Schweizer 5G-Paralyse dauert angeblich weiter an (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 05.06.2021, 00:49 (vor 1297 Tagen)

Die Schweiz foltert ihre Mobilfunknetzbetreiber seit der 5G-Lizenzversteigerung mehr denn je. Das basisdemokratische Land tut sich schwer, substanzielle Differenzen in Sachfragen effizient zu lösen, vielleicht weil zu viele Köche meinen, ihre Vorstellungen vom bestmöglichen Zubereiten eines Breis unbedingt mit einbringen zu müssen. Nach dem kürzlichen Schwexit der Eidgenossenschaft will nun ein unerträglich selbstgewisser Ex-Elektriker das Land auch noch von sämtlichen 5G-Antennen befreien.

Im Februar 2019 ersteigerten die Schweizer Mobilfunknetzbetreiber für 380 Mio. CHF bis 2034 gültige Lizenzen für die Bänder 700 MHz, 1400 MHz und 3500 MHz. Zügig bauten sie anschließend die 5G-Flächenversorgung auf den tieferen Frequenzen aus. Dann begann das Warten, denn der Bund hatte für die Bewilligung adaptiver Antennen im 3,5-GHz-Band (Kapazitätsversorgung) keine Vollzugempfehlung für die Kantone und Gemeinden zur Hand. Doch ohne diese wollten und konnten Kantone Baugesuche für die neuen Antennen nicht bewilligen, es kam zu einem Bewilligungsstau. Notdürftig wurden adaptive Antennen einstweilen wie gewöhnliche Antennen (ohne Beamforming) bewilligt, wodurch die Leistungsfähigkeit der neuen Antennen jedoch in etwa so begrenzt wurde, als ob ein Sportwagen nur mit angezogener Handbremse in Gang gesetzt werden darf. Erst zwei Jahre nach der Versteigerung legte das Bafu im Februar 2021 die Vollzugsempfehlung vor, mit der die Handbremse für adaptive Antennen endlich gelöst werden und der Bewilligungsstau sich auflösen sollte.

Doch kaum war dieses Problem gelöst, taten sich neue auf, wie Schweizer Mobilfunkgegner berichteten.

► Gemäß dem Verein E-Smog Hadlikon wird die Vollzugsempfehlung des Bafu für "5G-fähige Antennen" im Moment von keinem Kanton angewendet. Grund: Sie wird derzeit durch die Bpuk (Konferenz der kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektion) fachlich und rechtlich geprüft. Ob dies zutrifft oder nur Wunschdenken des Vereins ist habe ich bei der Bpuk angefragt.

► Ein ganz anderes Hindernis für 5G-Antennen sehen Gigaherz-Präsident Jakob und einige Schweizer Medien. Sie erkennen, begrenzt auf den Kanton Bern, eine weitere Blockade der Bewilligungen wegen einer juristischen Hürde. Ein Rentner-Ehepaar sieht sich von einer seit 2018 geplanten 5G-Antenne in Steffisburg (nahe Thun) bedroht und klagte gegen deren Errichtung bis vors Bundesgericht. Dort liegt der Fall nun und wartet auf die höchstrichterliche Entscheidung, ob die Antenne errichtet werden darf – oder eben nicht. Bis zur Entscheidung des Bundesgerichts liegen nun mindestens im Kanton Bern anstehende Baugesuche für 5G-Antennen angeblich auf Eis. Ob es sich bei der strittigen 5G-Antenne um ein gewöhnliches Modell handelt (wahrscheinlich) oder um eine adaptive Antenne (unwahrscheinlich) geht aus den Meldungen nicht hervor. Sollte es sich um eine gewöhnliche 5G-Antenne handeln sehe ich für die beiden Kläger schwarz, denn aus meiner Sicht gibt es keinerlei substanzielle Gründe, deren Bewilligung zu untersagen. Wie in solchen Fällen üblich führen die Kläger als Gründe auch nichts an, was über das hinlänglich bekannte Munkeln & Raunen in der Anti-Mobilfunk-Szene hinaus geht. Daran ändert auch die Berufung auf den neuen gegenwärtig sehr beliebten Popanz "oxidativer Stress" nichts.

