SAR-Messungen in Leichenköpfen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 15.08.2010, 00:13 (vor 5224 Tagen)

Es wird ja immer wieder mal gerne von schlecht recherchierenden Sendemastengegnern behauptet, die Grenzwerte wären völlig realitätsfern allein an der Erwärmung von Leichengewebe ermittelt worden. Das ist bekanntlich Unfug. Im Jahr 1998 wurden aber tatsächlich einmal die Köpfe frisch Verstorbener für SAR-Messungen verwendet, Lebende hätten dieses Prozedur nicht überlebt. Unerwarteterweise wurde bei diesen Experimenten der Teilkörper SAR-Wert für berufliche Exposition durch Handys von max, 4 W/kg (gemittelt über 1 g Gewebe) überschritten. Die Studie mit dem Titel "Strahlungsabsorption im menschlichen Kopf bei Exposition in hochfrequenten elektromagnetischen Feldern" wurde von der AUVA finanziert. Hier die Zusammenfassung:

Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurden die Absorptionsverhältnisse im menschlichen Kopf bei Exposition im Nahfeld hochfrequenter elektromagnetischer Strahlungsquellen bei den Frequenzen 433 MHz, 900 MHz, 1300 MHz, 1800 MHz und 2450 MHz untersucht. Da die meisten bekannten wissenschaftliche Untersuchungen dieses Themenkreises bisher nur auf Basis von Computersimulationen bzw. auf Basis von Messungen in Nachbildungen des menschlichen Kopfes (Phantomen) beruhen, wurden im Zuge dieser Arbeit die Verhältnisse in realem biologischen Gewebe untersucht. Zu diesem Zweck wurden 5 Meßreihen in 5 Köpfen frischverstorbener Menschen durchgeführt. Die Frage der Übertragbarkeit der Ergebnisse aus Messungen in totem Gewebe auf die Verhältnisse im lebenden Gewebe wurde durch Bestimmung der relevanten Materialparameter von menschlichen Gewebeproben aus Leichen und Vergleich dieser Meßergebnisse mit den in der Literatur zu findenden Angaben für Lebendgewebe geklärt. Es zeigte sich, daß die relevanten Materialparameter (Permitivität ε' und Leitfähigkeit σ) von totem Gewebe im betrachteten Frequenzbereich durchwegs im Streubereich (ca. 20 %) von jenen in der Literatur für Lebendgewebe zu findenden Werten liegen. Die in den Leichen gemessenen Werte der spezifischen Absorptionsrate (SAR) können daher als repräsentativ für die Verhältnisse im lebenden Organismus angesehen werden. Im Zuge der 5 Meßreihen wurden zwei typische Expositionssituationen, wie sie in der Praxis bei Benützung von Mobiltelefonen (Antennenfußpunkt der Strahlungsquelle im Bereich des rechten Ohres) bzw. von Handfunkgeräten (Antennenfußpunkt der Strahlungsquelle im Bereich vor dem rechtem Auge) auftreten können bei den genannten Frequenzen und bei verschiedenen Sendeleistungen untersucht. Die auftretende SAR wurde in Meßpunkten im Gehirn in den Augen und im Innenohr der Köpfe bestimmt. Je nach Sendeleistung und Frequenz ergaben sich dabei teilweise SAR-Werte, welche über dem derzeitigen Basisgrenzwert für Teilkörperbelastung (4 W/kg gemittelt über 1 Gramm Gewebemasse) der ÖNORM S1120 lagen. Für mittlere Sendeleistungen ≤ 1 W konnten in den im Zuge der 5 Meßreihen untersuchten Expositionssituationen keine Grenzwertüberschreitungen nach der genannten Norm mehr gefunden werden.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde ein Dosimetrie-Meßsystem entwickelt, das eine Bestimmung der im menschlichen Kopf zufolge HF-Exposition auftretenden SAR im Zuge von Routinemessungen ermöglicht. Das Meßsystem besteht aus 2 Kopfphantomen (KP1/1 für 433 MHz, KP2/1 für 900 MHz bis 2450 MHz) und speziellen Miniaturfeldsonden, welche in die Kopfphantome zu vordefinierten Meßpunkten eingeführt werden können. Vordefinierte Meßpunkte wurden im Gehirn (im Bereich des rechten Ohres und im Stirnbereich), in den Augen und im Innenohr vorgesehen. Eine Überprüfung der Übereinstimmung von Meßergebnissen aus Messungen in Leichenköpfen und Meßergebnissen aus Messungen mittels des Dosimetrie-Meßsystems zeigt maximale Abweichungen von ± 30 %.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Nahfeld, Dosimetrie, Teilkörper-SAR, Leichen, SAR-Messungen, Teilkörperexposition, Köpfe


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