Wie Mobilfunkgegner Fakten verdrehen und verfälschen (Allgemein)
Zitat:
In Spanien wechselt die erste Großstadt zum BioInitiative Vorsorgewert!
http://www.next-up.org/Newsoftheworld/06Vm.php#1
Während in der BRD, der Schweiz und sonst wo noch genörgelt und lamentiert wird, machen die Spanier Köpfe mit Nägeln und Next-up berichtet wie gewohnt ausführlich und in etlichen Sprachen!
Was will uns Teilnehmer "unwichtig" aus dem Gigaherz-Forum damit sagen? Schauen wir mal nach, was dran ist ...
Nachdem Städte mit mehr als 100'000 Einwohnern nach einer Begriffsbestimmung der Internationalen Statistikkonferenz von 1887 als Großstädte zählen, ist Salzburg mit seinen knapp 150'000 Einwohnern bereits vor rund zehn Jahren die erste Großstadt gewesen, in der der Vorsorgewert von 1 mW/m² (0,6 V/m) zumindest zeitweise gültig war.
Und "die Spanier", wie es bei "unwichtig" wie gewohnt reichlich übertrieben heißt, sind nur ein paar "Hansel", nämlich die Ratsherren der Madrider Vorstadt Leganés mit angeblich knapp 200'000 Einwohnern. Was genau dort beschlossen wurde kann ich nicht beurteilen, da das Dokument (um Funk geht's ab Seite 12), auf das sich Next-up bezieht, auf Spanisch geschrieben ist. Dem Kurztext bei Next-up ist jedoch zu entnehmen, dass es sich nicht um eine generelle Senkung handelt, wie es "unwichtig" darzustellen versucht, sondern die Senkung lediglich in kommunalen Gebäuden gilt (Schulen, Krankenhäuser, Sozialwohnungen usw.). Womit die Luft schon mal ziemlich draußen ist, denn kein geringerer als Gigaherz-Präsident Jakob tadelt den ähnlich gelagerten Schweizer Anlagewert (6 V/m) als Mogelpackung. Wieso er jetzt in seinem eigenen Forum zur Leganés' Mogelpackung betreten schweigt, wissen nur der Himmel und Frau Jakob.
Und weiter geht's mit dem Verdrehen bei den Franzosen ...
Next-up nennt den BioInitiative-Vorsorgerwert von 0,6 V/m und spricht zugleich von einer Senkung um den Faktor 4000. Der offizielle Grenzwert müsste demzufolge bei 0,6 V/m x 4000 = 2400 V/m liegen. Das ist natürlich Mega-Stuss, der Grenzwert erreicht maximal 61 V/m. Wie die Franzosen ausgerechnet auf 4000-fach kommen bleibt deren süßes Geheimnis.
Noch schlimmer aber wird es bei Next-up mit dem folgenden Hinweis:
... aber diese Verordnung bleibt noch weit hinter den wissenschaftlichen Empfehlung der BioInitiative vor allem was die Leistungsflussdichte angeht: :
A - Strahlung (RF) außen : 0.1 µW/cm² oder 0.614 V/m.
B - Strahlung (RF) innen : 0,01 µW/cm² oder 0,194 V/m.
Um möglichst kleine Werte zu suggerieren werden aus 1 mW/m² baubiologische 0.1 µW/cm². Hier mehr zu dieser Unsitte, aus baubiologischem Interesse Immissionswerte verzerrt wiederzugeben. Die verzerrte Darstellung ist noch die kleinere Täuschung, die große Täuschung ist, dass Next-up fälschlich suggeriert, es gäbe von der BioInitiative eine Vorsorge-Empfehlung für drinnen und draußen.
Tatsächlich empfiehlt die BioInitiative nur einen einzigen Wert, leider ist dieser nicht klar und unmissverständlich als maximal zulässiger "Immissionswert" ausgewiesen - dann gäbe es keine Diskussion über drinnen und draußen -, sondern der Wert wurde ziemlich unglücklich und mMn auch ungeschickt als Outdoor-Wert deklariert. Prompt kommt es zu denselben Verwirrungen wie seinerzeit beim Salzburger-Vorsorgewert, der ebenso unglücklich definiert war. Unglücklich deshalb, weil die Immission, also das, was beim Körper ankommt, von drinnen oder draußen herrlich unabhängig wäre (es darf z.B. nicht mehr als 1 mW/m² ankommen, wurscht wo), wogegen drinnen/draußen nur eine laienhaft schwammige Einteilung zulässt: Ist z.B. drinnen auch dann noch drinnen, wenn die Schafzimmerfenster mit Blick auf einen Sendemasten sperrangelweit offen stehen und was ist dinnen-iger, Betonwände, Holzwände, Ziegelwände oder japanische Papierwände?
Kommen wir nochmal auf die Empfehlung der BioInitiative zurück, die übrigens von der Baubiologin Cindy Sage, im Original so formuliert wurde: An outdoor precautionary limit of 0.1 µW/cm² would mean an even lower exposure level inside buildings, perhaps as low as 0.01 µW/cm². Die kleine Passage macht klar, dass man es bei Next-up einfach nicht begriffen hat: Es gibt von der BioInitiative keinen Vorsorgewert für drinnen, dieser vermeintliche Indoor-Vorsorgewert ist lediglich als Beispiel dafür gedacht gewesen, wie der Outdoor-Vorsorgewert durch Bausubstanz reduziert werden könnte. Irgendein "Experte" bei Next-up hat dies falsch verstanden, gibt es falsch weiter - und keiner in dem Imperium dort bemerkt den simplen Fehler . Dies stützt die These, dass inkompetente Anführer sich mit ebenso inkompetenten Helfern umgeben.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –