Zuckerbrot statt Peitsche (Allgemein)

H. Lamarr , München, Dienstag, 30.05.2006, 15:12 (vor 6753 Tagen) @ Gast

Mein lieber Herr Beyer, ich höre Ihre Worte wohl - allein es fehlt der Glaube. Wir bekämpfen mit dem Mobilfunk einen Gegner, der auch in unserer Mitte ist. Und das ist er, weil er nicht nur schlecht ist, sondern eine Menge Annehmlichkeiten mit sich bringt, auf die im Grunde nur die Wenigsten verzichten möchten. Der Aufruf zu einem "Marsch auf Berlin" ist für die überwiegende Mehrzahl deshalb so etwas wie ein Aufruf zur öffentlichen Selbstgeißelung - und so etwas ist gegenwärtig nicht opportun. Die Leute haben andere Sorgen, müssen um ihre Jobs bangen und irgendwie Kohle zusammenkratzen. Bleiben für den Marsch auf Berlin so viele Mobilfunkkritiker übrig, dass Sie - meiner Meinung nach - mit zwei, drei Reisebussen schon ganz gut über die Runden kommen. Aktive Mobilfunkkritik ist kein Massenphänomen wie etwa die weit verbreitete dumpfe Angst, es könnte vielleicht doch nicht so ganz gesund sein. Da müssen Sie strikt unterscheiden!

Mobilfunkkritik kann meiner Meinung nach nicht mehr auf Explosionswirkungen hoffen, z. B. auf eine Studie, die unzweifelhaft aussagt, dass mobil telefonieren zur schleichenden Verblödung führt. Dieser Zug dürfte abgefahren sein. Statt dem großen Knall sehe ich eher Chancen in einem ständigen Erosionsprozess, der langsam aber sicher die erwiesenen und vermuteten Schattenseiten des Mobilfunks ins Bewußtsein der Bevölkerung rückt. Ich sehe da sehr viele Parallelen mit der Kritik am ungezügelten Rauchen, da lassen sich einige gut passende Analogien ableiten, etwa Warnaufkleber der Art: Vorsicht, der Gebrauch dieses Mobiltelefons kann zum frühzeitigen Einsetzen von Demenz führen.Oder: Der Gebrauch dieses Mobiltelefons belastet nicht nur Sie, sondern auch die Anwohner der am Funkkontakt beteiligeten Basisstationen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –