Leszczynski vs. Pall: EMF löst Alzheimer (nicht) aus (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 27.04.2022, 13:09 (vor 867 Tagen) @ H. Lamarr

Was für mich Gigaherz-Präsiden Jakob ist, ist für Dariusz Leszczynski der Ruheständler Martin L. Pall: ein rotes Tuch. Macht sich Pall irgendwo bemerkbar, dauert es nicht lange, und Leszczynski verpasst ihm eine Abreibung. Jüngster Anlass ist Palls Behauptung, zwischen EMF-Exposition und Alzheimer gäbe es einen Kausalzusammenhang.

Martin Palls Behauptungen über EMF, VGCC und Alzheimer sind wissenschaftlich nicht bewiesen oder sogar unwahrscheinlich, titelt Dariusz heute auf seinem Blog. Und weiter (Auszug):

Am 11. März 2022 veröffentlichte Current Alzheimer's Research einen Bericht von Martin L. Pall über Alzheimer und EMF: "Elektromagnetische Felder niedriger Intensität wirken über die Aktivierung des spannungsgesteuerten Kalziumkanals (VGCC) und verursachen eine sehr früh einsetzende Alzheimer-Krankheit: 18 verschiedene Arten von Beweisen". Am 25. April 2022 griff der Journalist Norman Akbar die Behauptungen Palls auf und veröffentlichte auf Neuroscience News den Artikel: "Könnten gepulste elektronisch erzeugte elektromagnetische Felder Alzheimer verursachen?"

Ich [Dariusz Leszczynski] habe den Artikel von Pall, der sich mit Alzheimer befasst, überflogen. Es ist ein typischer Pall-Artikel. Viele Behauptungen, aber nur sehr wenig Beweise, die sie stützen.

Beispiel: Die laut Pall wichtigste Studie, die Funkfelder von Basisstationen mit Alzheimer in Verbindung bringt, ist eine einzelne Rattenstudie. Von dieser Studie ist es ein sehr weiter Weg, um Auswirkungen auf den Menschen zu behaupten. So führt Pall einfach nur in die Irre.

Der wichtigste Teil der "Beweise", die Pall gerne vorlegt, ist, dass EMF, und zwar alle, egal welche Art von EMF, VGCC aktivieren und den Kalziumtransport in die Zellen erhöhen.

Kalzium ist in der Tat ein sehr wichtiges Signalmolekül und wenn wir den Kalziumtransport blockieren, können wir die gesamte Zellphysiologie lahm legen. Wenn Pall also behauptet, Kalziumblocker könnten die Alzheimer-Krankheit hemmen, ist das eine durchaus mögliche Schlussfolgerung.

Wenn Pall jedoch behauptet, dass der EMF-induzierte Kalziumtransport durch Kalziumblocker blockiert werden kann, wird die Sache ungewiss, denn in einer Zelle kann es zwei Arten von Reaktionen geben. Wird einer Kontrollzelle ein Kalziumblocker verabreichen, werden zahlreiche physiologische Prozesse gehemmt, darunter auch Prozesse, die zur Entwicklung von Alzheimer beitragen können. Die Verabreichung eines Kalziumblockers an eine Zelle, die EMF ausgesetzt ist, hemmt ebenfalls viele physiologische Prozesse. Es ist jedoch nicht bekannt, ob EMF den Kalziumtransport ausgelöst hat, den der Kalziumblocker hemmt, oder ob es sich um den normalen Kalziumtransport handelt, der auch ohne EMF-Einwirkung stattfindet.

Das ist das Problem mit allen wissenschaftlichen Schriften von Martin L. Pall. Er ist im Ruhestand. Er führt keine Experimente durch. Er kann seine eigenen Hypothesen nicht experimentell testen. Er kann keine Experimente durchführen, die speziell zum Nachweis seiner eigenen Hypothesen entwickelt wurden. Er verwendet Beweise, die von anderen in Experimenten gesammelt wurden, die jedoch für andere Zwecke konzipiert wurden. Diese Beweise sind gut genug, um eine Hypothese zu formulieren, sie reichen aber nicht aus, um zu behaupten, dass die Hypothese bewiesen oder sogar wahrscheinlich ist. Doch genau das tut Pall fälschlicherweise. [...]

Kommentar: Lautsprecher der Anti-Mobilfunk-Szene feiern Leszczynski gerne als als "einen der schärfsten Kritiker der ICNIRP und der Schweizer Röösli-Forschung". Andere Lautsprecher der Szene feiern hingegen Pall. Die Auseinandersetzung zwischen den Beiden muss folglich für die Szene verstörend und kontraproduktiv sein. Das ist sie wohl auch. Direkt erkennbar ist dies jedoch nicht, nur indirekt. Denn, um ihr Fußvolk nicht ins Zweifeln zu bringen, ob Pall überhaupt noch salonfähig ist, schweigen sämtliche Lautsprecher der Szene in vielsagender Einigkeit über die Auseinandersetzung ihrer beiden Frontleute. Das IZgMF schweigt nicht, denn zu einer umfassenden Meinungsbildung, die über krampfhaftes Bestätigen der eigenen Meinung hinausgeht, gehört mMn der Blick über die Wände der eigenen Echokammer hinaus.

Das IZgMF wagte diesen Blick erstmals 2005, indem wir entgegen dem damals herrschenden Szene-Dogma die Physik der Funkfeldausbreitung anerkannten und uns zugunsten von Kirchtürmen als gesundheitsverträglichen Standort für Mobilfunkantennen aussprachen. Die Empörung der Szene über unsere Abkehr von dem etablierten Glaubenssatz ließ nicht lange auf sich warten, denn Widerspruch konnte in einer totalitär strukturierten Szene nicht geduldet werden. Von einem Tag auf den anderen waren wir nicht mehr geschätztes Mitglied der Szene, sondern Frevler. Die beiden nachträglich hinzugefügten Gegendarstellungen am Ende unseres Beitrags zeigen nur die gesellschaftsfähige Spitze des aggressiven Eisbergs, der sich damals aus dem Nichts kommend vor unserem Schiffchen auftürmte. Es war der Beginn der Entfremdung des IZgMF von der totalitären Anti-Mobilfunk-Szene in den D-A-CH-Ländern :yes:.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Alzheimer, Totalitär, Leszczynski, Irreführung, Hypothese, Kalzium, Ruhestand, Pall


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