SAR-Kennzeichnung: Streit in San Franzisko (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 26.04.2011, 10:27 (vor 4962 Tagen)

Von hiesigen Mobilfunkgegnern unkommentiert hat San Franzisko im Juni 2010 eine Verordnung erlassen, dass in der Stadt und ihrem Landkreis nur noch Handys verkauft werden dürfen, wenn deren SAR-Wert für den Käufer ersichtlich ist (San Francisco's cell phone right-to-know ordinance). Händler sind z.B. verpflichtet, für die in Schaufenstern ausgestellten Handys mit Schildchen den SAR-Wert jedes Geräts zu benennen, einer grundsätzliche Erklärung des SAR-Werts bereit zu halten und den Käufer darauf hinzuweisen, dass er vom Händler mehr Aufklärung über den SAR-Wert erfragen kann.

Grund für diese Verordnung ist die Sorge, dass allzu üppiger Gebrauch von Handys langfristig einen Hirntumor zur Folge haben kann.

Die amerikanische Mobilfunkindustrie hat diese Verordnung nicht hingenommen, sondern in Gestalt der CTIA noch im Juli 2010 die Stadt auf Rücknahme dieser Verordnung verklagt. Seither wird nun heftig gerungen.

Auch das von Mobilfunkgegnern häufig strapazierte Mittel der öffentlich zu zeichnenden Petition wurde eingesetzt, um in diesem Ringen Punkte zu machen. Allerdings ist dieser Weg der bürgerlichen Willensbekundung in der Mobilfunkdebatte bisher stets ein Weg in den Abgrund gewesen, wenn eine solche Petition keine machtvolle Demonstration, sondern sich als eher klägliches Rinnsal herausstellte. So erging es auch der in Privatinitiative entstandenen San-Franzisko-Petition, die trotz Beteiligung aus dem Ausland bei 192 Zeichnern stecken blieb. Stadt und Land San Franzisko kommen zusammen auf rund 4 Mio. Bewohner.

Am 24. April 2011 griff John Diaz vom San Francisco Chronicle in den Streit ein und veröffentlichte einen Leitartikel zugunsten der SAR-Kennzeichnung. Inhaltlich ist bei diesem Artikel das inzwischen altbekannte Kronzeugen-Schema erkennbar: Jemand (hier: Milton Marks III) berichtet aus eigener Erfahrung über sein Schicksal (hier: Hirntumor) und seinen Verdacht (hier: schuld am Tumor ist das Handy). Welche enorme Schockwirkung von so einer einzigen Schilderung ausgehen kann, haben wir hier gezeigt. Allerdings: Dieser Alarmknopf wurde inzwischen schon zu häufig gedrückt und vor Gericht als Fehlalarm abgewiesen, als dass sich noch ein Beben wie damals 1993 im Fall Reynard ereignen könnte. Auch deshalb nicht, weil Diaz in seinem Artikel erst gar nicht versucht, den Verdacht seines Kronzeugen als erwiesene Tatsache zu verkaufen.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
SAR, Hirntumor, USA, Reynard

San Franzisko: Handy-Informationsverordnung tritt in Kraft

Doris @, Donnerstag, 06.10.2011, 23:18 (vor 4798 Tagen) @ H. Lamarr

Von hiesigen Mobilfunkgegnern unkommentiert hat San Franzisko im Juni 2010 eine Verordnung erlassen, dass in der Stadt und ihrem Landkreis nur noch Handys verkauft werden dürfen, wenn deren SAR-Wert für den Käufer ersichtlich ist (San Francisco's cell phone right-to-know ordinance)......

Die amerikanische Mobilfunkindustrie hat diese Verordnung nicht hingenommen, sondern in Gestalt der CTIA noch im Juli 2010 die Stadt auf Rücknahme dieser Verordnung verklagt. Seither wird nun heftig gerungen.

