Streuströme in der Rinderzucht: noch eine Motion (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 10.10.2024, 00:35 (vor 238 Tagen) @ H. Lamarr

Am 12. September 2024 reichte SVP-Nationalrat Jacques Nicolet in der großen Kammer des Schweizerischen Parlaments die Motion 24.3873 ein (Streustrom: Tierhaltung von der Plage befreien und Spezialistinnen und Spezialisten in diesem Bereich ausbilden).

Die SVP will offensichtlich das Randthema Streuströme in der Rinderzucht hochspielen. Am 12. September 2024 reichte Nationalrat Pierre-André Page jedenfalls eine zweite Motion zum Thema ein (24.3872). Diesmal werden sogar "elektrosensible" Milchkühe explizit angesprochen und abermals steht die Studie der Hafl im Mittelpunkt der Begründung:

Der Bundesrat wird beauftragt, die Problematik von Streustrom und seine negativen Folgen für Nutztiere anzuerkennen und die Bestimmungen der Niederspannungs-Installationsverordnung (NIV) anzupassen. Bei den obligatorischen Kontrollen der elektrischen Anlagen in einem Betrieb sollte die Elektrosensibilität der Nutztiere berücksichtigt werden, insbesondere diejenige von Milchvieh.

Aus Anlass der zweiten Motion habe ich noch einmal intensiver nach der Studie (Bachelorarbeit) der Studentin gesucht und diese diesmal gefunden. Mobilfunkantennen als Verursacher von Streuströmen werden auf den 67 Seiten nur dreimal am Rande erwähnt. Die gehaltvollste Erwähnung lautet (vom Französischen ins Deutsche übersetzt):

[...] Die Quelle der in landwirtschaftlichen Betrieben festgestellten Streuströme sind in erster Linie betriebsinterne Erdungsprobleme. Externe Ursprünge wie Windkraftanlagen oder Mobilfunkantennen werden von den Landwirten nur selten genannt. Es ist jedoch wichtig, die Probleme nicht zu vernachlässigen, die diese Anlagen im Falle von Installationsfehlern verursachen können. [...]

Diese Aussage passt besser zum Abschlussbericht des Nunis-Projekts von Michael Hässig.

Der Autorin der Bachelorarbeit scheint das Nunis-Projekt jedoch erstaunlicherweise unbekannt zu sein, denn die Suchbegriffe "Nunis" und "Hässig" (Haessig) führten in ihrem Paper zu jeweils null Treffer.

Warum acht Jahre später Streuströme für 37 Prozent von 1428 befragten Landwirtinnen und Landwirte plötzlich kein untergeordnetes Problem mehr sind, liegt möglicherweise an der unterschiedlichen Art und Weise der Datenerhebung.

Wenn Streuströme in der Schweiz tatsächlich kein untergeordnetes Problem in der Rinderzucht mehr sind, würde ich erwarten, auf der Website des Schweizer Rindergesundheitsdienstes zumindest ein paar Takte über diese neue Herausforderung zu lesen. Die Suchbegriffe "Streustrom" und "Strom" ergaben heute jedoch null Treffer.

Bleibt also nur übrig, die Stellungnahme des Bundesrates abzuwarten, ob dieser die beiden Motionen ernst nimmt und befürwortet oder begründet deren Ablehnung empfiehlt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Schweiz, Rinder, Streuströme


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