Schweizer "Antennenalarm" möglicherweise rechtswidrig (Allgemein)
Der Schweizer Verein Schutz vor Strahlung hat einen Antennenalarm für die Schweizer Bevölkerung eingerichtet. Dazu müssen Interessenten ihre Kontaktdaten in ein Webformular eintragen. Wird eine Antenne in der Umgebung eines Teilnehmers geplant, will der Verein den Teilnehmer informieren, damit dieser rechtzeitig Einsprache erheben kann. Doch das ist nicht alles, der Teilnehmer kann auch von Gesinnungsgenossen aus seinem Umfeld oder von vermeintlichen Gesinnungsgenossen mit fragwürdigen Absichten kontaktiert werden – ob er will oder nicht.
Der Schweizer Verein Schutz vor Strahlung bietet das Webformular zur Teilnahme an seinem "Antennenalarm" auf dieser Seite an. Ein Interessent muss dort bestätigen, die üppige Datenschutzerklärung des Vereins nicht nur gelesen, sondern auch verstanden zu haben. Eine bizarre Forderung eines kuriosen Vereins, weiß doch jeder, dass sich Sachverhalte mühelos auch falsch verstehen lassen, oder gar nicht, wenn juristische Verklausulierungen mit im Spiel sind. Der Verein kann wegen seiner unverschämte Forderung sicher sein, die Mehrzahl der Abonnenten wird das gewünschte Häkchen setzen, ohne sich mit der ellenlangen unattraktiven Datenschutzerklärung auseinandergesetzt zu haben. Eben dies aber wäre angebracht, denn gerade über den "Antennenalarm" gibt es dort ganz am Ende der Datenschutzerklärung Befremdliches zu lesen:
Wenn Sie den auf der Website angebotenen Antennenalarm beziehen möchten, benötigen wir von Ihnen eine E-Mail-Adresse sowie Informationen, welche uns die Kontaktierung gestatten. Diese Daten verwenden wir ausschliesslich für den Antennenalarm. In einigen Fällen erlauben wir uns, die angegebenen Kontaktangaben anderen Abonnenten des Antennenalarms weiterzugeben, um eine lokale Organisation zu vereinfachen. Die Verarbeitung der in den Antennenalarm eingegebenen Daten erfolgt ausschliesslich auf Grundlage Ihrer Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO). [...]
Die markierte Textpassage halte ich für rechtlich unzulässig. Denn wenn ein örtlich ansässiger "Helfer" gegen die angeblich schrecklichen Risiken des Elektrosmogs ebenfalls den "Antennenalarm" des Vereins abonniert, kommt dieser "Helfer", der ein kommerziell interessierter Baubiologe, Heilpraktiker, Umweltanalytiker, Anbieter von Messungen, ein schräger Verein, eine Sekte oder eine politische Partei sein kann, offenbar an die Kontaktdaten von Personen heran, die in seinem näheren Umfeld irrationale Ängste gegenüber Funkmasten haben. Dies ist ein geldwerter Vorteil, für den Profiteure der Angst üblicherweise zahlen müssten. Artikel 6, Abs. 1 der DSGVO steht aus meiner Sicht diesem Missbrauch der Daten von Teilnehmern des "Antennenalarms" nicht im Weg. Ein Widerspruch gegen die Weitergabe von Kontaktdaten an andere Abonnenten des "Antennenalarms" ist weder im entsprechenden Webformular vorgesehen noch wird die Möglichkeit des Widerspruchs in der Datenschutzerklärung angesprochen.
Unklar ist auch die Passage "Wir kontaktieren Sie, sobald in Ihrer Nähe ein Baugesuch für eine Mobilfunkantenne veröffentlicht wird [...]" auf der Seite des Antennenalarms. Was meint der Verein mit der ungenauen Angabe "in Ihrer Nähe": 100 Meter, 1000 Meter oder etwa den Nachbarort? Einspruchsberechtigt gegen eine geplante Antenne sind in der Schweiz Anwohner eines geplanten Standorts dann, wenn ihr Anwesen innerhalb eines auf den Meter genau definierten Abstands zum geplanten Standort liegt. Dieser Abstand hängt von den technischen Daten der geplanten Antenne ab und ist deshalb bei jedem Standort anders. Ersichtlich ist der Abstand im Standortdatenblatt der geplanten Antenne. Die Frage ist jetzt: Wie will der Verein rechtssicher garantieren, a) keinen berechtigten Einsprecher zu übersehen und b) unberechtigte Einsprecher nicht irrtümlich zu alarmieren? Um dies garantieren zu können wäre wahlweise ein erheblicher manueller Prüfaufwand nötig oder eine programmiertechnische IT-Lösung. Doch der Verein garantiert überhaupt nichts, er bleibt unverbindlich und äußert sich gar nicht zur Verbindlichkeit seiner Alarme. Dies nährt den Verdacht, der "Antennenalarm" könnte auch dem verdeckten Zweck dient, Kontaktdaten potenzieller Mobilfunkgegner zu sammeln. Immerhin hat Vereinsvorstand Martin Zahnd zweifelsfrei kommerzielles Interesse an der Mobilfunkdebatte.
Aus meiner unmaßgeblichen Sicht ist die oben rot markierte Textpassage in der Datenschutzerklärung des Vereins ohne Widerspruchsmöglichkeit klar rechtswidrig. Denn durch die schwammige "gelegentliche" Weitergabe persönlicher Kontaktdaten an andere Abonnenten des "Antennenalarms" sind dem Datenmissbrauch durch Dritte Tür und Tor geöffnet. Um die Angelegenheit nicht nur zu beklagen, sondern kompetent prüfen zu lassen, habe ich den Sachverhalt der Schweizer Stiftung Konsumentenschutz zur Kenntnis gegeben.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –