F.A.Z.: GMX verschenkt DSL-Zugänge
Ich glaube nicht, dass es sich auch hier um einen April-Scherz handelt. M.K.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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Abb.: Ralph Dommermuth, der Internet-Fabrikant
"Im DSL-Markt haben wir ein ganz heißes Jahr vor uns"
Telekom will Preise für DSL-Anschlüsse ändern
Internet
GMX verschenkt DSL-Zugänge
01. April 2004 Der Internet-Dienstleister United Internet treibt den Preiswettbewerb im Geschäft mit schnellen DSL-Internetzugängen auf die Spitze: Die Tochtergesellschaft GMX bietet vom 1. April an DSL-Zugänge mit 1000 Megabyte Datenvolumen und passendem Modem zum Nulltarif an. "Erst wenn der Nutzer über dieses Freivolumen hinauskommt, zahlt er branchenübliche 1,2 Cent je Megabyte. An dem Angebot gibt es keinen Haken", sagte Ralph Dommermuth, der Vorstandsvorsitzende von United Internet, dieser Zeitung.
Hinter dem Tarif, der an die Blütezeit der "New Economy" erinnert, steckt ein einfaches ökonomisches Kalkül: "Der Preis für DSL-Zugänge fällt sowieso. Als Anbieter habe ich zwei Möglichkeiten: Ich stelle mich an die Spitze der Entwicklung. Das kostet erst einmal Geld, aber ich habe die Kunden. Oder ich warte ab und senke den Preis später. Das kostet auch Geld, aber ich gewinne keine zusätzlichen Kunden. Also bin ich dem Wettbewerb lieber einen Schritt voraus als einen Schritt hinterher", sagte Dommermuth.
Rund eine Million Internet-Nutzer werden sich in diesem Jahr einen DSL-Zugang zulegen. Hinter Marktführer T-Online, der rund 3,5 Millionen Kunden hat, konkurrieren Anbieter wie United Internet (730 000 Kunden), AOL (rund 450 000 Kunden) und Freenet (etwa 100 000 Kunden) um die Gunst der Internet-Nutzer. United Internet ist mit zwei Marken im Geschäft mit privaten DSL-Kunden vertreten: 1&1 agiert im oberen Preissegment, während GMX, vor allem als E-Mail-Dienst bekannt, stärker als bisher im unteren Preissegment aktiv werden soll.
Mit der neuen Preisstrategie reagiert Dommermuth auf den wachsenden Wettbewerb im DSL-Markt, in den immer mehr Anbieter drängen. "Der DSL-Markt teilt sich zur Zeit in zwei Segmente: Auf der einen Seite haben sich die großen Marken wie T-Online, AOL und 1&1 etabliert. Auf der anderen Seite gibt es immer mehr Billiganbieter wie Freenet, Lycos oder demnächst Strato. Dieses sehr preissensitive Segment möchten wir der Konkurrenz nicht überlassen", analysiert Dommermuth. Das Risiko, die Hauptmarke 1&1 zu beschädigen, ist begrenzt, denn das GMX-Angebot gilt nur für DSL-Neueinsteiger. Bestehende DSL-Kunden werden nach Ansicht von Dommermuth nicht von 1&1 zu GMX wechseln. Das finanzielle Risiko erscheint ebenfalls überschaubar: Die Kosten je Kunde liegen bei schätzungsweise 15 Euro im Jahr.
Doch ganz uneigennützig ist das Angebot für Dommermuth nicht. "Wir haben natürlich nicht nur vor, DSL-Zugänge zu verschenken. Wir wollen mit den neuen Kunden auch neue Umsätze generieren: Die Kunden können zusätzlich unsere E-Mail-Produkte kaufen und bringen uns Werbe- oder E-Commerce-Umsätze. Außerdem können sie in Zukunft ein höheres Datenvolumen bestellen. Mit diesen Erlösquellen können wir uns das Angebot dauerhaft leisten", rechnet Dommermuth vor. Die Marketingkosten für den Kostenlostarif seien in den Budgetplanungen bereits berücksichtigt und werden die Bilanz nicht negativ beeinträchtigen.
Für Dommermuth wird der GMX-Tarif kein Einzelfall bleiben. Wenn die Internet-Anbieter die Möglichkeit erhalten, den DSL-Anschluß der Deutschen Telekom unter ihrem eigenem Namen als Bündel mit dem DSL-Zugang zu verkaufen, werden solche Angebote an der Tagesordnung sein, erwartet Dommermuth. "Dann erzielen die Anbieter bereits mit dem DSL-Anschluß eine kleine Gewinnmarge und können den Internet-Zugang für Einsteiger entsprechend als Zugabe sehen. Ich greife der Marktentwicklung im unteren Preissegment also nur voraus", ist sich Dommermuth sicher. (ht.)
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 01.04.2004, Nr. 78 / Seite 14
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