San Francisco: Handy-Informationsverordnung tritt in Kraft

In San Francisco ist die erste Handy-Verordnung in den USA in Kraft getreten, die Einzelhändler verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren, wie sie ihre Strahlenbelastung durch die Geräte begrenzen können. Die Gesetzgebung fordert die Shops auf, ein Informations-Plakat in den Verkaufsstellen anzubringen und Informationsblätter an Interessierte und Handy-Käufer weiterzugegeben. Die Wireless Association (CTIA) hat diese San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung angefochten. Am 4. Oktober 2011 hat sie beim Bundesgericht beantragt, die Durchsetzung der San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung zu verhindern. In ihrem Antrag erklärt die CTIA, die Verordnung verlange von den Einzelhändlern, irreführende Aussagen und Grafiken zu verteilen, welche die falsche Botschaft vermitteln, dass Mobiltelefone, die von der FCC (Federal Communications Commission) zugelassen sind, nicht sicher seien.

Detaillierte Informationen zur San Francisco Handy-Verordnung und Download der Informationsmaterialien unter: http://www.sfenvironment.org/our_programs/interests.html?ssi=2&ti=3&ii=250
Weitere Informationen über den Antrag der CTIA: http://www.ctia.org/media/press/body.cfm/prid/2127

Quelle: WIK-EMF Brief Nr. 60 vom 06.10.2011

Mit besten Grüßen von Dr. Uwe Kullnik

H. Lamarr @, München, Freitag, 07.10.2011, 00:16 (vor 4798 Tagen) @ Doris

Die Wireless Association (CTIA) hat diese San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung angefochten. Am 4. Oktober 2011 hat sie beim Bundesgericht beantragt, die Durchsetzung der San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung zu verhindern. In ihrem Antrag erklärt die CTIA, die Verordnung verlange von den Einzelhändlern, irreführende Aussagen und Grafiken zu verteilen, welche die falsche Botschaft vermitteln, dass Mobiltelefone, die von der FCC (Federal Communications Commission) zugelassen sind, nicht sicher seien.

Erinnern Sie sich noch an Dr. Uwe Kullnik? Was die CTIA jetzt vorbringt ist haargenau das, was vor bald zehn Jahren der damalige Direktor globales EMF-Management bei Siemens, der auch im Bitkom-Arbeitskreis Mobilfunk war, zu sagen pflegte: Alle zugelassenen Handys sind sicher, egal, welchen SAR-Wert sie aufweisen. Der "Blaue Engel" für Handys wurde von ihm mit eben diesem Argument abgelehnt. Erfolgreich, wie ein Blick ins völlig leere Fach "Mobiltelefone/Handys" des Blauen Engels zeigt. Dabei gab es mal ein Kinderhandy aus Fernost, das mit Ach & Krach die Vergabekriterien für das Siegel schaffte und eine zeitlang das erste und einzige Handy in dieser Rubrik war. Hat sich für den Anbieter anscheinend nicht gelohnt, denn auch dieses Handy ist dort nicht mehr zu finden.

Hintergrund
FCC changes cellphone safety guidance

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

San Franzisko: Handy-Informations-VO tritt so nicht in Kraft

Doris @, Donnerstag, 03.11.2011, 15:42 (vor 4770 Tagen) @ Doris

einen Monat später sieht die Sache schon wieder ganz anders aus

Die Wireless Association (CTIA) hat diese San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung angefochten. Am 4. Oktober 2011 hat sie beim Bundesgericht beantragt, die Durchsetzung der San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung zu verhindern. In ihrem Antrag erklärt die CTIA, die Verordnung verlange von den Einzelhändlern, irreführende Aussagen und Grafiken zu verteilen, welche die falsche Botschaft vermitteln, dass Mobiltelefone, die von der FCC (Federal Communications Commission) zugelassen sind, nicht sicher seien.


Handy-Informationsverordnung in San Francisco gestoppt

Ein Bundesrichter hat den größten Teil der Rechtsverordnung von San Francisco über Warnhinweise zu Sicherheitsrisiken von Mobiltelefonie wegen Verstoßes gegen das "First Amendment" (1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten) blockiert. In seiner Urteilsbegründung sagte US-Bezirksrichter William Alsup, es sei akzeptabel, den Kunden „Informationsblätter“ zu möglichen Risiken der Handynutzung auszuhändigen, doch bestehe er auf Änderungen der aktuellen Informationsblätter, um bei Kunden nicht den Eindruck zu erwecken, Mobiltelefone seien gefährlich. Die Stadt San Francisco werde ein Bundesberufungsgericht bitten, den Teil der Rechtsverordnung zu bestätigen, der die Einführung des Informationsblatts ermög-licht, sagte San Franciscos Staatsanwalt Dennis Herrera in einer Erklärung.

Weitere Informationen: http://newsandinsight.thomsonreuters.com/Legal/News/2011/10_-_October/Cell_phone_warnings_blocked_in_San_Francisco-judge/
CTIA Stellungnahme zum Beschluss des Federal District Court:
http://www.ctia.org/media/press/body.cfm/prid/2139

Quelle: WIK-EMF Brief Nr. 63 vom 03.11.2011

Tags:
CTIA

San Franzisko: Handy-Informations-VO tritt so nicht in Kraft

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 03.11.2011, 21:38 (vor 4770 Tagen) @ Doris

In seiner Urteilsbegründung sagte US-Bezirksrichter William Alsup, es sei akzeptabel, den Kunden „Informationsblätter“ zu möglichen Risiken der Handynutzung auszuhändigen, doch bestehe er auf Änderungen der aktuellen Informationsblätter, um bei Kunden nicht den Eindruck zu erwecken, Mobiltelefone seien gefährlich.

Nunja, das ursprünglich für die Schaufenster vorgesehene Poster (siehe Bild), das jetzt offenbar nicht mehr aufgehängt werden darf, kann man schon so sehen, dass es eine "Gefährlichkeit" von Handys suggeriert. Das Poster ist mMn das kleinere Problem. Das größere wären die Interessengruppen gewesen, die sich zum übertriebenen Alarm schlagen dieses Posters bedient hätten. Nicht direkt, dazu ist es zu wenig alarmierend, sondern eher indirekt in der Art: Die Behörden von San Franzisko weisen ihre Bürger eindringlich auf Risiken ...


[image]

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Bundesgerichtshof blockiert Handy-Warnungen in SF

Doris @, Mittwoch, 12.09.2012, 23:51 (vor 4456 Tagen) @ Doris

einen Monat später sieht die Sache schon wieder ganz anders aus

Die Wireless Association (CTIA) hat diese San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung angefochten. Am 4. Oktober 2011 hat sie beim Bundesgericht beantragt, die Durchsetzung der San Francisco "Cell Phone Right-to-Know"-Verordnung zu verhindern. In ihrem Antrag erklärt die CTIA, die Verordnung verlange von den Einzelhändlern, irreführende Aussagen und Grafiken zu verteilen, welche die falsche Botschaft vermitteln, dass Mobiltelefone, die von der FCC (Federal Communications Commission) zugelassen sind, nicht sicher seien.

Handy-Informationsverordnung in San Francisco gestoppt

Ein Bundesrichter hat den größten Teil der Rechtsverordnung von San Francisco über Warnhinweise zu Sicherheitsrisiken von Mobiltelefonie wegen Verstoßes gegen das "First Amendment" (1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten) blockiert. In seiner Urteilsbegründung sagte US-Bezirksrichter William Alsup, es sei akzeptabel, den Kunden „Informationsblätter“ zu möglichen Risiken der Handynutzung auszuhändigen, doch bestehe er auf Änderungen der aktuellen Informationsblätter, um bei Kunden nicht den Eindruck zu erwecken, Mobiltelefone seien gefährlich. Die Stadt San Francisco werde ein Bundesberufungsgericht bitten, den Teil der Rechtsverordnung zu bestätigen, der die Einführung des Informationsblatts ermöglicht, sagte San Franciscos Staatsanwalt Dennis Herrera in einer Erklärung.

