SAR-Sensoren: Automatische SAR-Reduzierung bei Körperkontakt (Technik)
SAR-Sensoren minimieren SAR-Eintrag bei Körperkontakt
Smartphones und Tablets können nicht wissen, wenn sie in Körperkontakt kommen und z.B. auf einem Oberschenkel liegen. Deshalb nennen viele Benutzerhandbücher kleine Sicherheitsabstände zum Körper, die beim Gebrauch einzuhalten sind. Doch die Wenigsten halten sich daran. Für Mobilfunkgegner ist dies immer wieder eine gute Gelegenheit, mit erhobenem Zeigefinger vor Krebsrisiken zu warnen. Aber nicht mehr lange: SAR-Sensoren in Smartphones und Tablets können die Sendeleistung der Geräte automatisch reduzieren, sobald sie in Körperkontakt kommen. Apple nutzt diese Technik bereits seit dem iPhone 5S in diversen Modellen.
SAR-Sensoren sind imstande, bei der Annäherung eines Objekts zwischen Körpergewebe und Feststoffen wie eine Tischplatte zu unterscheiden. Maßgebend dafür ist die Kapazitätsänderung, die ein kleiner externer Plattenkondensator zeigt (zwei elektrisch isoliert übereinander liegende Metallplättchen), sobald sich diesem ein Objekt nähert. Auch die großen metallbedampften Flächen von Touchscreens sind als Sensorplatten zu gebrauchen. Eingebaut in ein Smartphone oder Tablet bewirken SAR-Sensoren, dass die Sendeleistung automatisch reduziert wird, sobald eine Person das Gerät von einer Tischplatte nimmt und in der Hand hält oder z.B. auf die Oberschenkel legt. Ziel der Aktion: Bedarfsgerechte Reduzierung der ins Körpergewebe eingebrachten elektromagnetischen Energie, um einen unzulässig hohen SAR-Eintrag (Spezifische Absorptionsrate) bei direktem Körperkontakt zu vermeiden. Ohne SAR-Sensoren stecken Hersteller von Mobiltelefonen in einer Zwickmühle: Entweder riskieren sie aufgrund von Unwägbarkeiten im Produktionsprozess Chargen, die einen unzulässig hohen SAR-Eintrag zeigen – dann droht Ärger mit Aufsichtsbehörden, – oder sie reduzieren vorsichtshalber die maximale Sendeleistung so stark, dass die Telefone in kritischen Verbindungssituationen (Tiefgarage) versagen.
Der SAR-Sensor SX9300 von Semtech beispielsweise hat zwei Eingänge für zwei Plattenkondensatoren und eine Erkennungsreichweite von maximal 20 Millimetern. Untergebracht ist er in einem 3 mm x 3 mm messenden QFN-Chipgehäuse, die Stromaufnahme erreicht während einer Annäherungsmessung 170 µA, im Stand-by sind es 2,5 µA. Damit Schwankungen der Umgebungstemperatur und der Luftfeuchte die Detektion nicht störend beeinflussen, justiert sich der Sensor regelmäßig selbst. Die Weiterentwicklung SX9310 hat drei Eingänge, benötigt weniger Strom und ist nur noch halb so groß.
SAR-Sensoren machen die ohnehin schon komplizierte SAR-Messung an Mobiltelefonen noch komplizierter. Die "Radio Equipment Directive" der EU sieht die Berücksichtigung solcher Sensoren jedoch bereits vor und Aufsichtsbehörden wie die französische Funknetzagentur ANFR haben ihre Messvorschriften seit kurzem dahingehend aktualisiert.
Hintergrund
Datenblatt SX9300 dual channel capacitive Specific Absorption Rate (SAR) controller
SX9310 Technische Daten
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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H. Lamarr,
26.03.2019, 19:50
- Auch Amazon und Intel forschen an SAR-Näherungssensoren - H. Lamarr, 14.05.2019, 23:42