Medien & Mobilfunk: unangemessen sensationelle Darstellung (Allgemein)

Doris @, Donnerstag, 03.03.2011, 21:44 (vor 5023 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von Doris, Donnerstag, 03.03.2011, 22:25

Wenn demnächst in den Medien wieder einmal eine quiekende EMF-Sau durchs Dorf getrieben wird, und der Autor - zwar mit Vorbehalt - aber doch dramatisch auf irgendein seiner Meinung nach alarmierendes EMF-Studienresultat eingerastet ist, dann möge man sich als Leser bitte an Ziffer 14 des hierzulande gültigen Pressekodex' erinnern.

Und wie sieht es bei unangemessenen entwarnenden Darstellungen aus?

Ziffer 14 – Medizin-Berichterstattung
Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.

Nun kann man darüber diskutieren, ob sich die Mobilfunkforschung in einem frühen Stadium befindet. Ich meine nein, aber trotzdem kann m.E. keine absolute Entwarnung zu den Langzeitauswirkungen bei Handynutzung gegeben werden.

Diesem Thema widmet sich Dariusz Leszczynski in seinem Blog.

Misguided conclusions lead to misguided headlines that confuse users

Er kritisiert darin, dass Frank de Vocht in seiner aktuellen Studie

Zeitliche Entwicklung (1998-2007) von Hirntumor-Inzidenzraten in Verbindung mit der Mobiltelefon-Nutzung in England. (im Forum hier angesprochen)

zu seiner (im Blog begründeten) Meinung nach ungerechtfertigten Schlussfolgerung kommt.

Der beobachtete Anstieg in der Inzidenz-Rate von Krebs im Schläfenlappen würde, falls von der Nutzung von Mobiltelefonen verursacht, zu weniger als 1 Fall pro 100 000 Personen in 10 Jahren beitragen. Die Autoren interpretierten die Daten als Hinweis auf eine nicht dringende Notwendigkeit für die Einführung eines Vorsorgeprinzips, um die Exposition bei Mobiltelefonen mit Hilfe von bevölkerungsweiten Interventionen zu vermindern.

Selbst die WHO und ICNIRP sowie andere nationale Organisationen (z.B. "American Cancer Society" würden Vorsorgeempfehlungen geben (bzw. sich "die Tür offen lassen") und stehen damit in Widerspruch zu der Frank de Vocht Schlussfolgerung.

Leszczynski schreibt:

The overstatements by the scientists that are not supported by the data is one of the reasons why this research area has credibility problems. If journalist writes something and over blows some issues then we, scientists, can not do much about it. That is called freedom of the press. But if we, scientists, ourselves over blow our conclusions and they are not supported by the scientific evidence then it is our “fault” that alarmist headlines (either claiming that imminent epidemic of brain cancer approaches or claiming that there is no risk at all) appear in news media. As a consequence the general public and decision makers alike are at least confused and stop paying attention…

The problem of interaction between scientists and news media journalists is a serious problem. To discuss it I have organized a session at the forthcoming meeting of the Bioelectromagnetics Society in Halifax, Canada, June 12-17, 2011.

Tags:
ICNIRP, WHO, Vorsorgeempfehlung, Leszczynski, Hirntumor-Inzidenz


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