Grenzwertsenkung für Dummies (Allgemein)
Grenzwertsenken ist in. Zumindest was die Forderungen danach angeht, da überbieten sich einzelne Gruppierungen im gegenseitigen unterbieten. Gängige Forderungen sind: 1 mW/m², 100 µW/m², 1 µW/m² und 0,1 µW/m². Davon völlig unberührt gelten in Deutschland nach wie vor die ICNIRP-Grenzwerte (4,5 W/m² bis 10 W/m²), ebenso wie auch in vielen anderen Ländern. Ganz anders in Belgien, wo, glaubt man charles, demnächst 24 mW/m² (3 V/m) als Grenzwert gelten. Toll, möchte man als ordentlicher Kritiker meinen, was die Belgier da an Grenzwertsenkung zuwege gebracht haben, da soll sich Deutschland mal eine Scheibe abschneiden. Aber: Stimmt das überhaupt, ist ein Grenzwert von 3 V/m tatsächlich ein substanzieller Fortschritt?
Meiner Meinung nach Nein. Begründung: Grenzwerte werden nicht als Spitzenwerte, wie sie die Baubiologen messen, sondern als (niedrigere) Mittelwerte angegeben. Mir sind jedoch keine Messungen bekannt, die dort wo Menschen leben 24 mW/m² ergeben haben, die tatsächlichen Messwerte liegen in der überwiegenden Mehrzahl aller Fälle weit darunter. Wenn aber 24 mW/m² erlaubt sind, dieser Wert aber so gut wie nie in der Praxis erreicht wird, dann ist die vorteilhafte Wirkung einer solchen Grenzwertsenkung bei Mobilfunk-Basisstationen grundsätzlich doch sehr begrenzt. Sendemastengegner werden dies zwar nicht kapieren, es ist aber so.
Unbehelligt von den allgegenwärtigen Grenzwertdiskussionen bleibt die Empfehlung der EU-Kommission für Handys, die de facto ein Grenzwert für Handys ist, kurioserweise völlig aus der Schusslinie. Kurioserweise deshalb, weil es für eine Grenzwertsenkung bei Basissationen keine wissenschaftliche Rechtfertigung gibt, bei Handys dagegen schon (z.B. Interphone, Reflex). Kurz: Die Grenzwertdiskussion bezüglich Basisstationen ist mMn bestenfalls zweitrangig. Ohne Zweifel wäre erstrangig eine Senkung des Teilkörpergrenzwerts von 2 W/kg bei Handys anzustreben, denn nur bei körpernah betriebener Funktechnik zeichnet sich ein real existierendes und wissenschftlich belegtes Risiko (Kopftumor) bei Langzeitnutzung ab. Weder Kritikerorganisationen noch politische Parteien kümmern sich jedoch um dieses reale Risiko durch Handys, stattdessen starren alle wie hypnotisiert auf das hypothetische Risiko durch Basisstatioen und Regierungen senken Grenzwerte dort, wo es den Betreibern nicht merklich weh tut und die Bevölkerung zu 99 % keinen Nutzen davon hat.
Also: Wenn Grenzwertsenkung, dann zuerst für Handys!
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –