Naila reloaded (Forschung)

Alexander Lerchl @, Dienstag, 10.03.2009, 17:05 (vor 5723 Tagen) @ H. Lamarr

Die "Studie" weist zahlreiche Schwächen auf:

Offensichtlich sind Sie jetzt im Besitz des Volltextes. Dazu hätte ich zwei Fragen:

- Wieviele Krebsfälle wurden in der 400-m-Zone gefunden?
- Welche Krebs-Inzidenzrate wurde von Dr. Eger in dieser Zone festgestellt?

In der 400m-Zone wurden folgende Krebsfälle gezählt:

Zeitabschnitt 1: Von Anfang 2000 bis Ende 2004 (5 Jahre): 9 (6w, 3m)
Zeitabschnitt 2: Von Anfang 2005 bis Mitte 2007 (2,5 Jahre): 14 (11w, 3m)

Die Krebsinzidenzraten wurden wie folgt angegeben (dabei ist mir nicht so recht klar, wie da die einzelnen Berechnungen angestellt wurden, insbesondere was die Altersstandardisierungen angeht; also insoweit ohne Gewähr):

Erwartet für Zeitabschnitt 1: 16,5 Fälle; beobachtet: 9
Erwartet für Zeitabschnitt 2: 9,8; beobachtet: 14

Die odds ratio wird angegeben als Verhältnis der Erkrankungschancen der Exponierten im Zeitabschnitt 2 und der im Zeitabschnitt 1. Angegeben ist eine odds ratio von 2,63 (Vertrauensintervall 1,14 - 6,10).

Dabei ist aber ein schwerwiegender Fehler gemacht worden, der mir bei der ersten Durchsicht gar nicht aufgefallen ist (danke, spatenpauli, für die Frage!):

Wenn man die odds ratio so berechnet wie von Eger und Neppe, kommt natürlich ein hoher Wert heraus, wenn der Bezugswert (beobachtete Erkrankungsraten im ersten Zeitabschnitt) geringer ist als erwartet (9 gegenüber 16,5). Das bedeutet nichts anderes als eine fehlerhafte Berechnung, weil die Bezugsgröße falsch ist.

Zusammengefasst: Der Vergleich der Krebsfälle im Zeitraum 2 (höher als erwartet) mit den Krebfällen im Zeitraum 1 (niedriger als erwartet) ergibt einen hohen, aber fehlerhaften relativen Wert von 2,63 (alterskorrigiert). Wenn man hingegen die Anzahl der beobachteten (14) den erwarteten (9,8) Krebsfällen gegenüberstellt, sieht das Bild schon ganz anders aus, nämlich eine "erhöhte" Krebsrate von ca. 1,4. Das ist mit ziemlicher Sicherheit nicht signifikant (chi²-Test mit den rohen Zahlen: p=0,3; Grenze für Signifikanz: p<0,05). Alles unter dem Vorbehalt der fehlenden Altersangaben, die in der Veröffentlichung für die Krebsfälle nicht angegeben wurden. Da das Alter der Patienten in den beiden Zeitabschnitten aber identisch war (knapp 60 Jahre), wird sich das Bild nicht wesentlich ändern.

Diese Art der Berechnung erinnert fatal an die Naila-"Studie": Dort wurde ebenfalls behauptet, die Krebsrate innerhalb des 400m - Radius sei signifikant höher als ausserhalb. Bei näherer Betrachtung stellte sich aber heraus, dass die Krebsrate ausserhalb des 400m - Radius geringer war als erwartet und dadurch der vermeintliche Effekt zustande kam. Ich würde mal sagen, da hat jemand aus den Fehlern der Vergangeheit nicht gelernt.

A. Lerchl

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

Tags:
Krebs, Eger, Hennen, Altersstandardisierung


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