Dennoch: viel Wind um Nichts (Allgemein)

Doris @, Montag, 02.02.2009, 01:09 (vor 5671 Tagen) @ H. Lamarr

Die Studie von Mashevich et al, mit der das Krebsrisiko begründet wird, gibt es zusammengefasst im EMF-Portal.

Ich sehe keinen Anlass, von meiner Wertung "viel Wind um Nichts" Abstand zu nehmen. Herr Zwerenz glaubt, der Widerstand von Bürgern hätte die Industrie zum Einlenken in Richtung strahlungsarme Technik gebracht.

So deute ich seine Überschrift nicht. Ich lese da eher raus, dass sich der Widerstand gegen die Funktechnik deshalb lohnt, weil die Industrie sich der "Gefahr" durchaus bewusst ist und intern handelt aber nicht öffentlich macht. Und durch das Forschen der Kritiker, in dem Fall er und die Bürgerwelle, werden dann diese "stillen Abkommen" irgendwann eben doch an das Licht der Öffentlichkeit gebracht.

Aus meiner Sicht ist dies nur ein Wunschgedanke, die Realität ist härter: Die Industrie hat bei den Endgeräten Sättigungsgrenzen in der Marktdurchdringung erreicht. In solchen Fällen schafft ein Technologiewechsel (z.B. auf strahlungsarm) wieder sprunghaft neuen Bedarf und der bringt schöne Umsätze. Ganz gut momentan bei DECT zu erleben. Weil so gut wie jeder heute ein DECT hat, wird mit CAT-Iq und strahlungsarmen Modellen das Karussell wieder in Bewegung gesetzt.

Bei dem Interesse an evtl. gesundheitlicher Beeinträchtigung durch Dauerstrahlung, welches in der Öffentlichkeit herrscht, glaube ich weniger, dass Umstellung auf eine neue, in dem Fall strahlungsarme Technologie der große Hit sein wird. Da glaube ich schon eher, dass die Industrie sich hier den Forderungen des BfS beugt, da die Diskussionen um Elektrosmog eben nach all den Jahren doch nicht abgerissen sind.

Ausgerechnet mit der Studie von Mashevich et al strahlungsarmes W-LAN zu begründen halte ich zudem (von Swisscom) für ziemlich abwegig. Denn wie im EMF-Portal mühelos nachzulesen ist, geht es in dieser Studie um 1 W Sendeleistung und um SAR-Werte von 2 bis rd. 8 W/kg. Unser gegenwärtig am heftigsten genutztes W-LAN (IEEE 802.11g) hat jedoch mit 100 mW Sendeleistung nur 1/10 der Leistung von Mashevich und auch die wirksamen SAR-Werte sind bei Mashevich für W-LAN unrealistisch hoch (über Grenzwert). Nicht einmal die Frequenzen stimmen, Mashevich arbeitete mit 830 MHz, W-LAN findet bei uns aber bei 2400 MHz und bei etwa 5500 MHz statt. Ganz zu schweigen davon, dass die Studie ein ungepulstes HF-Signal verwendete.

Das hat mich allerdings auch stutzig gemacht, als ich die Studie hersuchte. Ich hätte da für mich eine andere Erklärung.

In der Studie von Mashevich heißt es...

The human peripheral blood lymphocytes (PBL) were irradiated at different average specific absorption rates (SAR) of 1.6 to 8.8 W/kg over a time period of 72 hours

also auch unterhalb des Handy-Grenzwertes

und der Effekt ist athermisch begründet.

....A linear increase in the chromosome No. 17--an aneuploidy (=numerical chromosome aberration) --was observed as a function of the SAR, demonstrating that this radiation has a genotoxic effect. The SAR-dependent aneuploidy was accompanied by an abnormal mode of replication of the chromosome 17 region engaged in segregation (repetitive DNA arrays associated with the centromere), suggesting that epigenetic alterations are involved in the SAR dependent genetic toxicity. Control experiments (i. e. without any radio frequency radiation) carried out in the temperature range of 34.5 to 38.5 °C showed that elevated temperature is not associated with either the genetic or epigenetic alterations observed following RF radiation, these alterations being the increased levels of aneuploidy and the modification in replication of the centromeric DNA arrays. These findings indicate that the genotoxic effect of electromagnetic radiation is elicited via a non-thermal pathway.

Und Aneuploidie
gilt als bekanntes Phänomen bei der Erhöhung des Krebsrisikos

Moreover aneuploidy is to be considered as a known phenomenon in the increase of cancer risk.

Ich habe eher den Eindruck, dass da vorsorglich gehandelt wird um Elektrosmog zu verringern. Und es macht bei DECT und WLAN ja auch wirklich keinen Sinn, warum die "strahlen" müssen, wenn sie nicht in Betrieb sind.

Swisscom begründet seinen Antrag ja auch mit Reduzierung des Elektrosmogs..

Reduction of Electrosmog in Wireless Local Networks This invention relates to a method and system for reduction of electrosmog in wireless local area networks (WLAN), one or more mobile network units communicating with a base station by means of radio frequency signals in a wireless local area network, which base station amplifies the radio frequency signals of the mobile network unit and/or connects the wireless local area network to a wired fixed network by means of bridge functions. In particular, the invention relates to a method and system in which a WLAN comprises a plurality of access points with differing transmission cells.
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Dass Elektrosmog kontrovers diskutiert wird, schreibt SWISSCOM ja auch in der Einleitung.

The influence of electrosmog on the human body is a known problem. The health risk from mobile radio transmitters, handys and DECT telephones has been an explosive subject among the general public at least since the enormous breakthrough in mobile radio technology in the 1990s

Eigenartigerweise stört sich jetzt aber keiner der Kritiker in Deutschland und der Schweiz daran, dass Swisscom das Patent mit einer offensichtlich dafür ungeeigneten Studie begründet. Warum nicht? Nun, ich könnte mir denken, dass die (ungeschickte) Begründung des Patents mit möglichen Gesundheitsschäden eine große Begeisterung bei den Kritikern auslöste (jetzt haben wir sie erwischt ...), die alles andere überstrahlte.

so habe ich das ja auch oben geschrieben.

Eben auch, dass die Begründung zu Gunsten von Swisscom unzutreffend ist, denn was immer auch Mashevich erforscht hat, mit W-LAN hat es herzlich wenig zu tun.

Immer wieder diskutieren wir hier ja ob hohe kurze Belastung gleichzusetzen ist mit langer schwacher Belastung. Ich könnte mir vorstellen, wenn ein Effekt eindeutig athermisch begründet ist, dann rückt diese Frage sicherlich wieder in den Mittelpunkt. Bisher sind nur die Effekte bekannt und auch erklärbar, die mit Temperaturerhöhung einhergehen. Einem athermisch begründeten Effekt liegt ja dann wohl ein Wirkmechanismus zugrunde, der zum jetzigen Zeitpunkt absolut nicht vorstellbar ist und dann werden die Karten wohl neu gemischt, denn dann wäre vielleicht auch die Höhe der Exposition nicht mehr das alleinige Maß der Dinge. Vielleicht wird da von der Industrieseite her Vorsorge betrieben, wo es mit einfachen Mitteln möglich ist.

Tags:
Krebs, Risiko, Effekt, Belastung, Access Point


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