Gigaherz-Jakob nutzt die Gelegenheit, Politiker der Schweiz mit den bizarren Forderungen eines ewig Gestrigen zu konfrontieren. Frei nach dem unvergessenen Monaco Franze (A bissel was geht immer) verlangt der Ex-Elektriker vom Bund, den Mobilfunkbetreibern die Konzessionsgebühren von 380 Millionen zurück zu erstatten, per Gesetz jegliche weiteren 5G-Bauvorhaben zu untersagen und bereits ausgeführte zurück bauen zu lassen. Drunter macht er's nicht. Der rüstige Neuzeit-Tell 2.0 will unbedingt als Statuen-Held in die Geschichte der Schweiz eingehen :-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Verein E-Smog Hadlikon verbreitet Halbwahrheit

H. Lamarr @, München, Dienstag, 08.06.2021, 01:33 (vor 1294 Tagen) @ H. Lamarr

► Gemäß dem Verein E-Smog Hadlikon wird die Vollzugsempfehlung des Bafu für "5G-fähige Antennen" im Moment von keinem Kanton angewendet. Grund: Sie wird derzeit durch die Bpuk (Konferenz der kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektion) fachlich und rechtlich geprüft. [...]

Der Verein verbreitet nur die halbe Wahrheit. In der Fragestunde des Schweizer Parlaments sagte Bundesrätin Sommaruga am 7. Juni 2021:

In der Vollzugsempfehlung [des Bafu] ist nicht angegeben, ob ein Genehmigungsverfahren erforderlich ist. Die Genehmigungsverfahren für Mobilfunkanlagen liegen in der Verantwortung der Kantone. Aufgrund der verfassungsmässigen Gewaltenteilung zwischen Bund und Kantonen sind die Kantone in der Wahl des Verfahrens zur Anwendung des Bundesrechts und damit auch der Vollzugsempfehlung frei. Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Bau-, Raumplanungs- und Umweltdirektoren klärt derzeit die Rechtslage in Bezug auf die bereits genehmigten Antennen.

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Schweiz: Bpuk empfiehlt Bewilligungsstopp in Bagatellverfahren

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 09.06.2021, 22:48 (vor 1292 Tagen) @ H. Lamarr

► Gemäß dem Verein E-Smog Hadlikon wird die Vollzugsempfehlung des Bafu für "5G-fähige Antennen" im Moment von keinem Kanton angewendet. Grund: Sie wird derzeit durch die Bpuk (Konferenz der kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektion) fachlich und rechtlich geprüft. Ob dies zutrifft oder nur Wunschdenken des Vereins ist habe ich bei der Bpuk angefragt.

Gemäß ihrer Auskunft von heute ist die Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz momentan daran zu prüfen, welchen Einfluss die neue Vollzugshilfe des Bafu auf die Mobilfunkempfehlungen der Bpuk von 2019 hat. Diese Abklärungen laufen zurzeit und werden ein paar Wochen dauern. Bis diese Abklärungen abgeschlossen sind, wurde gegenüber den Bpuk-Mitgliedern die Empfehlung ausgesprochen, vorläufig keine adaptiven Antennen gemäß dem Bagatellverfahren zu genehmigen. Ob alle Kantone dieser Empfehlung nachkommen, kann die Bpuk allerdings nicht sagen. Was unter Bagatellverfahren zu verstehen ist, lässt sich in den Mobilfunkempfehlungen der Bpuk nachlesen.

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Schweiz: Bpuk will Rechtssicherheit bei 5G

H. Lamarr @, München, Freitag, 09.07.2021, 22:38 (vor 1262 Tagen) @ H. Lamarr

► Gemäß dem Verein E-Smog Hadlikon wird die Vollzugsempfehlung des Bafu für "5G-fähige Antennen" im Moment von keinem Kanton angewendet. Grund: Sie wird derzeit durch die Bpuk (Konferenz der kantonalen Bau-, Planungs- und Umweltdirektion) fachlich und rechtlich geprüft. Ob dies zutrifft oder nur Wunschdenken des Vereins ist habe ich bei der Bpuk angefragt.

