Gigaherz-Jakob orakelt über Richtungsdämpfung von Antennen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 21.04.2024, 19:50 (vor 65 Tagen) @ Gustav

Ich deute es hingegen als: 'das wärs dann mit dem Verein gigaherz.ch gewesen' :yes:

Stimmt, die Formulierung lässt auch diese Deutung zu :-).

Für seine Verhältnisse war HUJ in seiner Abschiedsrede als Präsident ungewohnt sentimental gestimmt und stellenweise sogar selbstkritisch. Inhaltlich habe ich deshalb nicht viel zu meckern.

Über sich und Rebekka Meier schreibt er:

[...] Mit diesem gemeinsamen Auftritt konnten wir gleichzeitig demonstrieren, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen, wie das von der Mobilfunkbranche und deren Mobbing-Beauftragten seit Monaten versucht wird. [...]

Die weißen Mäuse, von denen er sich seit 20 Jahren umzingelt sieht, sind noch da.

Jakob über die Richtungsdämpfung von Antennen

Weiter hinterlässt Jakob seinen Anhängern eine Übung in Hirnakrobatik:

[...] Die heute infolge Reflektionen erlaubte Richtungsdämpfung von maximal 15dB (Faktor 32) bei der Strahlungsberechnung soll aufgehoben werden, was nach Antennendiagramm eine Richtungsdämpfung von 25dB oder Faktor 320 zur Folge hat, was zum Korrekturfaktor hinzuaddiert, nochmals 10mal mehr Sendeleistung ermöglicht. [...]

Die Richtungsdämpfung einer Mobilfunkantenne entsteht infolge ihrer Richtwirkung, die ihrerseits eine Folge der Anzahl, Anordnung und gezielt phasenverschobener Speisung der Elementarantennen eines Antennenarrays ist. Mit Reflexionen hat all das nichts zu tun.

Nahezu unverständlich ist mMn sein dB-Rechenexempel. Die Aufhebung einer Richtungsdämpfung von maximal 15 dB soll "nach Antennendiagramm" eine Richtungsdämpfung von 25 dB zur Folge haben. Wer soll das verstehen? Wer sich derart unverständlich ausdrückt, hat einen Sachverhalt nicht verstanden. Begegneten mir beruflich beim Recherchieren in F&E-Abteilungen solche Auskünfte, wusste ich auf der Stelle, ich muss mir eine andere Auskunftsperson suchen.

Was also könnte HUJ mit dem Kauderwelsch meinen?

Ich versuch mal eine Deutung.

Bezogen auf die Hauptstrahlrichtung gibt die Richtungsdämpfung an, um wie viel die Immission abseits des Hauptstrahls schwächer wird. Bei wenigen Winkelgrad Abweichung ist die Dämpfung gering, bei großen Abweichungen von z.B. 45° und mehr ist sie groß. Dies gilt für Richtantennen, Rundstrahlantennen haben idealerweise gar keine Richtungsdämpfung. Das Ganze muss man nicht nur in der horizontalen Ebene betrachten, sondern auch in der vertikalen. Schon anno Tobak war es so, dass bei der Berechnung der Immission an "Omen" durch herkömmliche Sektorantennen eine maximale (vertikale) Richtungsdämpfung von 15 dB angenommen wurde, obwohl bekannt war, dass die tatsächliche Dämpfung je nach Lage des "Omen" zum Hauptstrahl deutlich höher seien konnte. Zulässig war dies, weil dadurch die berechnete Immission höher war als die tatsächliche (Quelle). Da das Antennendiagramm herkömmlicher Sektorantennen statisch ist, konnte die einmal gefundene zulässige Ausrichtung einer Antenne in aller Regel für lange Zeit beibehalten werden.

Seit 2019 ist alles anders

Mit 5G und adaptiven Antennen wurde ab 2019 alles anders. Hatten herkömmliche Sektorantennen noch einen Öffnungswinkel von 120°, also eine sehr schwache horizontale Richtungsdämpfung, um eine Funkzelle abzudecken, ist der Öffnungswinkel adaptiver Antennen sehr klein (starke Richtwirkung) und die Richtungsdämpfung sehr hoch. Um mit so einer Antenne dennoch eine Funkzelle abdecken zu können, lässt sich der Hauptstrahl (in einem 120°-Sektor) elektrisch in beliebige Richtungen dorthin lenken, wo ein Mobiltelefon momentan in Gebrauch ist und versorgt werden muss.

Es liegt auf der Hand: Eine dynamisch steuerbare adaptive Antenne stellt an die Einhaltung der Anlagegrenzwerte ganz andere Anforderungen als statisch ausgerichtete herkömmliche Sektorantennen. Dem wurde in der Schweiz mit der Einführung des "Korrekturfaktors" für die bewilligte Strahlungsleistung Rechnung getragen. Eine Beibehaltung der alten Regelung, dass die maximale (vertikale) Richtungsdämpfung mit 15 dB angenommen wird, wäre ein Anachronismus. Denn situationsabhängig übertrifft die Richtungsdämpfung bei adaptiven Antennen jene von herkömmlichen Sektorantennen bei Weitem. Aber: Adaptive Antennen sind merklich "schlauer" als ihre Vorgänger, theoretisch ließe sich das verzwickte Problem der dynamischen Richtungsdämpfung mit Sendeleistungsbegrenzungen und -freigaben im Codebook einer Antenne standortbezogen lösen. Der Aufwand wäre allerdings enorm, denn ohne Selbstlernmodus müsste jede Antenne individuell passend zum Standort programmiert werden.

Wie genau Bafu/Bakom den Anachronismus nun beseitigen wollen, weiß weder HUJ noch ich. Eine statische Regelung, die Jakob zufolge pauschal 10-mal mehr Sendeleistung zulässt, sehe ich nicht. Denn dies könnte bei adaptiven Antennen richtungsabhängig zu einer unzulässigen Überschreitung der weiterhin gültigen Anlagegrenzwerte führen. Wahrscheinlich wird die neue Regelung komplizierter sein und daher das Gros der Mobilfunkgegner hoffnungslos überfordern. Einen Vorgeschmack gibt Abschnitt 2.2.2 in diesem Dokument.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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