Bessere Expositionsabschätzung bei Signalmix (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 12.12.2008, 00:24 (vor 5722 Tagen)

Der häufig kritisierte Umstand, dass Menschen in realen Expositionssituationen komplexen Feldern ausgesetzt sind und nicht nur einem einzigen dominanten Feld, hat sich, wenn auch noch nicht bei der künstlichen Befeldung im Labor, so doch bei einer besseren Expositionsabschätzung niedergeschlagen:

Entwicklung eines praktikablen rechentechnischen Verfahrens zur Ermittelung der tatsächlichen Exposition in komplizierten Immissionsszenarien mit mehreren verschiedenartigen HF-Quellen

Die zunehmende mobile Kommunikation im beruflichen und privaten Umfeld geht einher mit einer steigenden Zahl verschiedenartiger Quellen hochfrequenter elektromagnetischer Felder, denen die Bevölkerung ausgesetzt sein kann. Ziel des Forschungsvorhabens war die Entwicklung eines praktikablen rechentechnischen Verfahrens zur Ermittelung der tatsächlichen Exposition in komplizierten Immissionsszenarien mit mehreren verschiedenartigen HF-Quellen.

Zur Projektseite beim DMF

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Forschung, Exposition, DMF, Signalmix, Signalquellen

Bessere Expositionsabschätzung bei Signalmix

Doris @, Freitag, 12.12.2008, 00:42 (vor 5722 Tagen) @ H. Lamarr

Auszug..

....Die in dem Katalog zusammengefassten Einzelszenarien berücksichtigen sowohl Teilkörper- wie auch Ganzkörperexpositionen, hervorgerufen durch körpernahe, mit Kontakt zum Körper betriebene und körperferne Quellen1.

1 Die in miniWatt-II erarbeiteten Expositionsdaten für den Körper berührende Quellen (Betrieb eines Mobiltelefons am Kopf) konnten in diesem Vorhaben nicht genutzt werden, so dass für dieses Szenario eigene Berechnungen vorgenommen wurden. Dabei wurde der realistische Fall angenommen, dass das Mobiltelefon von einer Hand an den Kopf gehalten wird. Hierbei traten hohe maximale SAR10g-Werte in dem Handmodell auf (3,9 W/kg), während es zu einer deutlichen Verringerung der Werte im Kopf kam, verglichen mit dem Betrieb des Geräts am Kopf ohne Berücksichtigung des Handphantoms entsprechend den genormten Messprozeduren zur Überprüfung der Gerätekonformität. Der Effekt wurde in dieser Größenordnung nicht erwartet und soll ggf. weiter untersucht werden.

Ist das interessant?

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Miniwatt

Bessere Expositionsabschätzung bei Signalmix

Kuddel, Freitag, 12.12.2008, 18:43 (vor 5721 Tagen) @ Doris
bearbeitet von Kuddel, Freitag, 12.12.2008, 19:36

1 Dabei wurde der realistische Fall angenommen, dass das Mobiltelefon von einer Hand an den Kopf gehalten wird. Hierbei traten hohe maximale SAR10g-Werte in dem Handmodell auf (3,9 W/kg), während es zu einer deutlichen Verringerung der Werte im Kopf kam, verglichen mit dem Betrieb des Geräts am Kopf ohne Berücksichtigung des Handphantoms entsprechend den genormten Messprozeduren zur Überprüfung der Gerätekonformität. Der Effekt wurde in dieser Größenordnung nicht erwartet und soll ggf. weiter untersucht werden.

Das Verhalten ist an sich "normal" und ich weiß nicht, warum es nicht erwartet wurde.
Die Antenne befindet sich meist auf der Geräterückseite, damit möglichst viel Energie "in die Luft" und möglichst wenig in den Kopf gelangt.
Wenn man nun mit dem Finger auf das Plastik in Nähe der Antenne kommt, so konzentrieren sich die elektrischen Feldlinien der Antenne auf den Finger, d.h. der Finger wirkt wie ein "Magnet" und die meiste Energie wird im Finger absorbiert, dafür umso weniger in "die Luft" bzw in den Kopf eingestrahlt.

Sehr schön kann man den Effekt an Plasmakugeln verbildlichen, welche für Dekorationszwecke eingesetzt werden (siehe hier)

Damit hier keine falschen Schüsse entstehen;-) :
In der Plasmakugel ist ein Kurzwellen-Hochspannungsgenerator und die erzeugten elektrischen Felder sind um ein vieltausendfaches höher, als bei einem Handy.
So stark, daß Felder die Edelgasmoleküle in der Glaskugel ionisieren. Es bilden sich Ionisationskanäle zur Außenwandung, über welche die Energie "in den Raum" abfließt (ähnlich bei Blitzen in der Natur).
Da das Gas immer in Bewegung ist, wandern die Ionisationskanäle zufällig hin und her.
Berührt man mit dem Finger die Außenwandung der Kugel, so stellt der(leitende) Finger für den (sehr geringen) Strom den bequemeren bzw kürzeren Weg dar und die Leuchterscheinungen konzentieren sich auf den Finger. Der (leitfähige) Finger (mit Hand und Arm) bildet dann gegenüber der Luft um die Glaswandung eine "optimalere" Antenne, welche die Feldenergie in den Raum (teilweise) abstrahlt bzw absorbiert.