Gemäß ihrer Auskunft von heute ist die Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz momentan daran zu prüfen, welchen Einfluss die neue Vollzugshilfe des Bafu auf die Mobilfunkempfehlungen der Bpuk von 2019 hat. Diese Abklärungen laufen zurzeit und werden ein paar Wochen dauern. Bis diese Abklärungen abgeschlossen sind, wurde gegenüber den Bpuk-Mitgliedern die Empfehlung ausgesprochen, vorläufig keine adaptiven Antennen gemäß dem Bagatellverfahren zu genehmigen. Ob alle Kantone dieser Empfehlung nachkommen, kann die Bpuk allerdings nicht sagen. Was unter Bagatellverfahren zu verstehen ist, lässt sich in den Mobilfunkempfehlungen der Bpuk nachlesen.

Gigaherz-Präsident Jakob berichtet so unsachlich über das angebliche Ergebnis der Bpuk-Prüfung, dass seine Meldung wertlos ist und die Originalquelle zu Rate gezogen werden muss. Jakob gibt diese wieder einmal nicht preis, wir schon.

Bittesehr, hier ist die Medienmitteilung der Bpuk vom 6. Juli 2021 (Auszug) ganz ohne die märchenhaften Ausschmückungen eines Ex-Elektrikers:

Kantone wollen Rechtssicherheit bei Mobilfunk

Mit einem Gutachten (Zusammenfassung ist zweisprachig französisch/deutsch, die vollständige deutsche Übersetzung wird Ende Juli 2021 verfügbar sein) liess die BPUK abklären, ob aufgrund der neuen Vollzugshilfe des Bundes zur Genehmigung von adaptiven Mobilfunkantennen das vereinfachte Bewilligungsverfahren angewendet werden kann. Das Gutachten liegt nun vor. Die Kantone wollen Rechtssicherheit und machen deshalb weitere vertiefte Abklärungen.
[...]
Aus dem Gutachten wird ersichtlich, dass aufgrund der vom Bund vorgegebenen Rechtsgrundlage adaptive Antennen nicht im sogenannten Bagatellverfahren genehmigt werden können, wie es die BPUK-Mobilfunkempfehlungen für konventionelle, nicht adaptive Antennen vorsehen. Somit sollten adaptive Antennen nur noch in einem ordentlichen Baubewilligungsverfahren genehmigt werden. Dies wird einen erhöhten Aufwand für die kantonalen Bewilligungsbehörden sowie längere Bearbeitungsfristen bei der Einführung von 5G mit sich bringen.

Rechtssicherheit und Gesetzeskonformität sind essentiell Rechtssicherheit und Gesetzeskonformität sind für die Kantone essentiell. Deshalb werden über den Sommer vertiefende Abklärungen gemacht. Der Vorstand der BPUK hat deshalb den Kantonen empfohlen, bis Ende September 2021 keine adaptiven Antennen gemäss dem Bagatellverfahren mehr zu genehmigen. Die Kantone sind frei, ob sie sich an diese Empfehlung halten wollen oder nicht. [...]

Hintergrund
Vereinfachte Bewilligungsverfahren als Zankapfel bei 5G-Antennen (Computerworld vom 7. Juli 2021)
5G: Potenzial von Antennen darf ausgeschöpft werden (Swiss IT Magazine vom 5. Juli 2021)

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Bpuk: 5G-Rechtsgutachten jetzt im Volltext (deutsch)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 12.09.2021, 22:22 (vor 1197 Tagen) @ H. Lamarr

Mit einem Gutachten (Zusammenfassung ist zweisprachig französisch/deutsch, die vollständige deutsche Übersetzung wird Ende Juli 2021 verfügbar sein) liess die BPUK abklären, ob aufgrund der neuen Vollzugshilfe des Bundes zur Genehmigung von adaptiven Mobilfunkantennen das vereinfachte Bewilligungsverfahren angewendet werden kann. Das Gutachten liegt nun vor. Die Kantone wollen Rechtssicherheit und machen deshalb weitere vertiefte Abklärungen.

