02 Hensinger doziert über biologischen 5G-Wirkmechanismus (Allgemein)
In einem (selbstverständlich) offenen Brief an den Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn gibt Peter Hensinger Einblick in seinen Kenntnisstand, warum 5G, ginge es nach ihm, besser erst in vielleicht 234 Jahren nach unabhängiger gründlicher Prüfung der Maxwellschen Wellengleichungen eingeführt werden sollte. Doch keine Angst, sein Wirkmodell ist gar nicht kompliziert. Hensinger beschreibt die extraordinäre 5G-Gefährlichkeit mit einem virtuosen Halbsatz:
[...] die 5G-Strahlung im Millimeterbereich koppelt sich über die Haut in den Organismus ein, mit unkalkulierbaren Risiken.
Uiiii, das haut rein. Das Vorzimmer von OB Kuhn ist wahrhaftig nicht zu beneiden. Aus ABM-Sicht hingegen ist Hensingers Brief, pardon offener Brief, mit Blick auf den Personalstand im Stuttgarter Rathaus durchaus als wertvoller Beitrag für den Bestandschutz zu werten.
Aus technischer Sicht wäre zunächst festzustellen, welche Frequenzen Funkwellen im Millimeterbereich zuzuordnen sind. Da Herr Hensinger den Bereich nicht näher benennt, nehme ich notgedrungen und willkürlich an, er meint Wellenlängen von 1 Millimeter bis 10 Millimeter. Gemäß der Formel ...
λ = c / f
... mit c = 299'710'000'000 Millimeter pro Sekunde (Lichtgeschwindigkeit in bodennaher Luft) ergeben sich für den entsprechenden Frequenzbereich f Werte von rd. 30 GHz bis 300 GHz. Da die BNetzA in ein paar Monaten jedoch nur Frequenzen bis höchstens 3,7 GHz versteigert, muss ich meine Annahme korrigieren und andersrum rechnen: Welche Wellenlänge hat ein 3,7-GHz-Funksignal? Ein schnuckeliger Umrechner verrät uns: Es sind rd. 81 Millimeter, auch bekannt als 8,1 Zentimeter. Alles was sonst noch auf der kommenden 5G-Frequenzauktion versteigert wird hat keine kürzeren Wellenlängen (längere Wellenlängen klingt doof, deshalb die umständliche Umschreibung).
Erleichtert aufseufzend darf ich also feststellen: Hensinger eilt seiner Zeit voraus, die 2019 versteigerten 5G-Wellen sind gar keine Millimeterwellen, sondern harmlose Zentimeterwellen. Die anscheinend saugefährlichen Millimeterwellen werden erst später versteigert, irgendwann nach 2019. Doch bestimmt vor 2253.
Moment mal! Sind Zentimeterwellen wirklich harmlos? Wie tief dringen die überhaupt in den Körper eines Menschen ein?
Das EMF-Portal weiß Rat und definiert die Eindringtiefe elektromagnetischer Wellen so:
Bei ebenen Wellen eines elektromagnetischen Feldes bezeichnet die Eindringtiefe jene Wegstrecke, nach der die Strahlungsenergie auf 1/e oder 37% ihres Anfangswertes abgesunken ist.
Da schau her, so ist das also! Eben ist eine Welle nicht wenn sie glatt gebügelt wurde, sondern wenn wir uns weit genug von ihrem Entstehungsort entfernt aufhalten. Dann ist ihre Wellenfront eben und nicht mehr bogenförmig wie Wasserwellen nahe der Stelle, wo ein Stein ins Wasser geworfen wurde. Halbwegs eben sind Funkwellen schon nach nur vier Wellenlängen, je mehr Wellenlängen sie zurücklegt desto ebener wird eine Welle, genauer deren Wellenfront. Mobiltelefone am Ohr bombardieren unser Gehirn nicht mit eben Wellen, dazu ist der Abstand nicht groß genug. Die Wellen von Funkmasten treffen hingegen bei uns als ebene Wellen ein. Glück gehabt, denn auch der Hensinger interessiert sich nur für Funkmasten, weil sie ihm 2006 einen vor die Nase gesetzt haben.
Bild: Forschung Frankfurt
So weit so gut. Doch wie tief muss denn nun eine 5G-Funkwelle in mein Fleisch eindringen, damit sie 63 Prozent ihrer Strahlungsenergie verloren hat und nur noch 37 Prozent übrig sind? Dies wiederum weiß Prof. Dr. Werner Mäntele, Direktor des Instituts für Biophysik im Fachbereich Physik der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main. Er hat 2003 den schönen Beitrag "Wie hoch ist das Strahlenrisiko durch das Handy?" geschrieben und darin findet sich die abgebildete Grafik. Ich hoffe der Professor wird es mir verzeihen, dass ich mich zur vorgerückten Stunde ungefragt seiner Grafik bediene.
Auf den ersten Blick schon macht die Grafik deutlich, mit wachsender Frequenz tun sich Funkwellen zunehmend schwerer, tief in unseren Körper einzudringen, bei 10 GHz schaffen sie nur noch 1 Millimeter. Ein auf der Haut auftreffendes 10-GHz-Signal von z.B. 100 µW/m² Leistungsdichte hat nach 1 mm Reise durch unsere Haut nur noch 37 µW/m², nach 2 Millimeter 18 µW/m² usw. bis auf Null. Doch wo bleibt die Energie? Sie entweicht nicht heimlich in den ohnehin schon aufgeheizten Äther, sondern wird vom Körpergewebe verschluckt (absorbiert) und dabei in schnöde Wärme umgewandelt. Energieerhaltungssatz, Physik, 10. Klasse.
10 GHz würden dem Millimeterwellen-Hensinger so passen, doch darauf wird er gut und gerne noch zehn Jahre warten müssen. Also lieber zurück zu den 8,1-Zentimeterwellen (3,7 GHz), die uns schon demnächst perforieren werden. So eine Funkwelle dringt laut Grafik rd. 1 Zentimeter tief in uns ein und hat dann noch immer 37 Prozent Restenergie. Schrecklich. Geradezu tödlich gar der alte GSM900-Funk (0,9 GHz), der uns 5 Zentimeter tief aufspießt! Wie konnten wir das seit mehr als 25 Jahren überleben? Müssten Mobilfunkgegner nicht eher frenetisch für hohe 5G-Frequenzen skandieren, ihrer geringeren Eindringtiefe wegen, statt vorsorglich daran rumzumäkeln? Und wie konnte es passieren, dass ausgerechnet die GSM900-Tiefenstrahlung an der "Elektrosensiblen" Eva W. aus München völlig spurlos vorüber ging, bevor sie auf 2,1 GHz allergisch reagierte? Fragen über Fragen. Antworten weiß Peter Hensinger. Bestimmt. Der gelernte Drucker muss diese Rätsel lösen können, schließlich ist er bei dem Verein Diagnose-Funk Direktor des Ressorts Wissenschaft. Ob seine Antworten richtig sind ist eine andere Geschichte.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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