Wie Wissenschaft manipuliert wird (Allgemein)
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Im BfArM tut man sich mit dem Diskretionsgelübde schwer. "Bisher geben wir nichts heraus", sagt Friedrich Hackenberger, einer der wenigen, die künftig in Eudract stöbern dürfen. Bittet ihn ein Patient um Hilfe, dann verweist er ihn an den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) - es könnte sich ja um einen Spion der Industrie handeln.
Beim BPI kann dem Patienten selten geholfen werden. Für ein zentrales, öffentliches Register hat die Industrie nämlich nichts übrig. "Hoffentlich wird es so etwas nie geben", sagt Thomas Porstner, Justiziar beim BPI. Die Industrie sei wegen des hohen Geheimnisschutzes sehr vorsichtig mit dem, was sie nach draußen gibt, "da gelten knallharte wirtschaftliche Interessen".
Lieber reicht das BPI den Rat suchenden Patienten weiter an die Fachkreise der Ärzte. Dort herrsche Übersicht genug, heißt es. Doch gerade wegen der Blockadepolitik der pharmazeutischen Industrie ist selbst bei einem gut informierten Mediziner nicht gesichert, dass dieser im Bilde ist. Der Kreis schließt sich.
Einerseits verweist die pharmazeutische Industrie mit Recht darauf, dass ohne Geheimnisschutz Innovationen für den Patienten ausbleiben. Andererseits aber verhindert dieser Schutz wissenschaftliche Erkenntnis zum Nutzen der Patienten und macht es diesen schwer, sich über aktuelle Studien zu informieren. Unterdessen arbeiten weltweit Ärzte ahnungslos an bereits erforschten Therapieansätzen, weil sie nirgends erfahren können, dass die entsprechende Kur woanders längst gescheitert ist.
In anderen Ländern werden die Patientenrechte höher geachtet. Unter www.clinicaltrials.gov sind in den USA zumindest alle öffentlich geförderten Projekte einsehbar. Dort können Ärzte und Patienten ihre Fragen eintippen. Auf die Stichwörter "lung cancer, New York" wirft das System dann 71 Studien aus, für die noch Versuchspatienten gesucht werden. Auch kommerzielle Institutionen nutzen nämlich die Vorteile der Transparenz - denn sie eröffnet ihnen die Möglichkeit, für ihre Studien zu werben. In Großbritannien empfahl der Verband der Arzneimittelindustrie seinen Mitgliedern, die Web-Seite www.controlled-trials.com mit Informationen zu bestücken. "Sie haben begriffen, dass sie dreistellige Millionenbeträge sparen, weil sie viel schneller an Probanden kommen", sagt Gerd Antes.
In Deutschland ist es um die Transparenz schlecht bestellt. Es existieren zwar verstreute Register (vor allem ärztlicher Fachgesellschaften), aber keine zentrale Sammelstelle. Dabei hätten die Probanden ein moralisches Recht auf die Verwertung der Ergebnisse. Schließlich haben sie ihr Wohl riskiert, damit sie selbst oder andere vom Therapieversuch profitieren.
Aus ethischen Gründen, sagt Antes, müsse zumindest ein patentrechtlich unbedenklicher Minimaldatensatz gespeichert werden: "Die Industrie pocht immer auf Datenschutz, weil sie so tut, als ob sie sonst alles publizieren müsste." Dabei gehe es nur darum, die Kontaktadresse, das Ziel der Studie und ihren derzeitigen Status mitzuteilen - "nicht Einzelheiten, die schutzbedürftig wären.
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28.04.2004, 12:12
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- Die Tricks der Pharma-Industrie -
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- Die Forschung kann also unser Problem nicht lösen - H. Lamarr, 30.04.2004, 13:01
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