Schweiz: Bundesgericht erteilt Korrekturfaktor seinen Segen (Allgemein)
Am 20. Oktober 2021 bewilligte die Bausektion der Stadt Zürich dem Mobilfunknetzbetreiber Swisscom die Erweiterung und Änderung einer bestehenden Mobilfunkantennenanlage auf dem Dach des Klinikgebäudes an der Forchstrasse 340 in Zürich. Ein Einsprecher erhob dagegen Rekurs. Letztinstanzlich wies am 9. Dezember 2024 auch das schweizerische Bundesgericht die Beschwerde des Einsprechers mit einer bemerkenswerten Urteilsbegründung ab.
Bemerkenwert ist die Urteilsbegründung des Bundesgerichts im Fall 1C_307/2023 deshalb, weil das Gericht eine ganze Reihe von Argumenten widerlegt, mit denen organisierte Mobilfunkgegner ihre Anhänger zu Einsprachen ermuntern. Dem Einsprecher aus Zürch kam seine Vertrauensseligkeit teuer zu stehen, er unterlag in drei Instanzen (Baurekursgericht, Verwaltungsgericht, Bundesgericht) und erhielt allein von den beiden oberen Instanzen Rechnungen über gesamt 8605 CHF Gerichtskosten.
Da das Urteil den Sachverhalt und die Erwägungen des Gerichts so klar und deutlich schildert, dass man auf den Volltext wirklich nur zugreifen muss, um Klartext zu bekommen, verzichte ich diesmal komplett auf Auszüge der Urteilsbegründung.
Stattdessen nennen die folgenden Zeilen diejenigen Argumente des Einsprechers, von denen er vergeblich hoffte, die Bundesrichter beeindrucken zu können. Auch die Begründungen, mit denen die Bundesrichter die Argumente des Einsprechers verwarfen, repetiere ich nicht, sondern nenne nur Querverweise, wo die Widerlegung zu finden ist (z.B. E4, Abschnitt Erwägungen, Absatz 4). Auf diese Weise lässt sich, so die Idee, das umfangreiche Urteil schneller gezielt abarbeiten.
► Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde unter anderem geltend, die Bestimmungen zum Korrekturfaktor seien rechtswidrig. Erwiderung des Gerichts: E3 komplett (Hintergrund), E4.1, E5 komplett, E6 komplett, E7.5.
► Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Regelung des Korrekturfaktors sei derart gewichtig und für die Immissionsbelastung wesentlich, dass deren Festlegung in der NISV nicht stufengerecht sei. Erwiderung des Gerichts: E5.2 bis E5.4.
► Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang zunächst vor, die spezifische Sendecharakteristik von adaptiven Mobilfunkantennen rechtfertige keine Privilegierung gegenüber konventionellen Antennen. Die Vorinstanz missachte, dass bei adaptiven Antennen auch der am stärksten fokussierte Beam noch einen derart grossen Streuungswinkel aufweise, dass neben der Nutzerin bzw. dem Nutzer eine Vielzahl von unbeteiligten Personen mitbestrahlt würden. Es stimme entgegen der Feststellung der Vorinstanz sodann nicht, dass die maximale Sendeleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt nur in eine Richtung abgestrahlt werden könne. Erst wenn die thermische Belastungsgrenze einer Antenne erreicht worden sei, müsse die Antenne bei maximaler Sendeleistung in eine Richtung die Sendeleistung in andere Richtungen reduzieren. Erwiderung des Gerichts: E6.1.2 bis E6.1.5.
► Der Beschwerdeführer moniert ferner, für die Festlegung der Korrekturfaktoren würden nachvollziehbare wissenschaftliche Grundlagen fehlen. Die vom BAFU herangezogenen Studien würden von sehr konservativen Nutzungsszenarien ausgehen. Erwiderung des Gerichts: E6.2.2 und E6.2.3.
► Der Beschwerdeführer beanstandet weiter, dass durch die neu eingeführten Bestimmungen in der NISV für die Berechnung der elektrischen Feldstärke an einem OMEN nicht mehr die maximale, sondern die über 6 Minuten gemittelte Sendeleistung relevant sei. Dadurch würden Spitzenwerte erlaubt, die über den Anlagegrenzwerten lägen. Mit Verweis auf diverse Studien bringt der Beschwerdeführer vor, es seien insbesondere diese Spitzenwerte, die für die gesundheitlichen Auswirkungen entscheidend seien. Das Schutzniveau werde entsprechend gesenkt und die mit dem Anlagegrenzwert geschaffene Sicherheitsmarge entfalle. Erwiderung des Gerichts: E6.3.2 und E6.3.3.
► Was die vom Beschwerdeführer zitierten Studien anbelangt, so hat sich bereits das Baurekursgericht ausführlich damit auseinandergesetzt. Erwiderung des Gerichts: E6.3.4.
► Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 und 2 sowie Art. 14 Abs. 2 NISV, weil das Qualitätssicherungssystem (QS-System) untauglich sei. Erwiderung des Gerichts: E7.1 bis E7.6.
► Weiter macht der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 12 Abs. 2 NISV sowie Ziff. 64 Anhang 1 NISV geltend, weil bei der rechnerischen Prognose der Feldstärke an den OMEN die Relevanz der Reflexionen nicht berücksichtigt werde. Erwiderung des Gerichts: E8.1 bis E8.3.
► Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Vorsorgeprinzips (Art. 11 Abs. 2 USG), weil die heutigen Anlagegrenzwerte angesichts der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse betreffend die gesundheitlichen Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung nicht mehr haltbar seien. Erwiderung des Gerichts: E9.1 bis E9.4.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Bundesgericht vergibt Persilschein an Icnirp
Und nebenbei gibt die höchste schweizerische Gerichtsinstanz in ihrem Urteil 1C_307/2023 vom 9. Dezember 2024 deutlich zu verstehen, was sie von Verschwörungserzählungen über "investigativ" erfragte Interessenkonflikte von Icnirp, deren Mitgliedern, anderen derartigen Gremien und Bundesbehörden hält:
[...] Inwiefern diese jüngere Rechtsprechung überholt sein soll, vermag der Beschwerdeführer mit den in der Beschwerde angerufenen Studien und Berichten, die mehrheitlich bereits in früheren bundesgerichtlichen Verfahren berücksichtigt wurden, nicht aufzuzeigen. Insbesondere ist seine Behauptung, dass sich die ICNIRP, ihre Mitglieder, andere internationale Gremien sowie die Bundesbehörden in einem Interessenkonflikt befänden und befangen seien, nicht geeignet, die Einschätzungen zum aktuellen wissenschaftlichen Stand über die Auswirkungen hochfrequenter Strahlung auf die Gesundheit in Zweifel zu ziehen. Auch mit seinen Ausführungen zur Elektrohypersensibilität vermag der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar aufzuzeigen, weshalb eine Anpassung der NISV-Grenzwerte angezeigt sein sollte [...]
Hintergrund
56-sekündiger Schicksalsfilm über organisierte Mobilfunkgegner ...
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Bundesgericht erteilt Korrekturfaktor seinen Segen: Rezeptionen
Letztinstanzlich wies am 9. Dezember 2024 auch das schweizerische Bundesgericht die Beschwerde des Einsprechers mit einer bemerkenswerten Urteilsbegründung ab.
Wie reagierten die Medien, wie organisierte Mobilfunkgegner? Das Echo ist überschaubar ...
► Schweizer Radio und Fernsehen (10. Januar 2025): Streit um Antennen-Technologie - Bundesgericht entscheidet zu Gunsten von 5G-Antennen
► Marketscreener (10. Januar 2025) und Computerworld (13. Januar 2025): Bundesgericht räumt Beschwerdemöglichkeit gegen Handyantennen weg
► Inside-IT (14. Januar 2025): Mehrere Urteile im Streit um 5G-Antennen
► Verein Gigaherz.ch (14. Januar 2025) und Verein Schutz vor Strahlung (11. Januar 2025): «Bundesgerichtsentscheid zum Korrekturfaktor»
Stand: 15. Januar 2025, Suchbegriff "Bundesgericht Schweiz 9. Dezember Mobilfunk"
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
Bundesgericht erteilt Korrekturfaktor seinen Segen: Rezeptionen
Letztinstanzlich wies am 9. Dezember 2024 auch das schweizerische Bundesgericht die Beschwerde des Einsprechers mit einer bemerkenswerten Urteilsbegründung ab.
Wie reagierten die Medien, wie organisierte Mobilfunkgegner? Das Echo ist überschaubar ...
► Schweizer Radio und Fernsehen (10. Januar 2025): Streit um Antennen-Technologie - Bundesgericht entscheidet zu Gunsten von 5G-Antennen
► Marketscreener (10. Januar 2025) und Computerworld (13. Januar 2025): Bundesgericht räumt Beschwerdemöglichkeit gegen Handyantennen weg
► Inside-IT (14. Januar 2025): Mehrere Urteile im Streit um 5G-Antennen
► Verein Gigaherz.ch (14. Januar 2025) und Verein Schutz vor Strahlung (11. Januar 2025): «Bundesgerichtsentscheid zum Korrekturfaktor»
Stand: 15. Januar 2025, Suchbegriff "Bundesgericht Schweiz 9. Dezember Mobilfunk"
Tagesanzeiger vom 13.01.2025: Angst vor Strahlen: Es steht 2:1 für die Antennengegner