Spitzfindigkeiten: Fallgruben der Mobilfunkdebatte (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 17.11.2020, 00:15 (vor 1298 Tagen) @ e=mc2

[...]Die Arbeitsgruppe stellt fest, dass bei den heute verwendeten Mobilfunkfrequenzen unterhalb der Immissionsgrenzwerte der NISV bisher Gesundheitsauswirkungen nicht konsistent nachgewiesen wurden, während gleichzeitig aus Wissenschaft und Praxis unterschiedlich gut abgestützte Beobachtungen für Effekte unterhalb der Immissionsgrenzwerte vorliegen. [...]

Da haben Sie mich ja fast erwischt, und es sieht so aus als ob ich einen Teil des Zitats unterschlagen wollte. Ich sage fast, weil ich mich explizit auf Gesundheitsprobleme durch Mobilfunk bezogen habe und die Sache nicht unnötig langmachen wollte.

Touché!

Im Zusammenhang mit Gesundheitsproblemen ist der zweite Teil des Zitats (die „Ja-Aber-Feststellung“) von untergeordneter Bedeutung. Der Bericht listet zwar tatsächlich noch weitere Effekte auf wie zum Beispiel ausreichende Evidenz für Hirnströme. Es wird aber auch gesagt, dass bisher nicht nachgewiesen ist, dass damit Gesundheitsauswirkungen verbunden sind. Ähnliche Effekte auf die Hirnströme kann man durch alltäglich Faktoren wie Bewegung, Kaffee oder konsumierte Medieninhalte nachweisen. Aus dem Vorhandensein von solchen biologischen Effekten kann man nicht auf Gesundheitsgefährdung schließen. Nur weil Infrarotstrahlung im Zellexperiment oxidativen Stress erzeugt, stellt man ja bei diesem Wetter auch nicht die Heizung ab. Damit entspricht die Meinung von 71% der Bevölkerung, dass elektromagnetische Felder von Mobilfunkstrahlung zu Gesundheitsproblemen führt, nicht dem wissenschaftlichen Kenntnisstand. Aber klar, zu 100% kann die Wissenschaft das auch nicht ausschließen und die beobachteten Effekte auf Hirnströme könnten ein Indiz dafür sein.

Ich versuche mal zusammenzufassen:

Unterhalb der Immissionsgrenzwerte (Icnirp) wurde ein zweifelsfreier Kausalzusammenhang zwischen EMF-Exposition und Gesundheitsauswirkungen bislang nicht gefunden, wohl aber wurden allerlei Beobachtungen gemacht, deren gesundheitliche Auswirkungen noch unklar sind, diese könnten negative, positive oder gar keine gesundheitlichen Folgen haben.

Erst beim Schreiben dieser wenigen Zeilen ist mir klar geworden, wie schwierig der Sachverhalt in Kurzform zu formulieren ist, ähnlich wie ein Vertragstext. Mindestens fünf Entwürfe musste ich verwerfen, weil sie entweder inhaltlich unzutreffend waren oder unerwünschte Auslegungen des Textes zuließen :no:. In einem Interview würde ich mich wohl um Kopf und Kragen reden :yes:.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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