Diagnose-Funk ist Spitze, aber Manfred ist Spitzer (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 16.12.2014, 10:51 (vor 3627 Tagen)

Mit seinem Buch "Digitale Demenz" hat sich Manfred Spitzer viele Feinde gemacht - und mit dem Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk auch einen Freund. Der Verein bemüht sich seit 2006 vergeblich, der Menschheit die lebensbedrohende Gefährlichkeit von Mobiltelefonen einzureden. Während der durchwegs mit mobilfunktechnischen Laien besetzte Verein in der elektromagnetischen Strahlung den Unhold sieht, geht Experte Spitzer von schädlichen neuronalen Veränderungen im Hirn aus, die aus dem gewohnheitsmäßigen Gebrauch digitaler Medien resultieren. Die gemeinsame Basis von Spitzer und Diagnose-Funk ist also nicht breiter als die Schneide eines Messers. Dennoch kokettiert der Verein mit Spitzer, als wäre dieser einer von ihnen. Und selbstverständlich huldigt der Verein Spitzer mit den Insignien seiner Kompetenz, schreibt vom Professor, der ein führender Hirnforscher sei. Diagnose-Funk schwingt sich damit auf die Schultern Spitzers, will, da selbst ohne Fachkompetenz, von der Kompetenz des führenden Hirnforschers ein bisschen Glanz abhaben: Der große starke Spitzer, der von seinen glühenden Anhängern in Stuttgart aller Voraussicht nach nichts weiß, soll dem kleinen Verein zu mehr Geltung verhelfen. Über den lästigen Umweg des Geplappere um "Medienkompetenz" will der Verein seine kruden Strahlungsängste als heimlich mitreisenden blinden Passagier dann doch noch in die Köpfe der Menschen einschleusen. So sieht aus meiner Sicht der Plan aus, mit dem Diagnose-Funk den Sturz in die völlige Bedeutungslosigkeit aufhalten will.

Schlau eingefädelt. Als Vater von drei Kindern weiß ich jedoch: Wer auf den Schultern eines anderen sitzt, kommt dann zu Fall, wenn der Träger unvermittelt meint, durch eine offene Tür gehen zu müssen.

Soll heißen: Der Glanz, den sich Diagnose-Funk vom Schmusen mit Spitzer erhofft, kann leicht zum schiefen Licht werden, denn der führende Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Spitzer ist alles andere als unumstritten. So stört sich ein kritischer Beobachter massiv daran, dass Spitzer Studien selektiert, ausschließlich belastende Studien zitiert und alles Entlastende weg lässt. Spitzer benutzt also auf seinem Gebiet genau den gleichen verwerflichen Trick, den auch Diagnose-Funk praktiziert: Manipulieren durch Weglassen aller Gegenstimmen. Aus diesem Grund gibt es mWn auch keine Anti-Mobilfunk-Website, bei der die technisch mögliche Kommentarfunktion frei geschaltet ist. Mobilfunkgegner fürchten seit jeher kompetenten Widerspruch.

Hier einige willkürlich ausgewählte weitere Gegenstimmen zu Spitzers Thesen:
Die Welt: Droht uns tatsächlich die digitale Verdummung?
Lehrerfreund: Die Wahrheit über Manfred Spitzers ‘Digitale Demenz’
GMK: Kompetenz statt Demenz – Linksammlung zu Manfred Spitzer
Süddeutsche: Krude Theorien, populistisch montiert
Carta: Zwischenbilanz zu Spitzers “DigitaleDemenz”

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Diagnose:Funk, Google-Experte, Bedeutungslosigkeit

Software hilft beim Rechnen

Alexander Lerchl @, Dienstag, 16.12.2014, 11:53 (vor 3627 Tagen) @ H. Lamarr

Soll heißen: Der Glanz, den sich Diagnose-Funk vom Schmusen mit Spitzer erhofft, kann leicht zum schiefen Licht werden, denn der führende Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Spitzer ist alles andere als unumstritten. So stört sich ein kritischer Beobachter massiv daran, dass Spitzer Studien selektiert, ausschließlich belastende Studien zitiert und alles Entlastende weg lässt. Spitzer benutzt also auf seinem Gebiet genau den gleichen verwerflichen Trick, den auch Diagnose-Funk praktiziert: Manipulieren durch Weglassen aller Gegenstimmen. Aus diesem Grund gibt es mWn auch keine Anti-Mobilfunk-Website, bei der die technisch mögliche Kommentarfunktion frei geschaltet ist. Mobilfunkgegner fürchten seit jeher kompetenten Widerspruch.

Interessant ist auch, dass Herr Spitzer Daten (mit-)veröffentlicht hat, die diametral seiner These widersprechen:

Scharnagl, S., Evanschitzky, P., Streb, J., Spitzer, M., & Hille, K. (2014). Sixth Graders Benefit from Educational Software when Learning about Fractions: A controlled Classroom study. Numeracy, 7(1), Article 4.
(Sechstklässler profitieren von Bildungssoftware beim Erlernen von Bruchrechnen: eine kontrollierte Klassenraum-Studie.)