Das 97-seitige Rechtsgutachten (Volltext in deutsch) gibt es hier.

Die NZZ kommentiert das Papier am 10. September 2021 mit einer ziemlich verwegenen Begründung, warum Mobilfunknetzbetreiber adaptive Antennen für 5G errichten:

[...] Die Autoren legen im Gutachten allerdings nur den theoretischen Rahmen für Bewilligungsverfahren, kritisieren aber keine konkreten Fälle aus der Praxis. Ausserdem schreiben sie, dass es nicht ihr Auftrag gewesen sei, Empfehlungen an die Behörden zu formulieren, sondern «den Spielraum der Kantone» zu überprüfen.

Möglich sind Bagatellverfahren nur, wenn die Antennen auch nach der Aufrüstung die Grenzwerte für Strahlung nicht überschreiten. Daher setzen die Mobilfunkbetreiber adaptive Antennen ein, die das 5G-Signal nur in Richtung der Nutzer sendet.

Der Verein "Schutz vor Strahlung" nimmt am 6. September 2021 das Gutachten zum Anlass, eine dramatische "Medienmitteilung" zu verfassen: «Tausende Antennen illegal umgerüstet!». Bis heute, 12. September, hat gemäß Google News allerdings kein einziges Blatt auf diese Mitteilung zurück gegriffen, stattdessen labte sich daran z.B. der Schweizer Elektrosmog-Hansdampf Urs Raschle. Der Verein behauptet u.a. keck, hunderte Anlagen (mit adaptiven Antennen) in Landwirtschaftszonen müssten nun abgeschaltet werden. Mutmaßlich ist dies purer Blödsinn, denn adaptive Antennen sind bekanntlich für von Menschen stark frequentierte Hotspots in Ballungszonen vorgesehen. Solange Kühe, Schafe, Ziegen, Weizen oder Zuckerrüben in ihren Landwirtschaftszonen nicht breitbandig telefonieren, wird mMn auch eine Versorgung dieser Kundschaft mit adaptiven Antennen auf sich warten lassen. Oder kurz gesagt: Wo keine adaptiven Antennen sind, ist deren Abschaltung ein äußerst schwieriges Unterfangen. Möglicherweise hat die Verfasserin der dramatischen "Medienmitteilung" im Eifer des Gefechts gewöhnliche 5G-Antennen für die Flächenversorgung von Landeiern mit adaptiven 5G-Antennen für die Kapazitätsversorgung von Städtern verwechselt. Was auch so manchem Schweizer Journalisten schon passiert sein könnte, wenn ich mir den Streitfall "Jaberg" (ein 300-Seelen-Dorf im Kanton Bern) und einen Text der Gemeindepräsidentin so ansehe ... :lookaround:.

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Bpuk: Kantone suchen Konsens mit Bund und Netzbetreibern

H. Lamarr @, München, Samstag, 25.09.2021, 22:58 (vor 1184 Tagen) @ H. Lamarr

Anlässlich ihrer Hauptversammlung am 23. September 2021 hat die Bpuk sich zu einem gemeinsamen Prozess bekannt, um die offenen Fragen zu klären. Bpuk, Uvek und Mobilfunkbetreiber wollen die offenen Punkte gemeinsam bis Ende Jahr klären. Dabei sollen neben beim Schutz der Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung die
Rechts- und Planungssicherheit im Zentrum stehen.

"Zudem wünscht die Hauptversammlung der BPUK vom Bund eine rasche Anpassung der Verordnung über den Schutz nichtionisierender Strahlung (NISV)", sagt Bpuk-Präsident Stephan Attiger, Regierungsrat Kanton Aargau. "Damit können zurzeit bestehende Unklarheiten bereinigt werden."

"Die Kantone stehen für Rechtssicherheit und faire Verfahren", sagt Jean-François Steiert, Vizepräsident der Bpuk und Regierungsrat des Kantons Freiburg. "Deshalb empfiehlt die Bpuk den Kantonen, bis zum Abschluss der Arbeiten das Bagatellverfahren auszusetzen." Zudem wurden die Bpuk-Mobilfunkempfehlungen bis zum Ende dieses Prozess sistiert.

