Reihenweise "echte" Elektrosensible - schon 2005 gefunden? (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 18.12.2012, 22:54 (vor 4354 Tagen)

Angeblich schreibt der Theologe Prof. Werner Thiede in seinem jüngst erschienenen Buch auf Seite 115:

Lerchl versichert 2007, in keiner der bislang durchgeführten Studien sei nachzuweisen gewesen, dass Personen, die sich als elektrosensibel bezeichnen, das Vorhandensein von elektromagnetischen Feldern eindeutig erkennen konnten. Die Wahrheit sieht indessen so aus, dass bereits 2005 Hans-Peter Neitzke und Julia Osterhoff vom Ecolog-Institut in Hannover gezeigt hatten: In fünf von 17 Arbeiten, die die Elektrosensivität untersuchen, werden Personen identifiziert, die reproduzierbar elektrosensitiv sind.

Eine mMn erstaunliche Textpassage, die sich in keiner Weise mit dem deckt, was die Arbeitsgruppe Rubin et al. in ihren Übersichtsarbeiten über zuletzt 63 Elektrosensiblen-Studien zu berichten hat.

Ich hoffe es lässt sich das Original der Arbeit der beiden Ecolog-Leuten auftreiben und dann werden wir ja sehen, was an der Behauptung des Pfarrers dran ist und wie substanziell seine Quelle ist.

Unangenehm befremdlich finde ich die Polarisierung, die Prof. Thiede mit der Gegenüberstellung einer "Versicherung Lerchls" und der "Wahrheit, gezeigt von Ecolog" reichlich ungeniert betreibt. Woher will der Pfarrer denn wissen, dass die beiden Ecolog-Leute die Wahrheit sagen? Er kann es nicht wissen! Er glaubt aber augenscheinlich so fest dran, dass er die Distanz verliert, die ein ernst zu nehmender Wissenschaftler, jedenfalls einer der Naturwissenschaften, gegenüber seinem Forschungsobjekt haben sollte. So seicht wie der Vers auf Seite 115 darf mMn nur Pseudowissenschaft sein. Ich fürchte, der Gottesmann überschätzt seine Kompetenzen in den naturwissenschaften Fächern, und ich fürchte weiter, der Gottesmann ist sich nicht darüber im Klaren, dass elektromagnetische, magnetische und elektrische Felder drei Paar Schuhe sind - und nicht "irgendwie" gleich.

Vielleicht weiß er es noch gar nicht, aber Prof. Thiede sitzt in einem Glashaus. In welchem genau, das habe ich schon seit langem vor zu erzählen, schiebe es aus Zeitmangel aber vor mir her. Da momentan in der Ecke der Mobilfunkgegner viel Werbung für sein Buch gemacht wird, juckt es mich wieder heftiger, die für einen Wissenschaftler nicht sonderlich rühmliche Geschichte aufzuschreiben. Mal schauen, vielleicht über die Weihnachtstage ...

Hintergrund
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Entwertung, Selbstüberschätzung, Mythen, Rubin, Pseudowissenschaft, Pfarrer, Deutungshoheit, Forscher, Thiede, Theologe, Polarisierung


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