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

Manfred Spitzer & Norbert Fischer

H. Lamarr @, München, Dienstag, 16.12.2014, 15:31 (vor 3627 Tagen) @ H. Lamarr

Mit seinem Buch "Digitale Demenz" hat sich Manfred Spitzer viele Feinde gemacht - und mit dem Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk auch einen Freund.

Schau mal einer an, Prof. Spitzer und Dr. med. Norbert Fischer kennen sich, sie sitzen gemeinsam im GZU-Lenkungsausschuss des Universitätsklinikums Ulm. Da ist ein Gedankenaustausch, auch über unser Lieblingsthema, nicht von der Hand zu weisen. Und noch eine Parallelität: 2012 kam Spitzer mit seinem Buch heraus, 2012 unterzeichnete Fischer als einer der ersten die Neuauflage des unsäglichen Freiburger Appells.

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Landesärztekammer, Spitzer, Fischer

Diagnose-Funk und Professor Spitzer?

Trebron, Mittwoch, 17.12.2014, 11:02 (vor 3626 Tagen) @ H. Lamarr

Hm, also Professor Spitzer in der Nähe von Diagnose Funk? Für mich unvorstellbar, der Mann hat ja einiges mehr als nur Abitur. Die Ziele sind auch gänzlich verschieden. Er macht, für seine Nicht-Mediziner-Leserschaft, auf mögliche Nachteile durch übertriebene Nutzung moderner Medien im Kindesalter aufmerksam. Die Glotze als alleiniger Babysitter ist, altbekannt, nicht gerade Intelligenz-fördernd ;-). Diagnose Funk ist alles Recht, um wirre Ängste zu schüren. Dabei ist die erste Generation der durch Babyphone schwerst Geschädigten mit anschließendem Dauer-Über-Konsum sämtlicher neuer Gerätschaften und Medien doch bereits auf dem Wege zu den Lehrstühlen der Universitäten. Und wie schon immer, seit unsere Vorfahren von den Bäumen stiegen, gibt es auch solche, denen allein das Wischen auf dem Display Freude genug fürs Leben gibt. Ohne weitergehende eigene Ansprüche.
Professor Spitzer kann sich als Vielschreiber und populärer Vortragsreisender nicht dagegen wehren, von Diagnose Funk vereinnahmt zu werden. Und das wäre wohl auch total unter seinem Level.
Professor Spitzer habe ich als Redner bei mehreren großen Veranstaltungen erlebt. Ein begnadeter Unterhalter, der das Bad in der Masse zu genießen scheint. Die Ergebnisse seiner Hirn-Forschung hat er, soweit ich das verstehe, auch besonders gerne vor Laienpublikum vorgestellt. Ja, er kann einen vollen Saal begeistern. Als Populisten verstehe ich ihn nicht. Aber seine Bücher für Nicht-Mediziner habe ich nach den erlebten Vorträgen nicht mehr gelesen. Die Diskussion darüber (Links von Spatenpauli) dafür umso lieber.

Noch'n Professor

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 17.12.2014, 14:13 (vor 3626 Tagen) @ Trebron

Professor Spitzer habe ich als Redner bei mehreren großen Veranstaltungen erlebt. Ein begnadeter Unterhalter, der das Bad in der Masse zu genießen scheint.

Damit da kein Missverständnis aufkommt: Auch ich war von Herrn Spitzer bereits angetan, als Diagnose-Funk noch in den Windeln lag.

Genauso begeistert war ich allerdings auch einmal von dem Staatsanwalt, der im großen Frankfurter Holzschutzmittelprozess Ankläger war und später an der FH Frankfurt lehrte. Dann kreuzte Herr Schöndorf plötzlich bei den Mobilfunkgegnern auf - und vorbei war's. Zur Ehrenrettung des Ex-Staatsanwaltes möchte ich sagen: Er legte bei den Mobilfunkgegnern nur ein unglückliches Intermezzo hin und zog sich mWn nach schnell zurück, als er merkte, in was für eine obskure Szene er hineingeraten war.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
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Neues Studie: Der Mythos von der digitalen Demenz

Gast, Samstag, 03.01.2015, 18:10 (vor 3608 Tagen) @ H. Lamarr

Mit seinem Buch "Digitale Demenz" hat sich Manfred Spitzer viele Feinde gemacht - und mit dem Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk auch einen Freund.

Am 2. Januar 2015 bei Spiegel-Online frisch reingekommen:

Muss ich mir nicht merken, finde ich online! Macht uns das Internet immer dümmer? Eine Studie zeigt, dass unser Gehirn keinesfalls verkümmert, wenn es Wissen digital auslagert. Ganz im Gegenteil.

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