Bessere Expositionsabschätzung bei Signalmix

Doris @, Freitag, 12.12.2008, 21:17 (vor 5721 Tagen) @ Kuddel

1 Dabei wurde der realistische Fall angenommen, dass das Mobiltelefon von einer Hand an den Kopf gehalten wird. Hierbei traten hohe maximale SAR10g-Werte in dem Handmodell auf (3,9 W/kg), während es zu einer deutlichen Verringerung der Werte im Kopf kam, verglichen mit dem Betrieb des Geräts am Kopf ohne Berücksichtigung des Handphantoms entsprechend den genormten Messprozeduren zur Überprüfung der Gerätekonformität. Der Effekt wurde in dieser Größenordnung nicht erwartet und soll ggf. weiter untersucht werden.


Das Verhalten ist an sich "normal" und ich weiß nicht, warum es nicht erwartet wurde.

Anscheinend war es der Effekt in dieser Größenordnung der nicht erwartet wurde, denn der Wert liegt doch über dem Grenzwert?

Wenn man nun mit dem Finger auf das Plastik in Nähe der Antenne kommt, so konzentrieren sich die elektrischen Feldlinien der Antenne auf den Finger, d.h. der Finger wirkt wie ein "Magnet" und die meiste Energie wird im Finger absorbiert

Ich traue mich jetzt, Sie vielleicht etwas ganz Blödes zu fragen.
Diese Absorption in den Fingern bzw. Händen könnte dann doch auch beim Halten des DECT-Mobilteils auftreten. Mir ist beim Lesen dieses Satzes nämlich eingefallen, dass meine Bekannte und ich nach langen Telefonaten immer über eine stark verkrampfte Hand klagten, in welchem Ausmaß möchte ich jetzt gar nicht schreiben, es würde an die dramatische Schilderung mancher Betroffenenberichte erinnern ;-)
Aber es könnte eine Erklärung sein. Wir machen da aber auch im Nachhinein keine irreparable Gesundheitsschädigung geltend, alles ist wieder in Ordnung und tritt übrigens bei langen Gesprächen mit dem Schnurtelefon überhaupt gar nicht auf. So konnten wir auch die Argumente unserer Ehemänner entkräftigen, die meinten, dass ihnen auch die Finger am Telefonhörer festkleben würden, wenn sie so lange Gespräche führen würden.

Also Fazit: Krämpfe durch EMF bei Grenzwertüberschreitung :cool:

Bessere Expositionsabschätzung bei Signalmix

Kuddel, Freitag, 12.12.2008, 22:03 (vor 5721 Tagen) @ Doris

Ich traue mich jetzt, Sie vielleicht etwas ganz Blödes zu fragen.
Diese Absorption in den Fingern bzw. Händen könnte dann doch auch beim Halten des DECT-Mobilteils auftreten.

Ja, allerdings beträgt die gesamte Leistung nur etwa 10mW und nicht 200mW, wie es beim Mobiltelefon unter ungünstigen Umständen möglich ist.

Mir ist beim Lesen dieses Satzes nämlich eingefallen, dass meine Bekannte und ich nach langen Telefonaten immer über eine stark verkrampfte Hand klagten, in welchem Ausmaß möchte ich jetzt gar nicht schreiben, es würde an die dramatische Schilderung mancher Betroffenenberichte erinnern ;-)

Dann kann ich es mir gut vorstellen ;-)

Allderdings möchte ich als Alternativerklärung anmerken, daß ein Schnur-Telefonhörer in der Regel anders gehalten wird, als ein Mobiltelefon, Stichwort "Ergonomie".

Den Schnurtelefonhörer umschließt man mit allen Fingern, und er ist auch dicker.
Die Hörmuschel ist zudem deutlich abgesetzt, was ein Umschließen des Hörers mit den Fingern leichter möglich macht (es gibt ja auch keine Tastatur).

Die meisten Mobil- oder Schnurlostelefone sind "flach" und auch die Hörkapselöffnung ist plan mit der Tastatur. Für Finger ist auf der Tastaturseite während des Telefonats kein Platz und der flache Aufbau verleitet auch nicht zum "Umschließen" des Gerätes mit den Fingern.

Man kann das Telefon nur seitlich zwischen den Fingerspitzen und Daumen halten, d.h. daß das ganze Gewicht auf den Fingerspitzen liegt,was ergonomisch ungünstiger ist (größere Hebelwirkung, Beispiel: Wenn man einen Topf mit langem Stiel am Ende des Stils greift => größerer Kraftaufwand).
Meist ist man dann geneigt, mit dem Zeigefinger die Hörkapsel gegen das Ohr zu pressen, was die Fingerspitzen entlastet, aber den Zeigefinger zusätzlich belastet. Beim Quasseln wird man von der monotonen Belastung der Finger abgelenkt, erst wenn das Gespräch beendet ist merkt man eine Art Verkrampfung oder Muskelkater...

Also Fazit: Krämpfe durch EMF bei Grenzwertüberschreitung :cool:

Wenn Sie es so wollen :wink:

Ich würde es "Telefonfingerkrampf" aufgrund dauerhafter Zwangshaltung der Finger bei übermäßiger Telefonnutzung nennen. :yes:

Telefonfingerkrampf

Doris @, Freitag, 12.12.2008, 22:50 (vor 5721 Tagen) @ Kuddel

Ja, allerdings beträgt die gesamte Leistung nur etwa 10mW und nicht 200mW, wie es beim Mobiltelefon unter ungünstigen Umständen möglich ist.

Das könnte der erste Hinweis zu Langzeitauswirkungen durch schwächere Felder sein ;-)

Den Schnurtelefonhörer umschließt man mit allen Fingern, und er ist auch dicker.
Die Hörmuschel ist zudem deutlich abgesetzt, was ein Umschließen des Hörers mit den Fingern leichter möglich macht (es gibt ja auch keine Tastatur).

Die meisten Mobil- oder Schnurlostelefone sind "flach" und auch die Hörkapselöffnung ist plan mit der Tastatur. Für Finger ist auf der Tastaturseite während des Telefonats kein Platz und der flache Aufbau verleitet auch nicht zum "Umschließen" des Gerätes mit den Fingern.

Bei uns war/ist es anders. Wir hatten unser schnurloses Telefon 2002 und hatten das damals gängige Telefon von Siemens, welches ziemlich dick, hinten bauchig war. Beim Schnurlosen lag das Mobilteil wirklich satt in der Hand, während beim Halten des schlankeren Hörers unseres jetzigen Schnurtelefon noch Spiel ist. Es war und ist übrigens auch dieser Umstand, den ich als Erklärung zulasse, aber im Hinterkopf behalte ich mal vorsorglich die "Strahlung" ;-)


Man kann das Telefon nur seitlich zwischen den Fingerspitzen und Daumen halten, d.h. daß das ganze Gewicht auf den Fingerspitzen liegt,was ergonomisch ungünstiger ist (größere Hebelwirkung, Beispiel: Wenn man einen Topf mit langem Stiel am Ende des Stils greift => größerer Kraftaufwand).
Meist ist man dann geneigt, mit dem Zeigefinger die Hörkapsel gegen das Ohr zu pressen, was die Fingerspitzen entlastet, aber den Zeigefinger zusätzlich belastet. Beim Quasseln wird man von der monotonen Belastung der Finger abgelenkt, erst wenn das Gespräch beendet ist merkt man eine Art Verkrampfung oder Muskelkater...

Bei diesem Szenario frage ich mich wirklich, warum nicht mehr Handverkrampfungen gemeldet werden.

Ich würde es "Telefonfingerkrampf" aufgrund dauerhafter Zwangshaltung der Finger bei übermäßiger Telefonnutzung nennen.

Ok, ich will ja nicht stur sein. Jetzt verbleiben wir mal so, ich behalte meine Hand mal im Auge und wenn sich in den nächsten 10 Jahren nichts Auffälliges zeigt, lasse ich Ihre Diagnose endgültig zu :-)

SAR-Grenzwert 4 W/kg

H. Lamarr @, München, Samstag, 13.12.2008, 00:01 (vor 5721 Tagen) @ Doris

Hierbei traten hohe maximale SAR10g-Werte in dem Handmodell auf (3,9 W/kg)...

Anscheinend war es der Effekt in dieser Größenordnung der nicht erwartet wurde, denn der Wert liegt doch über dem Grenzwert?

Nein Doris, die 3,9 W/kg liegen nicht über dem Grenzwert der Teilkörper-SAR. Die 2 W/kg, an die Sie hier denken, gelten nämlich nur für den Kopf und den Rumpf einer exponierten Person. Für die Gliedmaßen, also Arme und Beine sind 4 W/kg zulässig. Alle genannten Werte gelten für Einzelpersonen der Bevölkerung (Privatleute, bei beruflich exponierten Menschen ist gemäß SSK eine für alle Körperteile gleich große Teilkörper-SAR von 10 W/kg zulässig), festgelegt in der EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG vom 30. Juli 1999.

Aus dem SSK-Papier geht übrigens auch hervor, wieso beruflich Exponierte mehr aushalten müssen.

Die SSK sieht dies genau andersherum, nämlich dass die Exposition der Allgemeinbevölkerung mit einem zusätzlichen Sicherheitsfaktor beaufschlagt ist. Und zwar deshalb, weil in der Allgemeinbevölkerung auch empfindliche Personengruppen enthalten sind. Deshalb ist für die Allgemeinbevölkerung neben der Teilkörper-SAR auch die zulässige Ganzkörper-SAR um den Faktor 5 kleiner als bei beruflich Exponierten.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
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