SPD/Union: Digitale Agenda erregt Mobilfunkgegner (Allgemein)
Der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk macht sich wieder einmal wichtig. Diesmal mit einer sogenannten Pressemitteilung, die sich gegen angebliche Pläne einer SPD/Union-Koalition ausspricht, "jeden Schüler an Smartphones und Tablets zu binden".
Diagnose-Funk beschäftigt einen Astrologen als Geschäftsführer und hat auch sonst mit fachlichen Laien im Vorstand zu kämpfen. Und es gibt deutliche Hinweise, dass es sich hierbei um verdeckt arbeitende Lobbyisten für die Interessen der Baubiologie handelt. Was den Anti-Mobilfunk-Verein jetzt in Bewegung setzte, ist diese Meldung aus "Die Welt". Das Springerblatt berichtete exklusiv am 18. November, der Verein empörte sich am 19. November. Gut Ding aber braucht bekanntlich Weile.
Gucken wir mal genauer hin, was zum konkreten Sachverhalt im Original wirklich steht:
... mobile Computer-Endgeräte für jeden Schüler in Deutschland ...
und
Dazu gehört auch die Ankündigung, jedem Schüler in Deutschland ein "mobiles Endgerät" – also ein Smartphone oder einen Tablet-Computer – zur Verfügung zu stellen.
Das passt mMn gut zusammen: Wer einen sinnfreien Begriff wie "Digitale Agenda" erfindet (diese gibt es ebenso wenig wie eine digitale Uhr), der ist auch gut für Nebulöses wie "mobile Computer-Endgeräte". Ein Smartphone zählt aus meiner Sicht definitiv nicht dazu, wenn, dann Tablets. Und zwar solche, ohne integriertes Handy.
Was denn die Koalitionäre nun mit dem schwammigen Begriff genau meinen, derzeit weiß dies kein Außenstehender. Auf der Website des SPD-Parteivorstands gibt es gegenwärtig dazu noch kein Wort.
So ist es nur lächerlich, wenn Diagnose-Funk zum jetzigen Zeitpunkt eilends behauptet, die Koalition wolle jeden Schüler an Smartphones und Tablets binden. Davon ist in der Vorlage von "Die Welt" keine Rede, dies sind lediglich die blühenden Phantasien des Vereinsvorstands. Dabei ist diese "Digitale Agenda" noch längst nicht in trockenen Tüchern, auf dem Weg dorthin kann noch viel passieren.
Sich ohne Anlass wichtig zu machen hat bei Diagnose-Funk Tradition. Meines Wissens nach hat bisher allerdings niemand von den zahlreichen "Presse-Informationen" dieses Vereins Notiz genommen. Dennoch versuchen es die Stuttgarter immer wieder und sorgen zuerst einmal selbst für die Verbreitung ihrer "Presse-Informationen" innerhalb der eigenen Reihen. Auf diese Weise schlängelt sich der Verein an den Medien vorbei in eine Art Schein-Öffentlichkeit, besser bekannt als www. Und dort hofft der Verein auf die ersehnte Wahrnehmung durch andere, um z.B. von irgendjemand als "Verbraucherverband" zitiert zu werden, der sich dagegen wendet, dass Schüler zum Gebrauch von Smartphones und Tablets gezwungen werden sollen.
"Nützliche Idioten" sind in der Anti-Mobilfunk-Szene eine wichtige Gruppe von Akteuren, die einschlägigen Vereine könnten ohne sie nicht existieren. "Nützliche Idioten" merken nicht, wenn sie instrumentalisiert oder für dumm verkauft werden sollen, seriöse Journalisten aber schon. Und deshalb sehe ich auch diesmal schwarz, dass es die "Presse-Informationen" von Diagnose-Funk in nennenswerte Medien schafft.
Hintergrund
Wahrnehmung der Meldung in "Die Welt" durch eine überzeugte Mobilfunkgegnerin
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –