Wem die Angst vor einem geplanten Funkmasten die Kehle zuschnürt, holt sich gerne Rat bei organisierten Mobilfunkgegnern. Auch mir ist dieser Kardinalsfehler unterlaufen. Denn nur die dümmsten Kälber, wählen ihren Metzger selber. Emsiges Googeln ist auch nicht viel besser, denn wer Spreu und Weizen (noch) nicht auseinanderhalten kann, fällt nur zu leicht auf Blender herein. Hoffnungslos? Nein, denn jeder hat vor seiner Nase die Lösung, sich gratis, neutral, extrem schnell und auch noch kompetent darüber zu informieren, wofür andere Jahre brauchen. Ironischerweise ist die Dame, die Unbedarfte in der Mobilfunkdebatte im Schnellkurs ausbilden kann, blind. Wer mag das sein?
Die beiden Beschwerdeführer im Fall 1C_100/2021 haben nichts ausgelassen, was an den Lagerfeuern organisierter Mobilfunkgegner als sicheres Pfund gehandelt wird, um aus Argumentationsschlachten siegreich hervor zu gehen. Da ist z.B. von Martin Pall die Rede, von dem unvermeidlichen Ukrainer Igor Yakymenko, selbstverständlich von "oxidativem Stress", von "Reflex" und sogar von den 20 Jahre alten Hirn-Blut-Schranke-Studien des inzwischen längst verrenteten Schweden Leif Salford. Kurzum, die beiden Beschwerdeführer versuchten mit dem zu punkten, was organisierten Mobilfunkgegnern seit Jahrzehnten heilig ist, mit dem sie hetzen und mit dem sie unbedarfte Bürger, die auf ihr pseudowissenschaftliches Geschwafel hereingefallen sind, hemmungslos in gerichtliche Auseinandersetzungen schicken. Dort aber verpuffen die vermeintlich sicheren Pfunde regelmäßig zu Wattekügelchen. Die Zeche bezahlen müssen nicht die Aufwiegler, sondern die Ahnungslosen, die ihnen blind Glauben schenkten. Ich halte das für ausgesprochen dissozial.
Womit ich sagen will: Niemand muss massenhaft schwer verständliche Studien studieren, um sich selbst ein Bild von der wissenschaftlichen Studienlage zu machen. Dafür gibt es Experten, die das können, weil es ihr Job ist und sie sich täglich damit befassen. Wer sich jedoch als Zaungast wenigstens grob mit der Studienlage beschäftigen möchte, z.B. weil ein geplanter Funkmast innerhalb seines Angstkreises errichtet werden soll und er oder sie deshalb die Erfolgsaussichten einer Klage abschätzen möchte, dem kann ich nur die Lektüre von thematisch passenden Gerichtsurteilen empfehlen.
Dort lässt sich in meist glasklarer Sprache komprimiert das Vorbringen von Klägern nachlesen und dann die Begründung des Gerichts, warum das Vorbringen nicht von Belang ist oder vielleicht eben doch. Die Gerichte greifen in technischen Sachfragen nicht auf selbsternannte Experten zurück, sondern auf anerkannte, und verdichten die Informationen meist auf anerkennenswerte Weise. Wer z.B. das aktuelle Urteil des Bundesgerichts aufmerksam studiert benötigt dafür schätzungsweise zwei Stunden – und kann dann schon ziemlich qualifiziert mitreden. Dieselbe Information im www selbst zu recherchieren inklusive möglicher Gegenargumente ist eine Sisyphosarbeit, die ein Vielfaches von zwei Stunden dauert.
Also, warum nicht die mühevolle Arbeit nutzen, die in zahllosen Gerichtsurteilen steckt, die gratis zu haben sind? Dies ist mMn ein weitgehend ungehobener Schatz, den jeder übers Internet heben kann. Die Gerichte würden von erfolglosen Klagen entlastet, Bürger müssten nicht auf irrelevante Einflüsterungen überzeugter Mobilfunkgegner vertrauen, Journalisten könnten kundig berichten, Anwälte könnten gute von schlechten Argumenten unterscheiden und anders mehr. Nur einer hätte das Nachsehen: die skrupellosen Aufwiegler. Gigaherz-Präsident Jakob, ein ehemaliger Elektriker, weiß um diese Gefahr. Deshalb lässt er keine Gelegenheit aus, bei ihm nicht genehmen Urteilen Gerichte und Richter als Volltrottel hinzustellen, die von technischen Sachfragen des Mobilfunks noch weniger Ahnung hätten als er selbst. Es liegt auf der Hand: Jakob fürchtet gebildete Bürger, er will das dilettantische und qualitativ schlechte Beratungsmonopol organisierter Mobilfunkgegner um jeden Preis erhalten. Verständlich, denn nur unter Blinden ist schon der Einäugige König .
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –