Lobbyismus: ÖDP-Europaabgeordneter schwärmt für Baubiologie (Allgemein)
Dem Verband Deutscher Baubiologen (VDB) wurde die seltene Anerkennung zuteil, von dem ÖDP-Europaabgeordneten Klaus Buchner empfohlen zu werden. Buchner, der hierzulande wie kaum ein anderer gegen Mobilfunk polemisiert, nährt damit fulminant Vorbehalte, die ihm eine auffällige Nähe zu den Profiteuren von irrationalen Ängsten gegenüber Funkstrahlung vorwerfen.
Buchner gibt auf seiner Website "Mobilfunk aber modern" sein huldvolles Bekenntnis für Baubiologen des VDB so überraschend unverblümt ab, dass man meinen könnte, auf der Website des VDB selbst gelandet zu sein:
Hilfe vom Baubiologen
Rufnummer 04183 / 77 35 301
Der Berufsverband Deutscher Baubiologen VDB e. V. ist ein unabhängiges deutschlandweites Netzwerk von baubiologischen Sachverständigen, die Wohn- und Arbeitsräume nach anerkannten Richtlinien professionell im Hinblick auf Schimmelpilzbefall, Schadstoffbelastung und die Intensität elektromagnetischer Strahlung untersuchen.
Unter der Rufnummer 04183 / 77 35 301 vermitteln wir Ihnen den Kontakt zu Baubiologen in Ihrer Nähe [die Rufnummer ist die des VDB!; Anm. Postingautor], die Sie im kurzen telefonischen Erstgespräch kostenfrei beraten.
Alternativ können Sie auf unserer Homepage https://www.baubiologie.net/ selbst nach unseren baubiologischen Sachverständigen recherchieren. Sie finden auf jeder Seite im linken Bildrand eine Suchmaske.
Der Seitenbetreiber Prof. Dr. Klaus Buchner erhält keine finanziellen oder sonstigen Zuwendungen des Verbandes. Er empfiehlt diesen lediglich als mögliche Kontaktstelle.
Doch ganz geheuer ist dem bald 79-Jährigen sein Bekenntnis offensichtlich selbst nicht. Er hat durchaus bemerkt, mit seiner ungenierten Werbung für den VDB hat er Grenzen überschritten. Im letzten Absatz versucht er deshalb das negative Bild zu korrigieren, das sich einem Leser seines Textes Zeile für Zeile im Kopf aufbaut, so wie sich früher ein TV-Bild im Zeilensprungverfahren am Bildschirm formte.
Bei mir verfängt die Korrektur jedoch nicht. Es mag schon sein, dass Buchner keine Zuwendungen der Baubiologen bekommt, doch der Korrekturversuch schließt nicht aus, dass Buchners Partei in den Genuss der Zuwendungen kommt. Und seine Partei ist für den Europaabgeordneten Lebenszweck, für seine ÖDP gibt er alles.
Nicht weniger kraftlos ist die Entschuldigung, Buchner empfehle den VDB "lediglich als mögliche Kontaktstelle". Denn wer nur eine einzige Empfehlung ausspricht, der lässt einem Ratsuchenden keine andere Wahl, als genau dieser Empfehlung zu folgen. Ein anderes Wort für diese verlogene Form einer Empfehlung ist "Werbung". Wollte Buchner dem Vorwurf der offensichtlichen Werbung für den VDB entgehen, er hätte es wie viele andere in ähnlichen Situationen machen können und seiner ratsuchende Leserschaft nicht eine einzige Anlaufstelle anbieten dürfen, sondern mehrere zur Auswahl. Das aber hat er nicht getan. Nicht einmal den zweiten deutschen Lobbyverein der Baubiologen, den in Konkurrenz zum VDB stehenden Verband Baubiologie (VB) hält Buchner für erwähnenswert.
Entscheidend aber und unverzeihlich an Buchners Werbetext ist freilich nicht seine Missachtung des VB, sondern die Tatsache, dass ein vom Volk gewählter Europaabgeordneter seine Popularität und Autorität dazu missbraucht, verstörte Bürger zu Baubiologen zu schicken, zu einer Berufsgruppe also, die zweifelsfrei kommerzielle Interessen in der Mobilfunkdebatte hat. Baubiologen wollen erstrangig nicht Hilfe leisten, wie Buchner behauptet, sondern Umsatz machen, schließlich lebt die Branche zu einem guten Teil davon, Ängstliche über Elektrosmog zu beraten, diesen zu messen und zu schirmen. Buchner bedient diese Geschäftsinteressen, indem er der Branche gezielt Kunden zuführt. Das ist unseriös.
Seriös wäre es, würde der ÖDP-Mann seine Leser zu kompetenten Beraten schicken, die neutral, ohne kommerzielle Hintergedanken und auf dem Boden der anerkannten Wissenschaft stehend über das angebliche Risiko Mobilfunk Auskunft geben können. Solche Leute gibt es nicht haufenweise wie Baubiologen, doch es gibt sie, auch wenn Buchner es hartnäckig bestreitet, beim Bundesamt für Strahlenschutz, bei den Landesämtern für Umwelt, bei der Strahlenschutzkommission, den Umweltambulanzen von Universitätskliniken oder beim EMF-Portal der RWTH Aachen.
Klaus Buchner scheint dem Lebensmotto zu folgen: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Seine Kapriolen werden mit fortschreitendem Alter jedenfalls deftiger. Die Frage, warum die ÖDP sich die Narreteien des alten Herrn gefallen lässt und den einstigen Bundesvorsitzenden nicht zur Mäßigung bewegen kann, ist berechtigt. Eine Antwort darauf gibt es <hier>.
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –