkgegnern Handynummern ein Fauxpas sind ist so offensichtlich, dass ich mir eine Begründung erspare.
Inhaltlich ist die PI und der ihr zugrunde liegende Offene Brief der übliche substanzarme Sermon, den organisierte Mobilfunkgegner auf ihren Websites ohnehin unaufhörlich herunterbeten und der Journalisten, wie die Erfahrung zeigt, nur peripher tangiert. Jeder Satz des Offenen Briefes ließe sich entkräften – wäre der Brief denn wichtig. So hake ich nur bei einer Kleinigkeit ein, die mir an dem Brief spontan aufgefallen ist. Dort heißt es: "Zahlreiche Studien haben deutliche Hinweise auf die krebsfördernde Wirkung von Mobilfunkstrahlung ergeben." Als Beleg wird auf eine "Anlage A" verwiesen, deren Benennung überbestimmt ist, denn eine Anlage B gibt es nicht. Die "zahlreichen Studien" schrumpfen in der Anlage (überschrieben mit "Krebsfördernde Wirkung von Mobilfunkstrahlung") auf ganze vier zusammen. Davon berichtet jedoch nur eine einzige Studie (Lerchl, 2015) tatsächlich eine krebsfördernde Wirkung elektromagnetischer Felder (EMF), die anderen drei haben mit Tumorpromotion nichts zu tun. Sie berichten stattdessen, EMF sei krebsverursachend. Was mögen das für Mediziner sein, die diese beiden Begriffe undifferenziert in einen Topf werfen! Diese Schlamperei macht sich auch anderweitig bemerkbar, so wird die dritte der vier Studien (Molla-Djafari ...) als "Report Nr. 7" der Auva vorgestellt. Das ist falsch, richtig ist "Report Nr. 47".
Bedeutsamer ist, dass in diesem Report weder von einer krebsfördernden noch von einer krebsverursachenden EMF-Wirkung die Rede ist, wenig spektakulär wird lediglich von angeblich beobachteten DNA-Schäden berichtet. Die zugehörigen Versuche sind als sogenannte "Reflex"-Nachfolgestudie in die Annalen der Wissenschaftsgeschichte eingegangen, denn gegenüber diesen Versuchen erhob Prof. Lerchl 2008 seinen hinlänglich bekannten Fälschungsverdacht. Dies führte dazu, dass die Medizinische Universität Wien 2009 das von der Auva bereits erhaltene Honorar für die Durchführung der "Reflex"-Nachfolgestudie in voller Höhe an die Auva zurückzahlte! Dass der Ärztearbeitskreis jetzt ausgerechnet diese fragwürdige alte Studie als Belastungsmaterial wiederbelebt, lässt über die Qualifikation der Ärzte die Augenbrauen skeptisch nach oben gehen.
Welchen Erfolg die PI von Herrmanns gezeigt hat lässt sich mit Google-News näherungsweise erforschen. Von futurezone.de abgesehen konnte ich heute keinen zweiten (echten) Treffer in der Trefferliste von Google-News ausmachen – was möglicherweise auch am Suchbegriff liegt.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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