WHO-Review zu Hirntumoren: And the Winner is ... nobody (Forschung)
Schauen wir uns einmal an, zu welchen Schlussfolgerungen die Autoren der Review gekommen sind:
In Übereinstimmung mit dem veröffentlichten Protokoll wurden unsere endgültigen Schlussfolgerungen für jede Kombination von Exposition und Ergebnis getrennt formuliert und basierten in erster Linie auf der Evidenzlinie mit dem höchsten Vertrauen, wobei die Rangfolge der HF-Quellen nach Expositionsniveau, wie sie aus dosimetrischen Studien abgeleitet wurde, und die externe Kohärenz mit den Ergebnissen von Zeittrend-Simulationsstudien (beschränkt auf Gliome im Zusammenhang mit der Mobiltelefonnutzung) berücksichtigt wurden.
Für die HF-EMF-Exposition im Nahfeld des Kopfes durch die Nutzung von Mobiltelefonen gab es Hinweise mit mäßiger Sicherheit, dass sie wahrscheinlich nicht das Risiko erhöht für Gliome, Meningiome, Akustikusneurinome, Hypophysentumore und Speicheldrüsentumore bei Erwachsenen oder für pädiatrische Hirntumore (Hirntumoren bei Kindern/Jugendlichen).
Für die HF-EMF-Exposition im Nahbereich des Kopfes bei der Benutzung von Schnurlostelefonen gab es Hinweise mit geringer Sicherheit, dass sie das Risiko für Gliome, Meningiome oder Akustikusneurinome nicht erhöhen könnte.
Für die Ganzkörper-Fernfeld-HF-EMF-Exposition durch ortsfeste Sendeanlagen (Rundfunkantennen oder Basisstationen) gab es Hinweise mit mäßiger Sicherheit, dass sie das Leukämierisiko bei Kindern wahrscheinlich nicht erhöht, und Hinweise mit geringer Sicherheit, dass sie das Risiko für pädiatrische Hirntumore nicht erhöht. Es gab keine Studien, die für eine Aufnahme infrage kamen und die HF-EMF-Exposition durch ortsfeste Sendeanlagen und kritische Tumore bei Erwachsenen untersuchten.
Für die berufsbedingte HF-EMF-Exposition gab es Hinweise mit geringer Sicherheit, dass sie das Risiko von Hirntumoren/Gliomen nicht erhöht, aber es gab keine eingeschlossenen Studien zu Leukämien (dem zweiten kritischen Ergebnis bei beruflicher Exposition).
Die Bewertung der Evidenz bezüglich pädiatrischer Hirntumore im Zusammenhang mit umweltbedingter HF-Exposition durch ortsfeste Sendeanlagen sollte aufgrund der geringen Anzahl von Studien mit Vorsicht interpretiert werden. Ähnliche Vorsicht bei der Interpretation gilt für die Evidenzbewertung des Zusammenhangs zwischen Gliomen/Hirntumoren und berufsbedingter HF-Exposition aufgrund von Unterschieden bei den Expositionsquellen und -metriken in den wenigen eingeschlossenen Studien.
Geringe bis mäßige Sicherheit?
Wie ein roter Faden zieht es sich durch sämtliche Schlussfolgerungen, dass diesen eine geringe bis mäßige Sicherheit anhaftet, was im Abstract der Studie schon an den genannten großen Konfidenzintervallen erkennbar ist.
Doch woran liegt es, dass den Schlussfolgerungen der Autoren so große Unsicherheit anhaftet. Liegt das womöglich schon an den Primärstudien, die in die Review eingeschlossen wurden? Das wollte ich von meiner neuen Auskunftei "Copilot" wissen. Die KI antwortete:
Ein großes Konfidenzintervall (CI) bei einem mRR-Ergebnis (meta-estimate of the relative risk) kann auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein, und ja, die Primärstudien spielen dabei eine wichtige Rolle. Hier sind einige mögliche Gründe:
Heterogenität der Studien: Wenn die Primärstudien sehr unterschiedliche Ergebnisse liefern, kann dies zu einer hohen Heterogenität führen, was das Konfidenzintervall vergrößert.
Kleine Stichprobengrößen: Studien mit kleinen Stichproben haben oft größere Unsicherheiten in ihren Schätzungen, was zu einem größeren Konfidenzintervall im Meta-Analyse-Ergebnis führen kann.
Variabilität in den Studiendesigns: Unterschiede in den Studiendesigns, Populationen, Interventionen und Ergebnissen können ebenfalls zu einem breiten Konfidenzintervall beitragen.
Qualität der Primärstudien: Niedrige Qualität oder methodische Schwächen in den Primärstudien können die Präzision der Schätzungen beeinträchtigen und zu einem größeren Konfidenzintervall führen.
Anzahl der eingeschlossenen Studien: Wenn nur wenige Studien in die Meta-Analyse einbezogen werden, kann dies die Präzision der Schätzung verringern und das Konfidenzintervall vergrößern.
Es ist also durchaus möglich, dass die Eigenschaften der Primärstudien einen erheblichen Einfluss auf die Breite des Konfidenzintervalls haben.
Versuch einer Interpretation
Primärstudien geringer Qualität kann man mMn aus der Liste der KI streichen, dafür haben die Autoren die im Zuge ihrer Literaturrecherche gefundenen Studien wahrscheinlich zu gründlich gesiebt. Allerdings kann es selbst bei qualitativ guten Studien in dieser Disziplin eine gewisse Streubreite geben, die sich dann auf das CI auswirkt. Ob die übrigen Angaben der KI zutreffen, kann ich nicht kompetent beurteilen. Muss ich auch nicht, mir kam es nur darauf an zu erfahren, ob es am Gegenstand der Review liegen konnte, dass die Sicherheit der Schlussfolgerungen so mager ausfiel. Und anscheinend ist dies der Fall.
Heißt für mich bis auf Weiteres: Die Review kann von keiner der Streitparteien in der Mobilfunkdebatte dazu verwendet werden, der jeweiligen Gegenseite in Sachen Hirntumoren endgültig das Wasser abzugraben. Insofern mag ich mich entwarnenden Medienberichten anlässlich der Review nicht anschließen. Anscheinend sind die bisherigen Forschungsergebnisse, auf einen Nenner gebracht, nicht dazu geeignet, mit Bestimmtheit zu alarmieren oder Entwarnung zu geben. Weitere und möglicherweise andere Forschung ist nötig, um die Waage in den kommenden Jahrzehnten entscheidend aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das wird die Forscher freuen. Doch welche Forschung verbindlich zur Klärung beitragen könnte, anstatt die Waage nur im unverbindlichen Gleichgewicht zu halten, ich habe keine Ahnung .
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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