Revision: BVG erleichtert Mobilfunkmasten im Außenbereich (Allgemein)
Der Verwaltungsgerichtshof hat aber die Revision zum Bundesverwaltungsgerichts zugelassen, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, welche Anforderungen an die Ortsgebundenheit einer der öffentlichen Versorgung dienenden Mobilfunkanlage zu stellen sind. Die Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils eingelegt werden.
Eine Klärung aus Leipzig ist also zu erwarten ...
So geschehen am 20. Juni 2013:
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen ein Funkmast für Telekommunikationseinrichtungen (Mobilfunk) nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert im Außenbereich zulässig ist.
Gegenstand des Revisionsverfahrens war die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Mobilfunk-Sendeanlage im Außenbereich (§ 35 BauGB) besitzt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat der Klage entsprochen, der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat auf die Berufung der Beigeladenen die Klage abgewiesen. Streitig war insofern, ob die beantragte Mobilfunk-Sendeanlage nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert zulässig ist. Im Revisionsverfahren war zu klären, welche Anforderungen an die Ortsgebundenheit einer Anlage der öffentlichen Versorgung mit Mobilfunkdiensten gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB zu stellen sind. Die Oberverwaltungsgerichte beantworten diese Frage uneinheitlich. So soll es für die Ortsgebundenheit ausreichen, wenn zur Erfüllung der Versorgungsfunktion funktechnisch geeignete Standorte im Innenbereich zivilrechtlich nicht verfügbar sind. Dem konnte sich der Verwaltungsgerichtshof Mannheim in der angefochtenen Entscheidung nicht anschließen.
Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Funkmastes im Gebiet der beigeladenen Gemeinde. Die hierfür beantragte Baugenehmigung wurde abgelehnt, weil die Gemeinde das insoweit erforderliche Einvernehmen verweigert hatte. Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf die Berufung der beigeladenen Gemeinde hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim die Klage jedoch abgewiesen. Nach seiner Auffassung ist das Vorhaben der Klägerin nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert zulässig, denn es könne ebenso gut im Innenbereich verwirklicht werden, was sich aus der von der Klägerin vorgelegten Standortanalyse ergebe. Dass die im Innenbereich in Frage kommenden Standorte zivilrechtlich nicht verfügbar seien, weil sich die Eigentümer weigerten, diese der Klägerin zur Verfügung zu stellen, sei unbeachtlich. Damit fehle es an der von § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB vorausgesetzten Ortsgebundenheit.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung der beigeladenen Gemeinde zurückgewiesen. § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB setzt zwar die Ortsgebundenheit des Vorhabens als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal voraus. Aufgrund der technischen Besonderheiten des Mobilfunks ist es allerdings nicht erforderlich, dass das Vorhaben auf einen einzigen Standort angewiesen ist. Es können vielmehr auch mehrere Standorte innerhalb eines bestimmten Raumes in Betracht kommen, von denen aus der Funkmast seine netzbezogene Versorgungsfunktion erfüllen kann. Schließt ein solcher Raumbezug auch Standorte im Innenbereich der Gemeinde ein, ist die Außenbereichsprivilegierung des Vorhabens nur dann zu bejahen, wenn dem Funkmastbetreiber ein Ausweichen auf einen solchen Standort - etwa weil dieser zivilrechtlich nicht verfügbar ist - nicht zugemutet werden kann. Davon war im vorliegenden Fall auszugehen, so dass das Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegiert zulässig ist.
BVerwG 4 C 2.12 - Urteil vom 20. Juni 2013
Vorinstanzen:
VGH Mannheim 8 S 1796/10 - Urteil vom 17. Februar 2012
VG Stuttgart 6 K 1177/09 - Urteil vom 30. Juni 2009
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23.02.2012, 12:41
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