Neuester Stand:

Court blocks S.F. warning on cell phones

Auszug:
selbst das von Richter William Alsup geforderte "entschärfte" Fact-Sheet würde mehr als Fakten enthalten.
Verbraucher könnten die Liste von Vorsorgeempfehlungen als "Ausdruck San Franciscos Meinung, Mobiltelefone seien gefährlich" interpretieren, sagte der Gerichtshof.
Diese Sicht sei umstritten meinte der Gerichtshof unter Berufung auf die Erkenntnisse der FCC, dass Mobiltelefone sicher seien, wenn die Grenzwerte eingehalten werden.

Die Juristen und Politiker von San Francisco wollen die Entscheidung überprüfen. Von der CTIA- The Wireless Associaton, welche die Klage eingereicht hat, gab es keinen Kommentar.

Ein weiterer Artikel zu dieser aktuellen Entscheidung

Can you hear me now?
und bei diesem Text gibt es ganz unten einen weiteren informativen Link, der den Weg an die Öffentlichkeit geschafft hat, auch wenn drauf steht "not for publication"

Kommentar:
Der Gerichtshof beruft sich auf die Aussage der Federal Communications Commission, eine Regulierungsbehörde, deren Chairmann Julius Genachowski ist.
Dies verwirrt mich im Moment insofern, da Julius Genachowski mir seit paar Wochen ein Begriff ist im Zusammenhang mit der angekündigten Grenzwertüberprüfung nach der IARC Entscheidung.

Louis Slesin reagierte da auf diese Nachricht eher skeptisch/pessimistisch .

Auch Dariusz Leszczynski widmete seine letzte Kolumne diesem Thema (Überprüfung der Grenzwerte durch die FCC)

Ob sich der Bundesgerichtshof nun auf die aktuellsten Erkenntnisse der FCC beruft, deren Veröffentlichung mit einer gewissen Spannung bzw. Misstrauen erwartet werden, oder auf die früheren Erkenntnisse, das weiß ich im Moment noch nicht.
Allerdings, wenn ich diese Nachricht von Louis Slesin lese, dann denke ich, dass Slesin mit seiner Skepsis Recht hatte.

Ok, ist etwas wirr alles und dahinter steigen tut auch nur derjenige, der sich durch die Sache durchliest. Ist aber auch nicht für jeden interessant oder wichtig :wink:

Tags:
Leszczynski, USA, CTIA, Alsup, Bezirksrichter

SAR-Kennzeichnung: San Franzisko hebt Verordnung auf

H. Lamarr @, München, Freitag, 14.06.2013, 00:10 (vor 4182 Tagen) @ H. Lamarr

Von hiesigen Mobilfunkgegnern unkommentiert hat San Franzisko im Juni 2010 eine Verordnung erlassen, dass in der Stadt und ihrem Landkreis nur noch Handys verkauft werden dürfen, wenn deren SAR-Wert für den Käufer ersichtlich ist (San Francisco's cell phone right-to-know ordinance).

In seiner Sitzung vom 7. Mai 2013 hat das San Francisco Board of Supervisors (eine Art Aufsichtsorgan für den Stadtrat) die Kennzeichnungspflicht für Handys wieder rückgängig gemacht. Die San Francisco Business Times kommentierte dies in einer Meldung mit der einprägsamen Titelzeile: San Francisco kills cellphone radiation law.

Unmittelbar vor der entscheidenden Sitzung hatten sich 20 Wissenschaftler, darunter bekannte Mobilfunkgegner, mit einem beschwörenden Aufruf an die elf Mitglieder des Boards gewandt, die Kennzeichnungspflicht nicht zu kippen.

Nachtrag vom 24.07.2014: Im Juli 2014 startete die benachbarte kleine Universitätsstadt Berkeley einen neuen Anlauf, innerhalb ihrer Stadtgrenzen Warnaufkleber auf Handys durchzusetzen.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Berkeley, Warnaufkleber

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum