Adaptive und konventionelle Antennen im Immissionsvergleich (Technik)
Das Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom) hat im Dezember 2022 einen Messbericht veröffentlicht, der die Immission von herkömmlichen Antennen (UMTS, LTE) vergleicht mit der von adaptiven 5G-Antennen. Die Ergebnisse strafen die von 5G-Gegnern verbreiteten Gerüchte Lügen, mit 5G würde die EMF-Exposition der Bevölkerung dramatische Höchststände erreichen.
Der technische Bakom-Messbericht "Elektrische Feldstärken im Wirkbereich adaptiver und konventioneller Mobilfunkantennen" (Volltext) zeigt auf 46 Seiten textbegleitend viele Fotos, Tabellen und Grafiken mit Messwertverläufen. Die Rohdaten der Messkampagne bietet das Amt separat als Excel-Datei an. Für Laien dürfte der Inhalt des Berichts unverständlich sein, die folgende Zusammenfassung ist jedoch für jedermann verständlich:
Bestehende Mobilfunkanlagen werden seit April 2019 mit adaptiven Antennen erweitert. Adaptive Antennen verfügen im Vergleich zu den konventionellen Antennen über eine dynamische Abstrahlcharakteristik, wobei die Aussendung der Nutzdaten in Richtung des Endgerätes erfolgt. Da es sich dabei um eine neue Antennentechnologie handelt, führte das BAKOM von Herbst 2021 bis Frühling 2022 eine Messkampagne durch, mit dem Ziel die ankommenden Funksignale punktuell zu messen und zeitlich darzustellen. Dies gibt Aufschluss über die Aussendungseigenschaften der adaptiven und der konventionellen Antennen und zeigt die kombinierte Gesamtfeldstärke im Wirkbereich der Antennen.
Die Messungen erfolgten bei drei Mobilfunkanlagen von Swisscom, Sunrise und Salt, welche aktuell mit beiden Antennentechnologien bewilligt sind und so betrieben werden. Im Rahmen dieser Studie wurden Feldstärkemessungen an verschiedenen Standorten während jeweils zirka einer Woche durchgeführt. Gemessen wurde jeweils mindestens an je einem Aussen- und einem Innenstandort.
Die Messungen bestätigen bei konventionellen Antennen, dass sich während der Übertragung von Nutzdaten die Feldstärke im gesamten Wirkbereich der Antenne erhöht, unabhängig davon, wo sich der Empfänger befindet. Bei den adaptiven Antennen hingegen sind die Funksignale nur dann messbar, wenn die Endgeräte, welche Daten anfordern, sich in der Nähe des Messstandortes befinden. Dies zeigt sich durch tiefere Mittelwerte der Feldstärke bei den adaptiven Antennen im Vergleich mit konventionellen Antennen.
Im Gegensatz zu üblichen Messkampagnen, bei denen nur während weniger Minuten gemessen wird, fanden die Messungen des Bakom an jedem Messpunkt über sechs oder sieben Tage hinweg statt. Sie sind deshalb mehr als nur eine Momentaufnahme des EMF-Geschehens vor Ort. Und, – weil misstrauische Mobilfunkgegner bei amtlichen Messungen gerne Manipulation wittern, – die Mobilfunknetzbetreiber waren gemäß Bakom nicht darüber informiert, wo und wann die Messungen stattfanden.
Für Fachleute hier noch einige Auszüge aus der Analyse der Bakom-Messkampagne:
► Bei den konventionellen Antennen ist ein deutlicher Unterschied im Tagesverlauf der Feldstärke sichtbar. Tagsüber ist die Feldstärke erheblich höher als nachts. Bei den adaptiven Antennen hingegen ist der Feldstärkeunterschied im Vergleich zwischen Tag und Nacht gering und es heben sich jeweils die Signalspitzen des richtungsbezogenen Datenverkehrs heraus.
► Bei den adaptiven Antennen gehört von den installierten betriebenen Frequenzbändern die minimale Feldstärke zu den Tiefsten und das Verhältnis max/Mittel ist am Grössten. Dies deutet darauf hin, dass die Daten zum Nutzer richtungsbezogen übertragen werden und deshalb sind diese Daten für andere Empfänger nur mit sehr geringer Feldstärke messbar.
► In den Messdiagrammen sieht man, dass die beiden Kurven für alle Frequenzbänder mit und ohne 3,5 – 3,8 GHz-Band praktisch deckungsgleich sind.
► Bei den gemessenen Aussenmessstandorten ist die resultierende Gesamtfeldstärke (Mittelwert) nie höher als 1,4 V/m und der maximale Spitzenwert ist nie höher als 3,0 V/m.
