Tittmann: Desinformation mit relativem Immissionszuwachs (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.01.2013, 22:07 (vor 4345 Tagen)

"Gesamtimmission ist durch LTE-Netze im Mittel um etwa 40% angestiegen", jubelt Mobilfunkgegner Alfred Tittmann, denn das klingt dramatisch und kann Ängstlichen die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Der Mann aus Bruchköbel bezieht sich dabei auf den jüngsten Messbericht des IMST Sicherheit durch Transparenz - LTE auf dem Prüfstand in dem die zitierte Passage folgenden Wortlaut hat:

Die statistische Auswertung zeigt, dass an den untersuchten Messpunkten die Gesamtimmission durch den Regelbetrieb der LTE-Netze im Mittel um etwa 40 Prozent angestiegen ist (Median der Ausschöpfung des Leistungsflussdichte-Grenzwerts).

Klingt noch immer nach bedrohlich viel Zuwachs - und Tittmann säbelt weiter: "Dabei ist die Feststellung, 'dass an 86 von 91 Messpunkten (95 Prozent) weniger als 10 Prozent der gültigen Feldstärke-Grenzwerte ausgeschöpft werden' völlig irrelevant. (LTE-Grafik: Prozentuale Verteilung der Messpunkte). Ausschlaggebend ist die Zunahme der Belastung!"

Ausschlaggebend ist die Zunahme der Belastung?

Stopp! Bei relativen Werteangaben ist immer Vorsicht geboten, denn 40 % Zuwachs zum Wert Null ist noch immer Null. Oder 40 % Gehaltserhöhung führen bei 100 Euro Monatslohn unterm Strich halt doch nur zu 140 Euro.

Ob die 40 % eine Adrenalinausschüttung wert sind oder nicht lässt sich nur mit Kenntnis der Absolutwerte feststellen. Auch diese werden in dem Messbericht genannt, da es 91 Messpunkte gibt beschränke ich mich hier nur auf einige zufällig ausgewählte:

Messpunkt 11.1 - Anstieg von 0,02 mW/m² durch LTE auf 1,95 mW/m² = Zuwachs 9650 %
Messpunkt 12.3 - Anstieg von 9,03 mW/m² durch LTE auf 15,81 mW/m² = Zuwachs 75 %
Messpunkt 13.3 - Anstieg von 1,52 mW/m² durch LTE auf 1,70 mW/m² = Zuwachs 11 %

So, ich denke das genügt schon, um zu zeigen, dass die relative Werteangabe des Zuwachses so gut wie nichts aussagt über die tatsächliche Immission an einem Ort, denn der Messpunkt 11.1 mit gruseligen 9650 % Zuwachs hat dennoch eine erheblich geringere Gesamtbelastung als Messpunkt 12.3 mit nur 75 % Zuwachs.

Halten wir fest: Die Immissionswerte bewegen sich auch nach dem Zuwachs auf niedrigem Niveau und mindestens Faktor 500 unter Grenzwert. Mindestens deshalb, weil die Messwerte laut IMST bereits eine Hochrechnung auf Maximalauslastung mit voller Sendeleistung beinhalten, im Realbetrieb sind die Werte niedriger. Dass die Werte als hoch empfunden werden liegt an der schleichenden Wahrnehmungsverzerrung durch die sogenannten baubiologischen Richtwerte, die Messwerte über 1 mW/m² als "extrem auffällig" einstufen. Aber: Diesen willkürlich festgelegten baubiologischen Richtwerten mangelt es an wissenschaftlicher Bestätigung. Und was ebenfalls häufig vergessen wird, sie gelten für den Schlafbereich! Damit entfällt bei Messpunkt 12.3 das vermeintliche Bedrohungszenario, denn dort befindet sich der Behandlungsraum einer physiotherapeutischen Praxis.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Desinformation, Kompetenzdefizit, Tittmann, Bruchköbel, Amateur, Prüfstand, Immissionswerte, Sumpf, Trio


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