Thank you for Calling: Wieso gibt es diesen Film überhaupt? (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 06.12.2015, 13:03 (vor 3278 Tagen) @ H. Lamarr

Der deutsche Filmemacher Klaus Scheidsteger hat einen neuen 85-minütigen Anti-Mobilfunk-Film produziert, der am 19. Februar 2016 in den Filmverleih geraten soll.

Es gibt bereits jetzt die Website zum Film http://www.thankyouforcalling.eu und natürlich auch Facebook.

Wenn ich das alles auf mich wirken lasse, dann ist das Marketing für den Film durchaus professionell. Für mich zu professionell. Denn es gibt nirgends auch nur den Hauch einer Antwort auf die Frage: Wieso fühlt sich ausgerechnet ein deutscher Filmemacher dazu berufen, etwas aufzudecken, was bislang zahlreichen wissenschaftlichen Expertenkommissionen in aller Welt nicht gelungen ist: Nämlich belastbare Belege dafür zu finden, dass Telefonieren mit dem Handy riskant ist.

Meine schlechten Erfahrung mit organisierten Mobilfunkgegnern haben mich misstrauisch werden lassen. Deshalb frage ich mich, wieso eine Aufgabe, die der Wissenschaft obliegt, jetzt mit Macht ins Kino gebracht wird? Woher kommt das Geld für diese Produktion, was will der Produzent auf diesem Weg erreichen?

Da ein philanthropisches Motiv mir noch bei keinem einzigen organisierten Mobilfunkgegner untergekommen ist, scheidet dies für mich auch jetzt aus. Es gibt auch keinerlei Hinweise, dass Menschenfreunde hinter diesem Projekt stecken. Der Ansatz, sich eines Mediums zu bedienen (Kino), bei dem der Zuschauer keine Chance hat, sich anderer Meinungen zeitnah zu vergewissern und er auch keine Fragen stellen kann, diesen Einbahnstraßen-Ansatz kritisiere ich seit Jahren bei den Frontleuten der Mobilfunkgegnerei, die jeder direkten Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Meinungsgegnern aus dem Weg gehen und z.B. Forendiskussionen meiden wie der Teufel das Weihwasser. Man "informiert" von oben herab und möchte nicht mit bohrenden Fragen gestört werden. Die Krönung dieser Überrumpelungstechnik ist der dokumentarische Kinofilm. Ich bin sicher, die verabreichte Gehirnwäsche wird so überzeugend und plausibel vollzogen, dass ein unvorbereiteter Zuschauer gar keine andere Wahl hat, als sich den injizierten Ansichten anzuschließen. Dazu müssen den Zielen der Gehirnwäsche nicht einmal Exklusivrechte an 20 Jungfrauen im Jenseits versprochen werden, es reicht schon, mit vermeintlich zwingenden Argumenten diffuse Angst vor Funkwellen zu wecken.

Die Seriosität des Films wird sich daran messen, ob die Streitparteien in der Mobilfunkdebatte angemessen zu Wort kommen und nicht versucht wird, die Meinung einer kleinen Gruppe von Wissenschaftlern unangemessen wichtig zu machen. Alle bisher sichtbaren Vorboten des Films zeigen aber genau in diese Richtung, so dass anzunehmen ist: Der Kinogänger soll mit einer bestimmten Botschaft infiziert werden (Mobilfunk macht krank) und diese in seinem sozialen Umfeld verbreiten. Der Kinogänger tut dies im guten Glauben, im Sinne des Gemeinwohls richtig zu handeln, in Wahrheit ist er jedoch der "nützliche Idiot", der in 85 Minuten Spieldauer darauf programmiert wird, die gewünschte Botschaft aufzunehmen und zu verbreiten. Ich sage es zur Verdeutlichung noch einmal: Nicht Herr Scheidsteger hat darüber zu befinden, ob Mobilfunk krank macht oder nicht, auch nicht eine kleine Gruppe gezielt ausgesuchter Wissenschaftler, sondern die Gemeinschaft der Wissenschaft!

Meinung, vorläufige. Um es kurz zu machen: Weil das alles schon im Vorfeld so schön glatt und professionell ist und offenbar durch geschickt arrangierte jedoch einseitige Argumentation tiefe Zweifel an der Ungefährlichkeit von Mobiltelefonen geweckt werden sollen, halte ich diesen Film nicht für eine ehrenwerte Dokumentation, sondern für ein Manipulationsinstrument, mit dem unlautere Absichten verfolgt werden. Ob die üblichen Verdächtigen am unteren Ende des Feldes der Geschäftemacher mit der Angst vor Funkwellen mit dem Film glücklich werden, muss sich erst noch zeigen. Denn wenn Scheidsteger das Handy in den Mittelpunkt seines Films stellt und nicht die Sendemasten, dann ist dies für Low-Level-Profiteure, die die Angst vor Sendemasten zum Geschäftsmodell haben, wenig ertragreich. Sie können unter diesen Umständen nur hoffen, dass der beliebte Trick, nebulös von "Mobilfunkstrahlung" zu reden, hilft, dem Kinogänger die gravierenden Unterschiede zwischen Sendemast auf dem Dach und Endgerät am Kopf nicht bewusst werden zu lassen. Wir werden sehen ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Klage, Geschäftsmodell, Handy, Manipulation, Carlo, Gehirnwäsche, Scheidsteger, Film, Infektionsgefahr, Calling, Ty4C, nützliche Idioten, Meinungsmache


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