„Streitfall Mobilfunk“. Die groben Fehler des BUND (Allgemein)

Ikarus, Sonntag, 26.09.2010, 18:56 (vor 5168 Tagen) @ Ikarus

(Fortsetzung)

6.
Seite 7 oben: „Wissenschaftliche Ergebnisse einer Einwirkung von elektromagnetischen Feldern sind demnach bekannt und akzeptiert, die Frage nach der gesundheitlichen Bedeutung ist umstritten (…).“ und gleich der nächste Satz: „Einen kausalen Nachweis von Gesundheitsschäden durch Mobilfunk wird es in absehbarer Zeit nicht geben, da noch Forschungsbedarf besteht.“

Hier verbinden sich logische Kurzschlüsse und nebulöse Prophezeihungen in abenteuerlicher Weise. Also im ersten Satz wird zutreffend beschrieben, dass die Frage nach der gesundheitlichen Bedeutung umstritten sei, im zweiten wird gesagt, dass es einen kausalen Nachweis von Gesundheitsschäden in absehbarer Zeit nicht geben werde, weil noch nicht genug geforscht wurde. Also die altbekannte Forderung nach weiterer Forschung, ohne zu sagen, was denn erforscht werden solle. Aber, so die implizite Hoffnung, dann werde man schon einen kausalen Zusammenhang finden.

7.
Seite 7 Mitte: „Kommen die Forschungsgelder aus der Mobilfunkindustrie, sind die Ergebnisse anzuzweifeln.“
In dieser Deutlichkeit ist das noch nicht von einer so angesehenen Organisation gesagt worden. Dieser Generalverdacht wird auch nicht allgemein begründet. Sind damit nach Meinung des BUND die Ergebnisse de Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms (DMF; Abschluss 2008) insgesamt „anzuzweifeln“? Nebenbei: Das DMF wird in der Broschüre nicht mal erwähnt!

8.
Seite 7 Mitte: „Die Anwälte der Mobilfunkindustrie verschleppen den Aufklärungsprozess.“
Welche Anwälte? Von Anwälten ist im folgenden Text keine Rede. Falls Frau Günther die Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber gemeint hat (letzte Zeile), ist das ohne Belege jedenfalls nicht hilfreich, sondern allenfalls ein Beleg für Hilflosigkeit.

9.
Seite 9 (ganze Seite, Kasten). Hier wird auf die Wiener Studien Bezug genommen (den Namen dort kann ich hier nicht schreiben, kommt eine Fehlermeldung ...), als hätte es all die unerfreulichen Enthüllungen, seit 2008 veröffentlichten (!) Zweifel der Herausgeber und Pressemitteilungen der MedUni Wien etc. um die Studien nicht gegeben. Scheuklappe? Selektive Wahrnehmung? Ignoranz? Unkenntnis? Starrsinn? Was immer den BUND dazu veranlasst hat, wichtige Informationen zu unterschlagen, ein Ruhmesblatt ist das nicht.

10.
Jetzt wird es ernst. Seite 15 unten: „Handys gehören überhaupt nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen!“ (Ausrufungszeichen wie im Original). Wie kommen der BUND / Frau Günther dazu, so ein potenziell gefährliches Statement abzugeben? Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt *vorbeugend*, dass Kinder (und schon mal nicht Jugendliche!) *möglichst wenig* mobil telefonieren sollten, aus Vorsorge, da die Datenlage bei Kindern noch nicht ausreichend ist. Zitat: „Das BfS empfiehlt daher, Handytelefonate bei Kindern so weit wie möglich einzuschränken“. Quelle: http://www.bfs.de/de/elektro/hff/empfehlungen_handy.html. Die „Empfehlung“ des BUND ist aber *qualitativ* eine völlig andere: Kinder und Jugendliche sollen Handys *GAR NICHT* benutzen. Warum ist das ein mMn gefährliches Statement? Man stelle sich vor: Kinder und Jugendliche kommen Tag für Tag in unangenehme bzw. gefährliche Situationen (Straßenverkehr, Bus fällt aus, Disko, usw. usf.). Ein Anruf vom Handy an die Eltern / den Freund / die Freundin oder auch die Polizei, und Hilfe kommt. Aber der BUND stellt sich hin und sagt, das solle nicht sein? Ich wünsche dem BUND nicht, dass mal etwas passiert, weil ein Handy nicht da war und jemand sagt später: „Aber der BUND hat doch gesagt…“.

11.
Seite 17 oberes Drittel: „Die Betreiber haben keine Haftpflichtversicherung für Gesundheitsschäden, so dass letztlich der Eigentümer des Grundstücks haftet.“
So ein blühender Unsinn, der ganz offensichtlich (im Zusammenhang mit der Kapitelüberschrift und dem weiteren Text) nur dem Zweck dient, Druck auf den „Nachbarn“ auszuüben, der es wagt, sein Grundstück an einen Betreiber zu vermieten.

12.
Das Kapitel 9 („Gesundheitlich Betroffene“, S. 18-20) ist das gebetsmühlenartige Aufzählen von all den Krankheiten und Beschwerden, die angeblich auf Mobilfunk zurückzuführen sind. Alle seit Jahren bekannten Studien, die einen solchen Zusammenhang eben nicht erkennen können, werden konsequent ignoriert. Eine ehrliche und umfassende Information sieht anders aus!
Aber, und jetzt wird es wirklich absurd: im Kapitel „Schuldenfalle Mobilfunk“ auf Seite 22 lautet es dagegen: „Der Nachweis eines direkten Zusammenhangs von Erkrankung und Mobilfunkexposition lässt sich nur schwer erbringen, da bislang keine spezifischen Krankheitssymptome und Schäden gefunden wurde, die mit einer Funkbelastung unterhalb der derzeitig gültigen Grenzwerte unmittelbar verknüpft werden können.“
Kann man das verstehen?

Also den BUND kann man in der Diskussion wohl komplett vergessen.

Tags:
BUND, Druck, DMF, Broschüren, Ignoranz, Wien, Lobbyismus, Versicherung, Starrsinn


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