Giftgas vs. Mobilfunkopfer (Medien)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 23.10.2014, 22:58 (vor 3579 Tagen)

Wenn die Nerven blank liegen, hören wir Gras wachsen.

Bekannt sind die Geschichten von Mobilfunkopfern, die bei Errichtung eines neuen Sendemasten aus dem Boden schießen und schon allerlei Gebrechen beklagen, noch bevor der Mast überhaupt in Betrieb gegangen ist. Eine Kollegin hat mir erst heute eine weitere Anekdote dieser Art erzählt. Verantwortlich für solche Überreaktionen braver Bürger sind die Gruselgeschichten, die von organisierten Mobilfunkgegnern mit Hilfe der Boulevard-Presse oder mit eigenen Webseiten in die Welt gesetzt werden. Mittlerweile ist dieses Schwert freilich stumpf, es wurde zu oft gebraucht.

Jedoch: Hängt man der Mär von den Kopfschmerzen oder der Schlaflosigkeit wegen eines frisch gebauten Sendemasten ein andersfarbiges Mäntelchen um, dann funktioniert die Mär wieder so gut wie zu Anfang.

Wir schalten um nach Kobane.

Am 22. Oktober berichtet u.a. die Frankfurter Allgemeine: Berichten der in Kobane herrschenden Partei der Demokratischen Union (PYD) zufolge soll der „Islamische Staat“ Giftgas gegen die Stadt eingesetzt haben. [...] „Sie haben eine chemische Waffe in die Stadt abgefeuert“, sagte Abdullah dem Kurdischen Zentrum zufolge. „Durch das Gas, das aus dieser Waffe entweicht, können die Menschen im Umfeld des Einschlags nicht mehr sehen, nicht mehr atmen und werden ohnmächtig“, so die kurdische Politikerin.

Auch das noch. Mal wieder typisch "IS", denen ist schließlich alles Böse zuzutrauen, sagt sich der Wächter am Eingang unseres Hirns und lässt die Meldung der FA als glaubwürdig passieren. So einfach geht das.

Noch am gleichen Tag aber meldet u.a. n-tv: Gerüchte über einen Giftgasangriff der Terrororganisation IS in der umkämpften Kurdenstadt Kobane haben sich nach Angaben von Menschenrechtlern als falsch erwiesen. Augenzeugen aus der Stadt im Norden Syriens hatten in der Nacht berichtet, zahlreiche Einwohner würden an Atemnot leiden und Symptome eines Giftgasanschlages zeigen. Tatsächlich soll es sich jedoch um eine Einzelperson handeln: "Ein Allergiepatient litt unter dem durch die Bombardierungen verursachten Rauch", sagte Rami Abdel Rahman, Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Er sei in der Nacht stationär mit Sauerstoff behandelt worden und habe das Krankenhaus bereits wieder verlassen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Allergie


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