Swisscom-Gemeindebrief: Gigaherz keilt zurück (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 13.12.2019, 23:31 (vor 1947 Tagen)

Swisscoms Gemeindebrief vom 28. November 2019 bringt zwei Schweizer Mobilfunkgegner in Wallung. Zuerst Christoph Pfluger und jetzt auch noch Gigaherz-Jakob. Der Gigaherz-Präsident übertrumpft Pfluger, denn eigenen Angaben zufolge hat er seine Gegendarstellung an 2300 Schweizer Gemeindeverwaltungen verschickt. Muss sich Swisscom jetzt fürchten? Ich meine nein, denn soweit ich das nach kurzem Überlesen seiner Argumente beurteilen kann, zählt Jakob nur seine Einwände auf, die er zuvor auf seiner Website zur Schau gestellt hat. Wie üblich fabuliert er über das, was er glaubt verstanden zu haben, z.B. über fantastisch hohe Strahlungsleistungen (EIRP) und Sendeleistungen. Weil sie häufig wirr formuliert sind, lassen sich seine inkompetenten Einwände kaum nachvollziehen. Wer wirklich wissen will was Sache ist, dem sei der kompetente und klar formulierte Bericht der Bafu-Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Strahlung" empfohlen. Wie erschreckend weit die Inkompetenz Jakobs fortgeschritten ist, macht er am Ende seiner Gegendarstellung deutlich:

Auf Seite 41 des Berichtes der Arbeitsgruppe befindet sich eine «herrliche» Grafik, welche aufzeigen soll, wie hoch ein durchschnittlicher Stadt-Zürcher mit Mobilfunkstrahlung belastet sei. Gemäss Balken 1, Belastung zu Hause sind das angeblich nur gerade 0.11V/m und gemäss Balken 4, Belastung Draussen, nur gerade 0.3V/m. Dann sagt uns doch bitte, wofür die dann eine Erhöhung der Grenzwerte auf 20V/m verlangen?

Die Grafik hat mit 5G nichts zu tun, sie zeigt, was 2015/2016, also lange vor 5G, in Zürch gemessen wurde. Schlimmer ist, dass der Gigaherz-Präsident offensichtlich nicht verstanden hat, was eine Lockerung des Anlagegrenzwerts auf 20 V/m bedeutet. Dass nämlich im ungünstigsten Fall wenige Bewohner sehr nahe an einem 5G-Sender gelegener Wohnungen durch ein geöffnetes Fenster kurzzeitig mit bis zu 20 V/m befeldet werden können. Diese grenzwertige Situation mit alten Messwerten zu vergleichen, die für das Gros der Zürcher Bevölkerung auf Straßen und in Gebäuden gelten, ist irreführend und unqualifiziert.

Dabei hätte Jakob mühelos einen vernünftigen Einwand vorbringen können. Denn auf Seite 41 des Bafu-Berichts steht als Vorschlag: "Erhöhung Anlagegrenzwert auf einheitliche 20 V/m". Sollte mit "einheitliche" gemeint sein, dass der Anlagegrenzwert nicht allein für 5G auf 20 V/m angehoben werden soll, sondern auch für alle anderen derzeit noch betriebenen Funknetze (GSM, UMTS, LTE), dann hätte der Ex-Elektriker die durchaus berechtigte Frage aufwerfen können: Gelten die 20 V/m auch für die Versorgung mit bisher üblichen "normalen" Funkantennen? Da diese Antennen kein "Beamforming" beherrschen, wäre in dem zuvor beschriebenen Beispiel die Befeldung eines Anwohners nicht mehr kurzzeitig 20 V/m, sondern im Extremfall dauerhaft. Dieser Einwand gilt für alle tiefen Trägerfrequenzen (z.B. 700 MHz, auch für 5G zur Flächenversorgung), da Beamforming in diesen Frequenzbereichen zu unverhältnismäßig großen Antennen führen würde und deshalb, wäre es überhaupt sinnvoll, dort nicht eingesetzt werden kann.

Da es sich bei den einheitlich 20 V/m lediglich um einen Vorschlag handelt, der mutmaßlich keine Chancen auf Verwirklichung hat, ist eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit meinem Einwand unerheblich. Doch warum brachte Jakob diesen Einwand nicht? Er konnte ihn nicht bringen! Denn gemäß seiner von eigenen Sagen und Märchen geprägten Vorstellungswelt gibt es, wie er behauptet, kein Beamforming, sondern lediglich etwas, was er Beamhopping nennt und damit den Mimo-Raummultiplex meint. Sich mit so wenig Kenntnis über 5G-Antennen aufzuschwingen, 2300 Gemeinden mit seinen unqualifizierten Ergüssen zu belästigen, zeugt zum x-ten Mal von einer grenzwertbefreiten Selbstüberschätzung des Gigaherz-Präsidenten. Seine Borniertheit geht sogar so weit, dass er bestreitet, die üblicherweise drei 120°-Sektorantennen an einem Funkmast würden (insgesamt) eine kreisförmige Abstrahlung bewirken.

Sich mit Jakob und seinen laienhaften Deutungen technischer Sachverhalte der Hochfrequenztechnik zu beschäftigen ist wegen der Unbelehrbarkeit des Ex-Elektrikers eine undankbare Sisyphos-Aufgabe. Kühe, Enten und sogar Pflastersteine, so kommt es mir vor, sind gelehrsamer.

Hintergrund
Mount Stupid

[Admin: Fehlerhaften Link zu Gigaherz korrigiert am 14.12.2019, 19:45 Uhr]

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Swisscom-Gemeindebrief: Gigaherz keilt zurück

Gustav, Samstag, 14.12.2019, 12:30 (vor 1947 Tagen) @ H. Lamarr

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Jakob mal so eben 2300 Briefe versendet. Nur schon Papier und Porto würden an die 2500 CHF kosten - kann er sich das leisten?

Wenn Jakob behauptet: "Was Swisscom und ASUT kann, kann Gigaherz.ch selbstverständlich auch. Nämlich einen Brief an die 2300 Gemeindeverwaltungen der Schweiz verschicken." dann meint er damit vermutlich eher: "Die 2300 Gemeindepräsidenten und -innen können sich den Brief online auf gigaherz.ch durchlesen." So als wenn alle Gemeindepräsidenten regelmässig auf seiner Homepage nach Neuigkeiten suchen würden.

Swisscom-Gemeindebrief: Gigaherz keilt zurück

H. Lamarr @, München, Samstag, 14.12.2019, 22:08 (vor 1946 Tagen) @ Gustav

Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass Jakob mal so eben 2300 Briefe versendet. Nur schon Papier und Porto würden an die 2500 CHF kosten - kann er sich das leisten?

Nun ja, er verprasst ja nicht sein privates Geld, sondern das Vereinsvermögen. Und im Massenversand ist das Porto günstiger. Ich kann mir beides gut vorstellen, dass Jakob mogelt und keine 2300 Kuverts verschickt hat oder dass der bekennende Selbstdarsteller die Chance nutzte, sich bei Gemeindepräsidenten bekannt zu machen.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum