2025 – private Smartphones & Schule (Allgemein)

Gast, Mittwoch, 18.06.2025, 18:09 (vor 20 Stunden, 41 Minuten) @ H. Lamarr

Die Entwicklung ist nicht aufzuhalten, deshalb muss sie gesteuert werden: Baden-Württembergs Schulen bekommen neue Regeln für den Umgang mit Handys außerhalb des Unterrichts. Das vielerorts verlangte Verbot ist vorerst vom Tisch. Peter Hensinger mischt in der Diskussion kräftig mit. Unwidersprochen bleibt er nicht, wie folgender Auszug aus der Wochenzeitung Kontext zeigt.

[...] Ralf Nentwich, Experte für digitale Bildung in der Grünen-Landtagsfraktion, weiß ebenfalls von vielen Kollegien, die Regeln auf den Weg bringen und gemeinsam umsetzen. Dabei stehe häufig mehr im Mittelpunkt, sagt er, als der Umgang mit Handys oder Tablets, es gehe um "digitale Mündigkeit".

Um die sorgen sich Digitalisierungsskeptiker ebenso. Peter Hensinger von Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) will verhindern, "dass die Welt und erst recht die Schulen vom Mobilfunk und den neuen Medien beherrscht werden". Gerade hat er für die SÖS im Gemeinderat eine mehrteilige Analyse der Situation für die Landeshauptstadt vorgelegt. Der pensionierte Pädagoge beklagt einen "39 Millionen Euro Skandal", weil diese Mittel in Digitalisierung von Kitas und Schulen gesteckt würden. Er spricht vielen aus dem Herzen, wenn er unter anderem "Bildschirmfreiheit" fordert sowie ein Verbot privater digitaler Geräte bis zum Ende der vierten Klasse. Er beruft sich auf die "negativen Erfahrungen mit Frühdigitalisierung in den skandinavischen Ländern".

Schweden – doch nicht so nachahmenswert?

Experte Nentwich, aber auch das Kultusministerium halten dagegen – schon allein deshalb, weil die unterschiedlichen Hilfsmittel unterschiedlich betrachtet werden müssten. So seien Tablets oder Notebooks vor allem Arbeitsgeräte. "Und wie die im Unterricht verwendet werden, ist immer eine pädagogische Entscheidung", sagt der Ex-Lehrer und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). "Wir wollen keine Rolle rückwärts", ergänzt Boser. Selbstverständlich sei es weiter richtig auf digitale Lern- und Lehrmethoden zu setzen. Gerade kursierende Meldungen zu einer Umkehr in Skandinavien lassen die Fachleute im Hause Schopper nicht gelten. Bestenfalls verkürzt wiedergegeben, wenn nicht gar falsch sei vor allem der Hinweis auf Schweden.

Das Land fühlte sich lange Zeit als Vorreiter, die dortige Digitalisierungsstrategie wurde hierzulande immer wieder als besonders fortschrittlich gelobt – bis das Karolinska-Institut, die renommierte Medizin-Uni nahe Stockholm, dieses Konzept vor zwei Jahren als zu wenig faktenbasiert einordnete. Vor allem geht es um den Einsatz digitaler Schulbücher. Digitale Lernmaterialien seien zwar erheblich billiger als gedruckte Schulbücher, Untersuchungen zeigten aber, "dass sie negative Folgen haben, die längerfristig zu höheren sozialen Kosten führen können". Digitale Arbeitsgeräte enthielten etwa "viele Ablenkungen, die die Konzentration und das Arbeitsgedächtnis behindern", was wiederum das Lernen beeinträchtige. Außerdem habe das Lesen und Schreiben auf dem Bildschirm "negative Auswirkungen auf das Leseverständnis". Den Schulen sollten lieber zweckgebundene Mittel zur Verfügung gestellt werden, um den Bedarf an gedruckten Schulbüchern zu decken.

Nach Angaben des Kultusministeriums auf Kontext-Anfrage gibt es digitale Schulbücher in Baden-Württemberg aber überhaupt nicht. Nentwich beklagt generell viel zu viel Halbwissen zum Thema und fühlt sich an Europa- oder Weltmeisterschaften im Fußball erinnert, weil in diesen Wochen ebenfalls "Zehntausende Fachleute ohne ausreichende Substanz unterwegs" seien. Einig immerhin sind sich Gegner:innen wie Befürworter:innen weiterer Digitalisierungsschritte, dass die Medienkompetenz schon in Kitas und ab der Grundschule viel stärker in den Blick genommen werden muss. [...]


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum