Kanada: 55 Wissenschaftler für Smart Meter, 53 dagegen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 24.07.2014, 01:28 (vor 3758 Tagen) @ H. Lamarr

Am 9. Juli 2014 appellierten 52 Wissenschaftler aus 18 Ländern an die kanadische Regierung, die Bevölkerung besser gegen die Exposition durch elektromagnetische Felder zu schützen.

Kanada ist beliebter Austragungsort für solche Wissenschaftler-Aufmärsche. Vor zwei Jahren gab es zuerst einen Appell von 55 Wissenschaftlern, die sich gegen(!) die hochschwappende Panikmache mit Smart Metern verwahrten.

Dieser Appell mobilisierte den Mobilfunkgegner David O. Carpenter. Er verfasste einen Gegenappell, den damals 53 Wissenschaftler aus aller Welt unterzeichneten. Jetzt möchte man glauben, 55:53 belegt eindrucksvoll die angebliche Patt-Situation in der wissenschaftlichen Mobilfunkdebatte. Falsch. So stellen es Mobilfunkgegner gerne dar. Doch die 55 Skeptiker sind allesamt Kanadier, die meisten von Hochschulen in Montreal. Die 53 Alarmisten wurden dagegen in 18 Nationen auf aller Welt zusammen geklaubt.

Es appellieren vorwiegend immer die selben

Auch bei dem Gegenappell von Carpenter reicht die Liste der Unterzeichner von A wie Franz Adlkofer (ohne Tippfehler) bis Stelios A. Zinelis. Die Liste findet sich am Ende dieser Website (vor den Kommentaren). Vergleicht man sie mit der neuen Liste, habe ich den Eindruck: gefühlt 80 Prozent der Namen sind gleich! Mobilfunkgegner können offensichtlich eine "Task Force" von rund 50 Wissenschaftlern mobilisieren, die bei Bedarf irgendeinen Appell oder dergleichen mit trägt. Den harten Kern bilden rund 20 Leute wie Dr. Oberfeld, die schon lange mit dabei sind, und ihren Namen für viele Appelle und Resolutionen hergegeben haben.

Was hat Dr. Joel Moskowitz gebissen?

Ich finde es ziemlich daneben, was Joel Moskowitz in seiner Presse-Information anlässlich des neuen Appells schreibt (Auszug):

Epidemiological studies in humans show links between RF exposure and cancers, neurological disorders, hormonal changes, and symptoms of electrical hypersensitivity (EHS). Laboratory studies show increased cancers, abnormal sperm, reproductive risks, learning and memory deficits, and heart irregularities.

People who suffer from functional impairment due to RF exposure are increasingly unable to find places where RF exposure is minimal. The medical community in North America is largely unaware of the effects of RF exposure and does not know how to treat those who become ill. Moreover, the typical methods to alleviate symptoms and promote healing are no longer working, in part, due to increasing levels of RF exposure everywhere.

Moskowitz ist Wissenschaftler, trotzdem schreibt er mMn so unanständig unausgewogen wie es Bürgerinitiativen oder Vereine der Anti-Mobilfunk-Szene auf ihren Websites tun. Ich finde das schlimm, denn wenn schon Wissenschaftler sich in Dramatik tränken und kraftvoll Ängste schüren, was sind dann von Laienorchestern für Töne zu erwarten? Dass Dariusz Leszczynski diese Panikmache als Unterzeichner des jüngsten Appells mit trägt, finde ich schade. Ich meine er radikalisiert sich seit seinem Abschied von Stuk in einer Weise, die ihn Schritt für Schritt zu einem Insassen des Schubladens mit der Aufschrift "überzeugte Mobilfunkgegner" macht.

Musste der Appell an Premier Harper in die Öffentlichkeit?

Zum Vorwurf Ängste schüren: Der Appell richtet sich ganz klar an einen konkreten Adressaten, die kanadische Regierung. Da hätte man also eine E-Mail schreiben können, oder etwas geschickter einen Brief auf schwerem Papier. Meinetwegen hätte Moskowitz Premierminister Harper den Appell auch persönlich übergeben können, um Nachdruck deutlich zu machen. Bei allen diesen Varianten wäre die Öffentlichkeit nicht verunsichert worden. Doch Moskowitz ging den PR-Weg, suchte mit seinem Appell gezielt die Öffentlichkeit. Wer hat eine überzeugende Antwort auf die Frage nach dem warum, bei der Moskowitz auch noch gut weg kommt? Ich habe keine, für mich ist der Mann Panikmacher und "nützlicher Idiot", der Geschäftemachern unabsichtlich den Weg ebnet.

Keine Antwort habe ich auch auf die Frage, wieso sich Moskowitz für einen Appell an die Regierung von Kanada so stark macht, als wäre er Kanadier und nicht US-Amerikaner. Von einem vergleichbaren Appell Moskowitz' an die US-Regierung ist nichts bekannt.

Tabakgegner und Ex-Tabaklobbyist im selben Boot

Wie widersprüchlich Mobilfunkgegner sein können ist ja bekannt. Dr. Moskowitz macht da keine Ausnahme. Auf seiner beruflichen Webseite bekundet er ...

Tobacco control, smoking prevention and cessation

... wären unter anderem seine Forschungsinteressen. Das ist okay, dagegen lässt sich nichts einwenden. Mit diesem Forschungsinteresse dann aber einen Franz Adlkofer an die Spitze seiner Appellantenliste setzen, einen Mann, der in den Tabakdokumenten mehr als 15'000-mal genannt wird, das ist eben das, was bei überzeugten Mobilfunkgegnern so auffallend häufig zu beobachten ist: der blinde Fleck im Auge, mit dem sich unerquickliche Fakten so wunderbar übersehen lassen. Spontan fällt mir dazu auch Carpender ein, der noch mit Oberfelds implodierter "Krebsstudie Hausmannstätten" hausieren ging, als Oberfeld diese Studie bereits lange zurückgezogen hatte. Carpender musste sich diese Studie auf dunklen Kanälen beschafft haben, denn wissenschaftlich publiziert wurde sie nie. Und so passiert es halt, dass einen die dunklen Kanäle dann kalt im Regen stehen lassen, weil sie immer nur Alarme verbreiten, nie aber Entwarnung. Wenn Laien auf dieses Spielchen hereinfallen ist das verzeihlich, Wissenschaftler sollten mMn von anderem Kaliber sein.

[Admin: Namenskorrektur am 18.08.14]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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