Kreisverkehr: Wie Mobilfunkgegner sich gegenseitig zitieren (Allgemein)
Organisierte Mobilfunkgegner zitieren sich gerne gegenseitig. Auf diese Weise versuchen sie die Deutungshoheit über ein Diskussionsthema zu erlangen, indem ein unbedarfter Leser anhand vermeintlich erdrückender Referenzen glaubt, ein vorgetragener Standpunkt sei anerkannter Stand des Wissens. Dabei dreht sich nur ein Rad im Kreis.
Microwave News praktiziert gegenwärtig eine harmlose Variante dieses Spielchens. Im März 2018 brachte der amerikanische EMF-Informationsdienst die Meldung "Aggressive Brain Tumors on the Rise in England". Ex-Tabaklobbyist Franz Adlkofer griff den Alarm im Dezember 2018 auf und fabrizierte daraus in deutscher Sprache den Alarm "Verdoppelung der Häufigkeit von Glioblastomen – den bösartigsten aller Hirntumorarten – in England seit der Einführung der Mobiltelefonie". Weder der amerikanische noch der deutsche Alarm schwappte in erkennbarem Ausmaß über den Tellerrand der Anti-Mobilfunk-Szene hinaus, denn einzelne Interpretationen über einzelne Studien haben in der Wissenschaft keinen besonders hohen Stellenwert. Schon gar nicht, wenn der Studienautor (Alasdair Philips) in England eine Firma hat, die Elektrosmog-Messgerätchen entwickelt und verkauft. Die ausbleibende Resonanz auf den Alarm schmerzte Louis Slesin, Herausgeber von Microwave News. Er muss deshalb von Adlkofers Verwurstung seiner Vorlage angenehm berührt gewesen sein, denn am 19. März 2019, ein glattes Jahr nach der Initialzündung, berichte Slesin in der Rubrik "Hot new papers & articles" von Microwave News erfreut nun seinerseits über das Adlkofer-Werk:
In "Glioblastomas Have Doubled in Number in England Since Mobile Phones Were Introduced in 1995," Pandora Foundation for Independent Research, March 19, 2019. It's been a year since the Philips paper was published.
Möglicherweise weiß Slesin nicht, auf wen er sich da im Zuge des beliebten Kreisverkehrs eingelassen hat. Denn Adlkofer ist ein alter Weggefährte von George L. Carlo, mit dem Slesin auf Kriegsfuß steht, und den er gerne (zurecht) attackiert.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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