Weitere offene Vollzugsfragen sollen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zwischen Vertretungen der Bpuk, des Uvek und der Mobilfunkbetreiber diskutiert werden. weiter zur Bpuk-Medienmitteilung ...

Die BaZ schreibt dazu am 23. September 2021:

[...] Grüter [Präsidenten des Schweizerischen Verbandes für Telekommunikation] geht jedoch davon aus, dass die Rechtsunsicherheit bis Ende Jahr behoben sein wird. Bis dahin würden die Mobilfunkantennenbetreiber keine weiteren, bereits bewilligten 5G-Antennen in Betrieb nehmen. Die bereits laufenden Antennen jedoch blieben unter Anwendung des Korrekturfaktors auch weiterhin aktiv. [...]

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Zeitung "Blick" sieht 5G in der Schweiz vor dem Aus

H. Lamarr @, München, Samstag, 09.10.2021, 22:21 (vor 1170 Tagen) @ H. Lamarr

Anlässlich ihrer Hauptversammlung am 23. September 2021 hat die Bpuk sich zu einem gemeinsamen Prozess bekannt, um die offenen Fragen zu klären. Bpuk, Uvek und Mobilfunkbetreiber wollen die offenen Punkte gemeinsam bis Ende Jahr klären. Dabei sollen neben beim Schutz der Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung die Rechts- und Planungssicherheit im Zentrum stehen.

Was sich in der zitierten Textpassage noch undramatisch liest, wurde am 6. Oktober von der Schweizer Tageszeitung "Blick" zum Drama hochgejazzt:

5G-Desaster für Swisscom und Co.

«Es wird Anzeigen hageln!»

3000 Einsprachen gegen neue 5G-Antennen wurden in der Schweiz schon gemacht. Jetzt kommts für Swisscom und Co. noch dicker. Das neue Netz steht vor dem Aus.

Doch schaut man sich an, auf welcher Faktengrundlage Artikelautor Danny Schlumpf seine düstere Prognose stützt, findet sich das kleinstmögliche Kartenzelthaus, bestehend aus zwei niedrigen Karten, die irgendwo unterhalb von Bube, Dame, König, Ass angesiedelt sind:

► Anita Schälin (45), Verein «5G-freies Obwalden»
► Rebekka Meier (30), Verein «Schutz vor Strahlung»

Mag schon sein, dass die Hoffnungen der kleinen Damenriege auf eine hohe Einsprachewelle in Erfüllung gehen. Die Anzahl von Einsprachen ist jedoch ein höchst trügerisches und irreführendes Maß, denn gefühlt wird die überwiegende Mehrzahl aller Einsprachen im Instanzenweg als unbegründet abgelehnt. Rein gefühlt ist meine Einschätzung nicht, denn vor ein paar Wochen habe ich mir angesehen, wie häufig Einsprachen bis vors Bundesgericht gekommen sind. Das Ergebnis war überraschend mager und wenn ich mich recht entsinne, hatten Entscheide zugunsten beseelter Einsprecher zudem Seltenheitswert. Sollte das Zeitbudget es hergeben, werde ich das systematischer und damit belastbarer wiederholen.

Nein, aus meiner Sicht wird Danny Schlumpfs Prognose nicht in Erfüllung gehen und 5G nicht aus der Schweiz vertrieben werden, obwohl dies, um den Schweizern ihre 5G-Paranoia ein für allemal auszutreiben, ein sicherlich äußerst wirksames ultimatives Heilmittel wäre. Wenn die desinformierte Bevölkerung es mehrheitlich wirklich so will, dann 5G einfach auslassen, kollektives Heulen und Zähneknirschen standfest aussitzen, und in zehn oder 15 Jahren 6G als bejubelten Erlöser von den Qualen ganz ohne bizarres Theater im Land zügig einführen. Das wäre ein sozial-ökonomisches (auch -ökokomisches) Experiment von Weltgeltung :-).

Leider wird es so nicht kommen. Realistisch hingegen ist das Szenario, dass im Hürdenlauf der Schweizer Mobilfunknetzbetreiber noch eine Hürde mehr aufgestellt und im Stabhochsprung von Politik, Behörden und Justiz die Latte noch ein Stückchen höher aufgelegt wird. Die Zeche für den Alptraum zahlt letztendlich die Bevölkerung des Alpenstaates.

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Bpuk entscheidet am 4. März über das weitere Vorgehen

H. Lamarr @, München, Dienstag, 15.02.2022, 15:52 (vor 1041 Tagen) @ H. Lamarr

Der Bundesrat hat im vergangenen Dezember für Klarheit im Umgang und den neuen adaptiven 5G-Antennen gesorgt. Er erhöht damit die Rechtssicherheit. Nun liegt es an den Kantonen, die Regeln zeitnah umzusetzen. Hierfür wird die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz BPUK am 4. März voraussichtlich einen Richtungsentscheid fällen.

Quelle: Mailing der Initiative Chance 5G vom 14. Februar 2022

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BPUK mit neuen Mobilfunkempfehlungen

H. Lamarr @, München, Dienstag, 08.03.2022, 23:56 (vor 1020 Tagen) @ H. Lamarr

Der Bundesrat hat im vergangenen Dezember für Klarheit im Umgang und den neuen adaptiven 5G-Antennen gesorgt. Er erhöht damit die Rechtssicherheit. Nun liegt es an den Kantonen, die Regeln zeitnah umzusetzen. Hierfür wird die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz BPUK am 4. März voraussichtlich einen Richtungsentscheid fällen.

Die Bpuk hat ihre Mobilfunkempfehlungen überarbeitet und genehmigt. Diese Empfehlungen sind ein freiwilliges Hilfsinstrument für die Kantone bei der Bewilligung von adaptiven und herkömmlichen Mobilfunkantennen. Damit wird die Rechtssicherheit auch im Umgang mit adaptiven Antennen gestärkt und die Basis gelegt für einen möglichst einheitlichen Vollzug in der Schweiz. Der Schutz vor Strahlung bleibt bestehen. Zudem fordert die Bpuk vom Bund eine ordentliche Revision der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV). Dabei soll nicht die Technologie, sondern der Schutz der Bevölkerung in den Vordergrund gestellt werden.

Zum Download der BPuk-Mobilfunkempfehlungen vom 4. März 2022

Der Schweizerische Verband der Telekommunikation (asut) begrüsst die Einführung der neuen Mobilfunkempfehlungen zum 1. April 2022. Gleichzeitig bedauert der Branchenverband, dass sich die Kantone nicht deutlicher für eine Modernisierung der Mobilfunkinfrastruktur ausgesprochen haben.

Noch bevor der Bpuk-Entscheid am 4. März getroffen wurde, versuchte der Anti-Mobilfunk-Verein Gigaherz am 1. März mit Drohungen Einfluss auf die Bpuk zu nehmen.

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BPUK-Mobilfunkempfehlung: Umsetzung im Kanton Aargau

Gast, Donnerstag, 05.05.2022, 13:56 (vor 962 Tagen) @ H. Lamarr

Die neuen Mobilfunkempfehlungen der BPUK treten am 1. April 2022 in Kraft. Von zwei möglichen Umsetzungsoptionen wendet der Kanton Aargau mit Option 2 diejenige Variante an, die eine moderate Entwicklung der Mobilfunknetze unter Einhaltung des Vorsorgeprinzips ermöglicht. Unwesentliche Anpassungen an bestehenden Mobilfunkanlagen können im Aargau demnach im Bagatellverfahren realisiert werden. Dies entspricht der langjährigen bewährten Vollzugspraxis. So kann beispielsweise auch der Ersatz einer konventionellen durch eine adaptive Antenne bei erfüllten BPUK-Kriterien als Bagatelländerung betrachtet werden.

