Strahlen-Käfig (Allgemein)

Gast, Freitag, 26.01.2007, 21:43 (vor 6445 Tagen)

Waldhessen. Es ist wahrscheinlich tatsächlich der "größte Feldversuch der Menschheitsgeschichte", wie es ein Elektrosmog-Experte der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale vor einiger Zeit formulierte. Denn Millionen nutzen seit den 90er Jahren weltweit relativ sorglos Mobiltelefone. Und das, obgleich es bislang noch keinerlei gesicherte Erkenntnisse über deren Ungefährlichkeit gibt. Erst in den letzten Jahren mehren sich die Stimmen, die vor möglichen, mit dem intensiven Gebrauch dieser ,mobilen Sende- und Empfangsapparate' verbundenen Gesundheitsgefahren warnen: drohenden Schlaf- und Potenzstörungen, bis hin zu Tumoren, Tinnitus und Hautkrebs.

Strahlungsresistent?

Extrem unsicher ist die Situation demnach insbesondere dort, wo viele Mobiltelefone auf kleinstem Raum zusammenkommen - ein Szenario, wie es sich tagtäglich vor allem in Bus, Tram und Bahn ergibt. Denn deren metallische Ummantelung, wie auch die jedes Pkw oder Lkw, wirkt als elektromagnetische Barriere (,Faradayscher Käfig'). Um diese starke Abschirmung zu überwinden, müssen Handys mit ihrer maximalen Sendestärke arbeiten - sogar wenn nicht telefoniert wird: weil jedes eingeschaltete Gerät - aufgrund des ständigen Positionswechsels während der Fahrt - zwangsläufig immer wieder die nächstgelegene Basisstation des betreffenden Mobilfunknetzes suchen muss. Durch die Vielzahl eingeschalteter Handys - samt vielfacher Reflexion von deren elektromagnetischer Strahlung - kommt es in öffentlichen Verkehrsmitteln zwangsläufig zum gefürchteten Elektrosmog. Und damit verbundenen, kaum abschätzbaren gesundheitlichen Risiken.

Dramatische Werte

So ergaben sich bei Messungen in einem Münchner Linienbus - durchgeführt 2004 von einer auf Elektrosmogmessungen spezialisierten Firma, unterstützt von namhaften Messtechnikfirmen, dem Umweltinstitut München und der Stadt München - dramatische Werte: Die Handy-Sendeleistung stieg beim Betreten des Busses im Schnitt um das 6-fache, mitunter sogar um das 25-fache. Anders ausgedrückt: Die gleiche Strahlenbelastung, die im Freien aus 60 Zentimeter Abstand von einem eingeschalteten Mobiltelefon ausging, wurde im Bus noch aus einer Distanz von sieben Metern erreicht - und wuchs entsprechend bei Annäherung an das Handy.
In Deutschland haben allerdings auch solche Erkenntnisse bislang noch nicht zu entsprechenden Konsequenzen geführt. Denn offenbar hält die Bundesregierung ihre Bürger für besonders strahlungsresistent: Während etwa die Schweiz ihre Grenzwerte für Strahlenbelastung (am Arbeitsplatz) auf 4 bis 6 Volt pro Meter (V/m) festgelegt hat, dürfen sie bei uns nach wie vor noch 40 bis 60 V/m betragen.


"Wir können doch nicht Dinge von uns aus als gefährlich bezeichnen, die offiziell erlaubt sind", sagt dementsprechend KVV-Sprecher Ingo Pijanka, der weder ein Betriebsverbot von Handys in den Fahrzeugen der KVG noch entsprechende Warnungen befürwortet. "Wir möchten nicht als Verbotsbehörde dastehen, sondern als kundenfreundliches Unternehmen." Pijanka weiter: "Erst wenn es wirklich ganz klar belegt ist, dass von Mobiltelefonen eine Gesundheitsgefahr ausgeht, reagieren wir - und dann natürlich sofort."
Andere haben längst reagiert, etwa die Wiener Ärztekammer: Nachdem Mediziner vor zwei Jahren im Rahmen der EU-Studie ,Reflex' feststellten, dass Handystrahlung - auch weit unterhalb des gesetzlichen Grenzwerts - genetische Schäden an menschlichen Zellen verursacht, hat die Ärztekammer zumindest prompt ,Handy-Regeln' veröffentlicht, u.a. als Plakat für Arztpraxen. "Solange sich die Hinweise auf eine Langzeitgefährdung des Menschen in Laborversuchen verdichten und wir die Spätfolgen nicht wirklich abschätzen können", so der Wiener Ärztekammerpräsident Walter Dorner, "ist maximale Vorsicht anzuraten."