► Bei den gemessenen Innenmessstandorten ist die resultierende Gesamtfeldstärke (Mittelwert) nie höher als 1,8 V/m und der maximale Spitzenwert ist nie höher als 3,6 V/m. Die Gesamtfeldstärke liegt immer deutlich unter der «elektrischen Feldstärke der Anlage» gemäss Berechnung nach Standortdatenblatt des zugehörigen OMENs und sowieso unterhalb des Anlagegrenzwertes von 5 V/m.
► Die Feldstärkenspitzenwerte der Funkbänder adaptiver Antennen sind an drei der zehn Messstandorten grösser als die Spitzenwerte der Funkbänder konventioneller Antennen. Jedoch sind sie immer unter von 2,5 V/m.
► Die Verhältnisse max/Mittel liegen bei konventionellen Antennen im Bereich von 1,8 – 4,4. Sie sind damit deutlich kleiner als bei adaptiven Antennen, bei denen sie im Bereich von 3,8 – 10,5 liegen. Dies ist ein klarer Hinweis auf die richtungsbezogene Aussendung der Nutzdaten.
► Der Anteil der installierten Sendeleistungen [Werp] für die adaptiven Antennen beträgt zwischen 11 Prozent und 40 Prozent der gesamten installierten Sendeleistung [Werp] im betrachteten Sektor.
Falsche Propheten
Schon bevor 5G eingeführt wurde, schürten Mobilfunkgegner in aller Welt nach Leibeskräften irrationale Ängste gegenüber der neuen Mobilfunktechnik. Besonders beliebt waren Horrorszenarien einer dramatisch zunehmenden "Strahlenbelastung", die mit 5G über uns hereinbrechen würde. Zwei Kostproben mögen dies verdeutlichen. Die erste entspringt einem internationalen Appell des "elektrosensiblen" US-Amerikaners Arthur Firstenberg, der das Ziel hat:
Stopp 5G auf der Erde und im Weltraum. Gemäß nicht nachprüfbaren Angaben des Initiators haben bislang weltweit rd. 303'700 Menschen den Appell unterzeichnet. Die relativ hohe Anzahl erklärt sich damit, dass der Appell seit Oktober 2019 online ist (bis heute 3 Jahre plus 3 Monate) und kein Enddatum hat:
[...] Werden die Pläne der Telekommunikationsindustrie für den Ausbau von 5G tatsächlich wie vorgesehen umgesetzt, so wird kein Mensch, kein Tier, kein Vogel, kein Insekt und keine Pflanze auf diesem Planeten den aus 5G resultierenden Belastungen entkommen können. Dies gilt 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr, bei Feldstärken von HF-Strahlung, die um das zehn- bis hundertfache höher sind als heute, und ohne jede Möglichkeit, diesen elektromagnetischen Einflüssen noch irgendwo auf dem Planeten zu entkommen. [...]
5G sollte also angeblich die Strahlungsbelastung der Bevölkerung durch Mobilfunk um das 10- bis 100-Fache anheben.
Geht es um technische Desinformation zu Mobilfunk, kommt niemand an dem Schweizer Verein Gigaherz und dessen Präsidenten H.-U. Jakob, einen greisen Ex-Elektriker, vorbei. Bedient sich dann noch eine umstrittene christliche Sekte in der Schweiz (OCG, betreibt mit kla.tv einen eigenen Internet-TV-Sender) der Desinformation von Jakob, kommt ein unbeschreibliches Sammelsurium an pseudotechnischem Stuss dabei heraus:
Aus den Behauptungen, die das Video wie am Fließband auftischt, habe ich nur zwei herausgefischt:
► Icnirp soll den Referenzwert für 5G-Funksignale von 61 V/m (gültig für Privatpersonen) auf 90 V/m angehoben haben (min. 5:20).
Diese Desinformation wurde sogar in einem fremdproduzierten TV-Beitrag verbreitet, der vom ZDF im Juli 2019 ausgestrahlt wurde. Es war unerwartet mühsam, das ZDF davon zu überzeugen, dass der TV-Sender einer Falschinformation aufgesessen war.
► Mit 5G soll der Schweizer Anlagegrenzwert (6 V/m) in 50 Meter Abstand zu einer 5G-Funkantenne um das 5-fache überschritten werden (min. 6:30).
Die Messungen des Bakom bestätigen die von Firstenberg und Jakob prophezeiten Grenzwertüberschreitungen in keiner Weise. Allerdings nennt das Bakom auch keinen Abstand zwischen Messpunkt und Funkantenne, sondern nur die geographischen Koordinaten der Messorte, mit denen man in der Schweizer Senderkarte den Messort finden und dort den Abstand zur Antenne messen kann. Dabei zeigte sich, dass z.B. der Messstandort #1 rd. 110 Meter Abstand zur Antenne hat. Mit dort gemessenen max. rd. 0,7 V/m für 5G wäre der Anlagegrenzwert jedoch auch bei nur 50 Meter Abstand noch sicher eingehalten und unter keinen Umständen 5-fach überschritten.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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