Jakob: 4,3 Millionen Schweizer können nicht irren (Allgemein)
Seit 2. Februar 2016 reitet Hans-U. Jakob einen Gaul, den er für einen stolzen Rappen hält, andere hingegen sehen das Tier beim Schlachter auf dem Hof. Es geht in dieser Geschichte um die irreführende Uminterpretation amtlich erhobener Zahlen durch einen stadtbekannten Dyskalkuliker.
Was war geschehen? In einer Ende Januar 2016 publizierten Erhebung des eidgenössischen Bundesamtes für Statistik über die Wahrnehmung von acht Umweltrisiken in der Bevölkerung, landete das Risiko "Mobilfunkantennen" auf dem letzten Platz, sieben andere Umweltrisiken, z.B. Kernkraftwerken oder Klimawandel, fürchten die Schweizer mehr. Das IZgMF berichtete am 26. Januar 2016 über diese Erhebung und schreckte damit Gigaherz-Präsident Jakob auf. Der "Alp Öhi", wie er genannt werden möchte, verwandelte eine Woche später den wenig eindrucksvollen letzten Platz in eine eindrucksvolle Zahl, indem er die laut Erhebung rd. 50 Prozent wegen Mobilfunkantennen mehr oder weniger besorgten Schweizer auf einen Absolutwert umrechnete. Heraus kamen bei ihm 4,3 Mio. wegen Mobilfunkantennen Besorgte. Mit dieser Zahl geht Jakob seither hausieren. Um sich und sein Anliegen wichtig zu machen, trägt er bei jeder sich bietenden Gelegenheit vor:
4,3 Millionen können sich nicht irren!
Beispiel 1, Beispiel 2, Beispiel 3, Beispiel 4
Doch wie ist es nun tatsächlich, können 4,3 Mio. Schweizer wirklich nicht irren? Selbstverständlich können sie das. Am 5. März 1933 irrten z.B. noch viel mehr Deutsche, nämlich 17'277'180, als sie den Nationalsozialisten ihre Stimme gaben und die NSDAP zur mit Abstand stärksten Kraft im achten Deutschen Reichstag machten. Polemiker kennen einen anderen Vergleich: Esst mehr Scheiße, Milliarden Fliegen können sich nicht irren!
Dessen ungeachtet könnte Jakob weiter darauf beharren, (hochgerechnet) 4,3 Mio. Schweizer hätten aber nun mal bekundet, sie würden Mobilfunkantennen für gefährlich halten. Doch zwischen dem, was Menschen auf Befragung sagen und dem, wie sie dann tatsächlich handeln, können Welten liegen. Gefühlt weiß das jeder von uns. In diesem Artikel der Berner Zeitung wird das Gefühl jedoch am Beispiel einer Erhebung zum Schweizer Biomarkt einmal ganz konkret objektiviert. Das Ergebnis zeigt wie wenig belastbar Jakobs Bemühen ist, etwas Kleines groß zu reden. In seiner Bio-Erhebung fragte das Bundesamt für Statistik Schweizer, wie häufig sie Biolebensmittel einkauften: «Immer», antworteten sieben Prozent. «Meistens», erklärten 33 Prozent der Befragten. Weitere 34 Prozent gaben an, «gelegentlich» Bioprodukte zu kaufen. Glaubt man den Antworten, müssten im Mittel ungefähr 30 Prozent aller Lebensmitteleinkäufe in der Schweiz Bio-Produkten gelten. Tatsächlich sind es jedoch nur sieben Prozent.
Hintergrund
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –