Sprengwort: motorbetriebener Router (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 14.12.2013, 00:51 (vor 3780 Tagen)

Was Mobilfunkgegner verlauten lassen ist nicht selten falsch, unzutreffend, nur die halbe Wahrheit oder einfach nur blanker Unsinn. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre gibt es auch noch die Top-Kategorie "haarsträubend". Dazu zähle ich öffentliche Verlautbarungen, die jeglichen Sachverstand vermissen lassen. Manchmal genügt schon ein einziges falsches Wort, um zu erkennen, hier ist jemand jenseits seiner Kompetenzen unterwegs.

Ein schönes Beispiel für so ein Sprengwort habe ich heute zufällig bei elektrosmognews gefunden.

Im Oktober 2012 brachte diese Website die Meldung: Gesundheitsexperten aus 20 Ländern warnen vor „Smart Meter“.

[image]Das erste, was auffällt, ist die liebevoll animierte Grafik im Kopf der Seite. Stutzig macht, dass es sich dabei nicht um ein Smart Meter handelt, sondern um den völlig harmlosen Heizkörperthermostaten Max! (Foto), den es bei ELV für 29,95 Euro zu kaufen gibt, und der sich ausschließlich um wohlige Wärmestrahlen kümmert.

Der "offene Brief", um den es auf der Seite geht, ist schlimmer, denn unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit wird nur gewöhnliche Panik geschürt. Kein Wunder, denn die 54 Unterzeichner sind samt und sonders der Anti-Mobilfunk-Szene zuzuordnen; das ist in etwa so aussagekräftig, als ob man 1990 die im "Verband der Cigarettenindustrie" zusammengeschlossenen Firmen gefragt hätte, ob Passivrauchen ungesund sei. Etliche der Unterzeichner sind seit vielen Jahren im Geschäft und unterzeichnen alles, solange es nur um Elektrosmog-Alarm geht. Belege dafür sind hier im Forum zu finden. Doch das nur am Rande, ebenso wie die Hintergründe dieses "offenen Briefes", denn ich will auf etwas ganz anderes hinaus.

Wenn man den deutschen Text bei elektrosmognews überfliegt, lassen einen unbelegte Tatsachenbehauptungen erschauern wie etwa diese, die in vielen Alarmmeldungen einen festen Platz hat: "Kinder sind besonders gefährdet". Wer so etwas und vieles mehr mit der Inbrunst der Überzeugung schreibt, der muss Peilung haben. So dürfte es sich der Dorfschulze von Obereggersberg denken, sollte er jemals über den markigen Artikel stolpern.

Doch was ist das?! Eingebettet in einen Absatz voll fachlich hanebüchener Behauptungen findet sich ein traumhaft schönes Sprengwort:

• „Leute in der Nähe eines „smart meters“ sind Risiken im wesentlich größeren Umfang einer HF-/Mikrowellen-Exposition als bei einem Mobiltelefon ausgesetzt, ganz abgesehen von der kumulativen Exposition von Menschen, die in der Nähe von mehreren zusammen angebrachten „smart metern“, motorbetriebenen Routern oder Sammelinstallationen von „smart metern“ leben, die eine dritte Antenne benutzen, um HF-Signale von 500 bis 5000 Häusern (gebündelt) weiterzuleiten“

Der für elektrosmognews tätig gewesene Übersetzer des amerikanischen Originals hat sich mit den motorbetriebenen Routern ein Denkmal gesetzt. Und niemand bei elektrosmognews ist der peinliche Übersetzungsfehler aufgefallen, als seinerzeit die Seite formatiert und ins www gehievt wurde.

Ohne Zuhilfenahme des Originals lässt sich nicht ersinnen, was ein motorbetriebener Router sein könnte. Im Ursprungstext heißt der Findling denn auch ganz anders, nämlich "pole-mounted router" was soviel bedeutet wie ein Router, den man mit einem Montagesatz an einen Mast (z.B. Lichtmast) befestigen kann. Das sind dann natürlich keine W-LAN-Router mehr, wie man sie als Kunde von Telekom und Co. heute nachgeworfen bekommt, sondern Profigeräte für kommerzielle Nutzung, etwa der unten abgebildete Router der Serie 1000 von Cisco.

Fazit: Schuster, bleib bei deinem Leisten.

[image]

[Editiert am 14.12.2013, 9:30 Uhr]

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
W-LAN, Brief, Smart-Meter


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