Die Gesuchsteller reichen den Bagatellantrag bei der Abteilung für Umwelt des Departements Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) ein. Diese ist für den NIS-Vollzug im Kanton Aargau zuständig und überprüft die Anträge auf die Einhaltung der Immissionskriterien. Der Prüfentscheid wird den Betreibern schriftlich mitgeteilt, die Standortgemeinden erhalten eine Kopie mit sämtlichen Unterlagen. Gesuche für Umbauprojekte, welche die BPUK-Bagatellkriterien nicht erfüllen, sowie Neubaugesuche von Mobilfunkanlagen haben wie bis anhin ein ordentliches Baubewilligungsverfahren zu durchlaufen. Die Gemeinden sind hier weiterhin die abschliessende Baubewilligungsbehörde für Mobilfunkantennen.

Quelle: Medienmitteilung des Kanton Aargau

Schweizer 5G-Paralyse dauert angeblich weiter an

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 09.06.2021, 23:27 (vor 1292 Tagen) @ H. Lamarr

Ob es sich bei der strittigen 5G-Antenne um ein gewöhnliches Modell handelt (wahrscheinlich) oder um eine adaptive Antenne (unwahrscheinlich) geht aus den Meldungen nicht hervor.

Aus den Meldungen nicht, aber aus dem VG-Urteil 100.2020.27U vom 6. Januar 2021. Dort heißt es:

[...] Die Anlage besteht aus einem Mast mit neun Sendeantennen. Gemäss Standortdatenblatt benützen die Antennen Nrn. 1-3 das Frequenzband 700 bis 900 Megahertz (MHz), die Antennen Nrn. 4-6 das Frequenzband 1,4 bis 2,6 Gigahertz (GHz) und die Antennen Nrn. 7-9 das Frequenzband 3,4 GHz. Letztere drei sind sog. adaptive Antennen des Typs «AIR 6488B42D», die gemäss dem neuen Mobilfunkstandard 5G (New Radio) betrieben werden sollen. [...]

Meine oben zitierte Überlegung ist also unzutreffend. Ich bin davon ausgegangen, dass Swisscom im Juni 2018, rund acht Monate vor der 5G-Lizenzversteigerung in der Schweiz, keinen Bauantrag für adaptive Antennen im High-Band stellt, sondern zuerst die Flächenversorgung im Low- und Mid-Band anstrebt. Ein Irrtum, wie dem Urteil zu entnehmen ist, das seinerseits mit dem Frequenzwert 3,4 GHz neben der Spur liegt :-).

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Rechtsgutachten der Netzbetreiber zu adaptiven 5G-Antennen

H. Lamarr @, München, Samstag, 25.09.2021, 23:05 (vor 1184 Tagen) @ H. Lamarr

Medienmitteilung des Schweizerischen Verbands der Telekommunikation vom 5. Juli 2021 (Auszug):


[...] Mit dem Nachtrag vom 23. Februar 2021 zur Vollzugsempfehlung zur Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) und den Erläuterungen zu adaptiven Antennen und deren Beurteilung gemäss NISV beschreibt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) klar, wie Kantone und Gemeinden das Bundesrecht rechtskonform vollziehen können.

Trotz dieser klaren Beschreibung wurden rechtliche Unsicherheiten geltend gemacht. Einerseits betreffend der vom Bafu erlassenen Übergangsregelung bei der Anwendung des Korrekturfaktors bei bereits bewilligten adaptiven Antennen und andererseits betreffend die Anwendung des sogenannten Bagatellverfahrens gemäss den BPUK-Empfehlungen vom 19. September 2019.

Die Mobilnetzbetreiberinnen haben diese Bedenken aufgenommen und die Sachlage in einem Rechtsgutachten (PDF, 48 Seiten) erläutern lassen. Das Rechtsgutachten wurde von Frau Prof. Dr. Isabelle Häner, Titularprofessorin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich und Partnerin der Zürcher Rechtsanwaltskanzlei Bratschi AG, erstellt. Das Gutachten zeigt, dass die Rechtslage klar ist und weder von den Vollzugsempfehlungen des Bafu vom 23. Februar 2021 noch von den bisherigen Verfahrensweisen ohne ausreichende rechtliche Grundlagen abgewichen werden darf. [...]

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