Anti-Alarm-Statistik: Der Deutsche neigt zur Hysterie (Allgemein)
Wir fürchten uns viel zu viel
Wie bedrohlich sind [Sendemasten], Haartrockner [und Mobiltelefone]? Prasseln bald Urin-Bomben vom Himmel? Ein Statistiker und seine Studenten haben Berichte über angebliche Alltagsgefahren analysiert. Ergebnis: Der Deutsche neigt zur Hysterie.
Die armen Deutschen! Beinahe täglich ereilen sie neue Schreckensnachrichten über verseuchtes Essen, belastete Kleidung oder Technik, die verrückt spielt. Sie haben von verkeimtem Duschwasser gelesen, krebserregendem Feinstaub und Haushaltsgeräten, die plötzlich Feuer fangen. Sie werden überflutet mit Botschaften über rapide steigende Krankheitsrisiken und Todesgefahren. Was ihnen nun helfen könnte in ihrer ständig wachsenden Verunsicherung, wäre ein Besuch bei Walter Krämer an der Universität Dortmund.
Krämer ist kein Psychotherapeut, sondern Professor an der Fakultät für Statistik; 500 Studenten werden dort ausgebildet. Der Mann mit dem dichten Schnauzbart versteht sich als eine Art Verbraucherschützer, nur dass er die Verbraucher nicht vor gefährlichen Produkten warnt, sondern vor falschen Gefahren. Krämer ist der Anti-Alarmist, derjenige, der die Sirene wieder abstellt.
In den vergangenen Jahren hat der 63-jährige Statistiker gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe Hunderte Zeitungs-, Fernseh- und Internetmeldungen über angebliche Alltagsgefahren überprüft. Das Ergebnis der Forschung ist ziemlich beruhigend und lässt sich jetzt in Krämers aktuellem Buch "Die Angst der Woche" nachlesen: Viele Horrorbotschaften, die von Politikern, Lobbyisten und Journalisten verbreitet werden, basieren auf verzerrten statistischen Daten, sind völlig übertrieben oder schlichtweg Unsinn. "Wir fürchten uns viel zu viel", bilanziert Krämer.