Besser schwächer

Die elektromagnetischen Wellen eines Handys werden zum Teil vom Körper aufgenommen und in Wärme umgewandelt, gemessen als SAR-Wert (Spezifische Absorptionsrate in Watt pro Kilogramm Körpermasse). Für den gilt: Je schwächer desto besser. Als derzeit weniger bedenklich gelten SAR-Werte zwischen 0,08 und 0,4 Watt, die von vielen aktuellen Handys bereits eingehalten werden. Eine der Übersichten findet sich im Internet unter www.handywerte.de


Quelle: Kreisanzeiger, 24.01.2007

Tags:
Vorschlag, Faradayscher Käfig, Linienbus, Elektrosmogmessung

Strahlen-Käfig

Raylauncher @, Montag, 29.01.2007, 20:31 (vor 6442 Tagen) @ Gast

Extrem unsicher ist die Situation demnach insbesondere dort, wo viele Mobiltelefone auf kleinstem Raum zusammenkommen - ein Szenario, wie es sich tagtäglich vor allem in Bus, Tram und Bahn ergibt. Denn deren metallische Ummantelung, wie auch die jedes Pkw oder Lkw, wirkt als elektromagnetische Barriere (,Faradayscher Käfig'). Um diese starke Abschirmung zu überwinden, müssen Handys mit ihrer maximalen Sendestärke arbeiten - sogar wenn nicht telefoniert wird: weil jedes eingeschaltete Gerät - aufgrund des ständigen Positionswechsels während der Fahrt - zwangsläufig immer wieder die nächstgelegene Basisstation des betreffenden Mobilfunknetzes suchen muss. Durch die Vielzahl eingeschalteter Handys - samt vielfacher Reflexion von deren elektromagnetischer Strahlung - kommt es in öffentlichen Verkehrsmitteln zwangsläufig zum gefürchteten Elektrosmog. Und damit verbundenen, kaum abschätzbaren gesundheitlichen Risiken.

Diese Behauptung hat einen gaaanz langen Bart und beruht auf einer Pressemeldung über eine Arbeit in Japan, bei der allerdings wesentliche Faktoren (Dämpfung innerhalb des Käfigs etc) unberücksichtigt geblieben sind. Nach Berechnungen des BfS müssten in einem Eisenbahnwaggon über 100 D-Netz-Handys, im E-Netz über 200 Handys bei voller Leistung gleichzeitig im Gesprächszustand sein. Dies wäre extrem unwahrscheinlich. Handys im Bereitschaftsmodus spielen hierbei keinerlei Rolle.

Den Link auf den BfS-Artikel haben Sie ja sogar selbst gesetzt. Warum haben Sie ihn dann nicht gelesen ? Oder haben Sie die Ausführungen nicht verstanden ?

http://www.bfs.de/elektro/papiere/begr_raeume.html

Raylauncher

Strahlen-Käfig

H. Lamarr @, München, Montag, 29.01.2007, 23:56 (vor 6442 Tagen) @ Raylauncher

Den Link auf den BfS-Artikel haben Sie ja sogar selbst gesetzt. Warum haben Sie ihn dann nicht gelesen ? Oder haben Sie die Ausführungen nicht verstanden ?

Irrtum Raylauncher! Der Beitrag im Kreisanzeiger beruht nicht auf der japanischen Studie, sondern auf den Messreihen, die das IZgMF 2004 für einen Münchener Linienbus organisiert hatte und offenkundig auch auf Passagen der zugehörigen Pressemeldung. Manche Dinge brauchen eben ein bißchen länger, um durch die Mühlräder hindurch zu kommen. Im Protokoll des Messprojekts steht dann u. a. auch der Link zum BfS-Beitrag.

Das Messprojekt blieb übrigens seinerzeit ohne nennenswerten Widerspruch (da müssten Sie jetzt eigentlich was dran ändern, gell?!). Einen vom BfS vorgebrachten Einwand konnten wir damals mit einer schönen Rückhand beantworten (Details mag ich nicht sagen). Danach jedenfalls kam kein weiterer Einwand mehr vom BfS. Und nachdem uns damals (im Stillen) sogar Experten des LfU mit Rat aber ohne Tat zur Seite gestanden haben, sollten im Design des Messprojekts keine allzugroßen Klöpse zu finden sein.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Linienbus

Sind die Ergebnisse richtig ?

Kuddel, Dienstag, 30.01.2007, 21:57 (vor 6441 Tagen) @ Gast
bearbeitet von Kuddel, Dienstag, 30.01.2007, 22:55

Zitat aus Artikel: Elektrosmogmessung in einem Linienbus
"Wenn die von den drei Handys erzeugten Leistungsflussdichten linear addiert werden, ergibt dies eine Maximalbelastung am Platz 5 in Höhe von 776 mW/m²".
Darf man hier linear addieren ?
Wenn sich die Handys in derselben Zelle befinden, dürften sich deren gepulste Aussendungen ineinanderschachteln bzw zeitlich nebeneinander liegen.
Da üblicherweise die Spitzenleistung gemessen wird, trägt nur das stärkste Signal zum Spitzenwert bei. Etwas anderes wäre es, wenn zeitlich gemittelte Leistungen gemessen worden wären.
Selbst wenn hier Handy's verschiedener Netze in Betrieb sind, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle 3 Handys den gleichen Zeitschlitz verwenden sehr gering.

