Die Krankheitserfinder: Parallelen zur Anti-Mobilfunk-Szene (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Montag, 26.06.2017, 13:14 (vor 2696 Tagen) @ Gast

Denn indem man zappelnde Kinder medikamentös ruhig stellt, Cholesterin zum Risikofaktor Nummer eins erklärt oder fragwürdige Vorsorgeuntersuchungen einführt, kann man viel Geld verdienen. mehr ...

Auszug aus diesem Buch:

Anfang des 20. Jahrhunderts begann ein Arzt namens Knock damit, den Menschen die Gesundheit auszutreiben. Der Franzose schuf eine Welt, die nur noch Patienten kannte: »Jeder gesunde Mensch ist ein Kranker, der es noch nicht weiß.«

Volltreffer. Genau so argumentieren noch heute überzeugte Elektrosensible und schlecht informierte Mobilfunkgegner. Wer heute neben einem Sendemast wohnt oder mit dem Handy telefoniert und sich unverschämterweise trotzdem wohl fühlt, den belehren die Munkler & Rauner der Szene: Doch, dir geht es schlechter als früher, du merkst es nur noch nicht und übersiehst den Zusammenhang mit der Funkeinwirkung – früher oder später aber erwischt es dich. Dieses Märchen wurde mir schon 2002 erzählt und seither wird es von der Szene immer mal wieder aufgetischt, um die Unruhe in der Bevölkerung wach zu halten, wie bei dem 100 Jahre alten Kinderlied über einen Hannoveraner Serienmörder: Warte, warte nur ein Weilchen, bald kommt Haarmann auch zu dir, mit dem kleinen Hackebeilchen, macht er Schabefleisch aus dir.

Damit der dumme Trick der Angstmache funktioniert, werden 1001 Wehwehchen und Befindlichkeitsstörungen von der Anti-Mobilfunk-Szene mutwillig in Zusammenhang mit Funkeinwirkung gebracht. So findet jeder etwas, was auf ihn zutrifft. Scheinseriös fabulieren die Medizinmänner und -frauen der Szene dann von "unspezifischen Symptomen", die von der eifrigen Bamberger Wanderärztin Cornelia Waldmann-Selsam zu einem fiktiven "Mobilfunksyndrom" zusammengemixt wurden, nur damit das Kind, das verlogene, endlich einen Namen hat.

Die Parallelen zu Blechs Buch gehen noch viel weiter. Auch das "Mobilfunksyndrom" ist zwar frei erfunden, doch nicht ohne Sinn und Zweck. Diese Scheinkrankheit hilft weniger der Pharmaindustrie, sondern den zahllosen kleinen Profiteuren und Gaunern, deren Geschäftsmodelle ausnahmslos auf Angst vor Elektrosmog beruhen. Der Schaden, den die anrichten, geht nicht in die Milliarden, ein paar Millionen Euro jedes Jahr werden es aber schon sein.

Bemerkenswert ist noch die kuriose Symbiose, die "Mobilfunkkranke" und "Profiteure" zu einer Schicksalsgemeinschaft zusammenschweißt. Die Kranken sind die "nützlichen Idioten", die ohne Not in den frei erfunden Zug "Mobilfunksyndrom" einsteigen, öffentlich Radau machen, Demos und Infoabende veranstalten, Vereine gründen und die Politik wild machen. Diese Idioten, auch ich war einmal einer von ihnen, ziehen unentgeltlich den Karren, auf dem die Profiteure sitzen (manche tarnen sich beschönigend als "Schutzorganisation") und ihre Geschäfte machen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Befindlichkeitsstörung, EHS, Umweltmediziner, Mobilfunksyndrom, Blendwerk, Profiteur, Mikrowellensyndrom, Geistheiler, Karren, Krankmacher, nützliche Idioten, Schutzorganisation, Symdrom


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