5G-Alarm in Zunzgen: Die Geschichte von Sankt Martin (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 20.11.2018, 14:23 (vor 2025 Tagen) @ H. Lamarr

Kaum war das Baugesuch von Swisscom im Amtsblatt des Kantons veröffentlicht, rötete sich in Zunzgen bei einigen altersweisen Anwohnern schon der Kopf.

Treibende Kraft in Zunsgen gegen Mobilfunk ist Martin Kanwar. Er gründete mit drei Mitstreitern bereits 2015 die sogenannte Bürgerbewegung Zunsgen, die in der Selbstdarstellung nur einen einzigen Zweck nennt:

Die Bürgerbewegung Zunzgen informiert über die Aktivitäten im Zusammenhang mit der ans Wohngebiet versetzte Mobilfunkantenne SALT. / Garage Antonelli.

Kanwar machte noch Anfang 2016 aus seiner Sicht politisch Druck gegen Mobilfunksendemasten in Zunzgen:

Liebe neuen Gemeinderäte, die Bürgerbewegung Zunzgen gratuliert zur Wahl und wünscht keine neuen Mobilfunkantennen in oder angrenzend an Wohngebiete.

Salt zog seinerseits den Bauantrag im Dezember 2015 zurück und Kanwars "Bürgerbewegung" verstummte alsbald. Ziel erreicht. Jetzt ist Wutbürger Kanwar wieder da und sagt, er habe gegen das neue Baugesuch von Swisscom 75 Unterschriften gesammelt. Die "Bürgerbewegung", die keine Mobilfunkantenne in ihrer Nähe wünscht, vertritt damit drei Prozent der rd. 2500 Zunzgener Einwohner, 97 Prozent vertritt sie nicht. Was sich die überwältigende aber schweigende Mehrheit wünscht weiß niemand genau, es ist jedoch anzunehmen, dass sie einen neuen Sendemasten weitaus weniger aufgeregt sieht als Kanwar und vermutlich haben weitaus mehr als 75 keine Einwände gegen eine Netzverdichtung im Ort. Hauptsache der Mast steht nicht vor ihrer Tür. Auch Martin Kanwar wäre mit Sicherheit nicht als böser Anti-Mobilfunk-Geist aus der Flasche gekrochen, hätte Salt 2015 den Sendemast in der Hauptstraße 21 nicht wenige Meter neben seinem Haus geplant. Vielleicht 200 Meter besser 300 Meter weiter weg und dieser Geist wäre in der Flasche geblieben, ob dann ein anderer entwichen wäre ist dem Zufall überlassen. Kanwar ist aus meiner Sicht die ideale Kundschaft für unseren Gigaherz-Jakob, er ist Rentner, entwickelt Wut im Bauch wenn etwas seinen Interessen entgegen läuft und er informiert sich, wie die Website seiner "Bürgerbewegung" zeigt, ebenso fleißig wie einseitig genau dort, wo seine Vorbehalte Bestätigung finden. Die fachliche Qualifikation seiner Quellen ist ihm egal, solange sie nur in seinem Sinne sprudeln. Kurzum: Martin Kanwar ist ein typischer Mobilfunkgegner, dem es nicht in den Sinn kommt, wie dissozial sein Verhalten ist.

Denn die schweigende Mehrheit wird sich aller Voraussicht nach auch in Zunzgen nicht aufraffen können, den anmaßenden und egozentrischen Wünschen einer selbsternannten kleinen Bürgerbewegung etwas entgegen zu setzen, so dass der Gemeinderat nur die Stimmen von Kanwar und seiner Mitstreiter hört und mutmaßlich für diese winzige Minderheit Partei ergreift. Wäre an dem Gerede über gesundheitsschädlichen Mobilfunk wenigstens etwas dran, könnte ich für das groteske Treiben noch einen Funken Verständnis aufbringen, doch es ist nichts dran. Jeder, der sich ergebnisoffen aus seriösen Quellen informiert, den Webseiten von Mobilfunkgegnern also mit demselben gesundem Misstrauen begegnet wie den Webseiten von Wünschelrutengängern, der muss mMn zu dem Schluss kommen, dass, wenn überhaupt, nicht von Sendemasten ein Risiko ausgeht, sondern von den Handys. Und wer von den 75 Mobilfunkgegnern in Zunzgen kein Handy hat und emsig nutzt, der möge bitte vortreten. Der biblische Sankt Martin teilte noch mit anderen und war nicht allein auf seinen eigenen Vorteil bedacht.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Minderheit, Sankt-Florian-Prinzip, Druck, Wutbürgertum, Dissozial, Gemeinde


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