Zitat:
"Noch krasser fällt die Richtwirkung bei Platz 7 ins Gewicht, der mit 648 mW/m² am zweitstärksten belastet ist..."
In derartig geringen Abständen zeigen die Strahlungsmeßgeräte zuviel an, weil sie von einer auf 1m² homogen verteilten Leistung ausgehen. Das ist aufgrund des geringen Abstandes nicht der Fall. Am Rand des 1m² ist die Strahlungsleistungsdichte viel geringer, als in der Mitte. Davon weiss das Meßgerät aber nichts und rechnet einen zu hohen Wert aus.

Das ist so, als ob man ein Glas Wasser auf den Rasen schüttet und behauptet, man hätte den Rasen mit 20 Liter pro Quadratmeter bewässert. In Wirklichkait hat man nur ein 10*10cm Rasenstückchen mit 0,2 Liter befeuchtet.

Kuddel

PS: Werde ich nun in die MI-Schublade gesteckt ? :lookaround:

Sind die Ergebnisse richtig ?

Raylauncher @, Donnerstag, 01.02.2007, 18:55 (vor 6439 Tagen) @ Kuddel

Zitat aus Artikel: Elektrosmogmessung in einem Linienbus
"Wenn die von den drei Handys erzeugten Leistungsflussdichten linear
addiert werden, ergibt dies eine Maximalbelastung am Platz 5 in Höhe von
776 mW/m²".

Darf man hier linear addieren ?
Wenn sich die Handys in derselben Zelle befinden, dürften sich deren
gepulste Aussendungen ineinanderschachteln bzw zeitlich nebeneinander
liegen.
Da üblicherweise die Spitzenleistung gemessen wird, trägt nur das stärkste
Signal zum Spitzenwert bei. Etwas anderes wäre es, wenn zeitlich gemittelte
Leistungen gemessen worden wären.
Selbst wenn hier Handy's verschiedener Netze in Betrieb sind, so ist die
Wahrscheinlichkeit, dass alle 3 Handys den gleichen Zeitschlitz verwenden
sehr gering.


Laut Beschreibung wurde der Spitzenwert der jeweiligen Immissionen ermittelt (Peak hold). Da ein Endgerät jedoch nur einen Zeitschlitz belegt, wird die mittlere Immission um den Faktor 8 überschätzt.

Zitat:
"Noch krasser fällt die Richtwirkung bei Platz 7 ins Gewicht, der mit
648 mW/m² am zweitstärksten belastet ist..."

In derartig geringen Abständen zeigen die Strahlungsmeßgeräte zuviel an,
weil sie von einer auf 1m² homogen verteilten Leistung ausgehen.
Das ist aufgrund des geringen Abstandes nicht der Fall. Am Rand des 1m²
ist die Strahlungsleistungsdichte viel geringer, als in der Mitte. Davon
weiss das Meßgerät aber nichts und rechnet einen zu hohen Wert aus.

Die Angabe einer Leistungsflußdichte bezogen auf 1m² ist schon korrekt. Das bedeutet ja noch lange nicht, dass diese über die gesamte bezogene Fläche auch homogen ist. Die Leistungsflußdichte im Umfeld von Endgeräten und zusätzlich in einem reflexionsbehafteten Umfeld ist alles andere als homogen. Da mehrere Messungen gemittelt wurden, ist es zulässig, die an einem Punkt gemessenen Signale aller Handys zu addieren. Sollte allerdings jeweils das räumliche Maximum jedes einzelnen Handys ermittelt worden sein, wäre im Summenwert nochmals eine deutliche Überschätzung enthalten, da mit hoher Wahrscheinlichkeit die Maxima aller betrachteten Geräte nicht an einem Punkt auftreten und sich auch ständig ändern. Korrekt ist bei derartigen Messusngen eine Addition jeweils der räumlichen und zeitlichen Mittelwerte. Der Fehler durch die unzulässige Summenbildung (bezüglich peak hold) dürfte insgesamt bei ca. 9dB liegen.

Ein weiterer Umstand, der zu einer potentiellen Überschätzung der Feldverhältnisse im realen Betrieb eines Busses führt, ist die Besetzung des Fahrzeugs während der Messung mit nur wenigen Personen und die peinliche Beachtung freier Sichtlinien zu den Messpunkten. Die Feldverhältnisse innerhalb eines Fahrzeugs werden ganz entscheidend von den im Innenraum herrschenden Dämpfungsverhältnissen geprägt. Konkret bedeutet das, je mehr Personen sich im Bus befinden, desto stärker bedämpfen diese das Feld mit einer daraus resultierenden Einebnung reflexionsbedingter Feldüberhöhungen. Da die Anzahl betriebener Endgeräte statistisch betrachtet, proportional mit einer Belegung eines Fahrzeuges zunimmt (es telefoniert auch kaum jemand gleichzeitig auf mehreren Handys), kommt die Leistungsflussdichte bei realen Verhältnissen relativ schnell in eine Sättigung. Es ist damit unzulässig, die Feldstärkeverhältisse mit der Anzahl der Handys einfach nach oben zu extrapolieren.

Raylauncher

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