Elektrosmog-Report: Herzratenvariabilität (Forschung)
In der Vorschau zu seiner Doppelnummer September/Oktober 2018 schreibt der Elektrosmog-Report:
An 46 Jugendlichen wurde die Wirkung von 1788-MHz-Strahlung auf das autonome Nervensystem untersucht. Der Test bestand in der Messung der Herzratenvariabilität (HRV) beim Wechsel zwischen liegender und aufrechter Position der Person mit gepulster 1788-MHz-Strahlung (Feldstärke 54 ± 1,6 V/m, SAR 0,405 W/kg, intermittierend für 18 Minuten). Die Strahlung bewirkte einen signifikanten Anstieg der parasympathischen Nervenaktivität in liegender Position im Vergleich zur Scheinbestrahlung. (J. Misek et al., 2018)
Was der Informationsdienst für Baubiologen nicht schreibt: Die Probanden wurden einer Ganzkörperbefeldung knapp unter Referenzgrenzwert (58,1 V/m) ausgesetzt, wie sie in der realen Welt nicht vorkommt. Uneindeutig ist der genannte SAR-Wert, der deutlich oberhalb des zulässigen Basisgrenzwerts für Ganzkörperbeldung liegt (0,08 W/kg), den zulässigen Basisgrenzwert für Teilkörperbefeldung (2 W/kg) jedoch nur zu etwa 25 Prozent ausschöpft. Offen zu lassen, ob der Wert 0,405 W/kg sich auf Ganz- oder Teilkörperbefeldung bezieht, erschwert unnötig die Bewertung der Arbeit. Dieser Vorwurf trifft auch die Autoren der Studie, die im Abstract ebenfalls nicht präziser sind.
Die Befeldung wirkte sich gemäß Abstract allein dann auf die Herzratenvariabilität (HRV) aus wenn die Probanden lagen, nicht wenn sie aufrecht standen. Keine Auswirkungen zeigte die Befeldung auf die Atemfrequenz und kein Proband war nach einer Sitzung auf Befragen imstande, Scheinbefeldung von Befeldung zu unterscheiden.
Lebrecht von Klitzing sieht in der HRV einen guten Indikator, um "Elektrosensibilität" objektiv zu diagnostizieren. Allerdings schweigt er über die Immissionswerte, bei denen er die HRV seiner "elektrosensiblen" Patienten misst. Seine Methode, im Nebenzimmer eine handelsübliche DECT-Basisstation als Expositionsquelle zu aktivieren ist dilettantisch und bewirkt um Größenordnungen schwächere Felder als die oben beschriebenen. Die neue Studie kann daher nicht als Stütze der These von Klitzings interpretiert werden, zumal die 46 Probanden nicht nach dem Kriterium "elektrosensibel" rekrutiert wurden.
So bleibt es das Geheimnis des Elektrosmog-Reports, warum er die ziemlich nichtssagende neue Studie einer Besprechung für Wert befunden hat, denn selbst unter den gegebenen Umständen (starke Exposition) ist nicht ersichtlich, dass die beobachtete Veränderung der HRV irgendeine gesundheitlich nachteilige Wirkung hat. Im Gegenteil: Eine dynamische HRV gilt als Indiz für einen gesunden Menschen. "Eine konstante Abfolge weist auf ein starres Regulationssystem hin und ist mit dem Leben nicht vereinbar", meint von Klitzing.
Hintergrund
EMF-Portal listet 22 Treffer zu Suchwort "HRV" (Mobilfunk &HF)
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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